Es ist schon etwas her, dass ich Two Gallants für mich entdeckt habe. Genau genommen muss es Ende der 2000er Jahre gewesen sein. Schon damals konnte ich mir nicht erklären, wie manche Musik es in meinen Fokus schafft. Hier trägt eindeutig dieser Google-Video-Channel namens YouTube die Verantwortung, dass in den Vorschlägen ein Clip aus "KuttnerTV" mit der Band und ihrem Album-Opener "Last Cruces Jail" auftauchte. Mich, der nach Studium und Berufseinstieg gerade wieder aus seinem musikalischen Dornröschenschlaf erwachte, faszinierte das Duo um Stephen Adams und Tyson Vogel, die nur mit Gitarre und Schlagzeug auf der Bühne standen. Auch der Text, eine blues-folkige Ballade, die sich in Las Cruces in New Mexiko abspielt, machte mit aufgrund seiner Erzählstruktur neugierig. Erst später erfuhr ich, dass hier in der Ich-Perspektive über den Gefängnisaufenthalt und den Tod Billy The Kid erzählt wird. Nach mehrmaligen ergebnislosen Versuchen, die CD bei EBay zu ersteigern, lag sie doch eines Tages im Briefkasten. Mich packte sofort das Intro von "Las Cruces Jail": Windgeräusche, die Ödnis der Landschaft New Mexikos entsprechend, leises Pfeifen eröffnen den Song. Und dann legt das Duo los. Auch nach fast zwanzig Jahren packt mich dieses Intro. Dann die Stimme Adams, die die Lyrics stark intoniert, leicht rauchig, gepresst, kratzig, kurz vor einer schweren Kehlkopfentzündung. Die kraftvolle Spielweise des Openers ist nicht typisch für das Album, vielmehr variieren die beiden in Tempo, Rhythmus und Einsatz ihrer Instrumente (stark in „16th St. Dozens“). Die Gitarre ist mal verzerrt, mal klingt sie sehr clean, mal dominiert die Bass- oder Snare-Drum, dann wieder das Scheppern der Becken. Dieses Zusammenspiel von Stimme und Instrumenten, von Streichern und Bläsern unterstützt, verweigert sich einer eindeutigen Genrezuschreibung, vereint aber vieles, was ich an Musik mag: Punk, Blues und Folk. "Las Cruces Jail" konnte ich erst vor einigen Jahren als Vinyl-Single ergattern. Und wenn sich die auf dem Plattenteller dreht und Billy The Kid versucht, sich aus seiner aussichtslosen Situation zu befreien, weht ein Hauch von US-amerikanischer Geschichte der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts aus den Boxen: Billy The Kid, der Outlaw, und Pat Garrett, der Sheriff, der ihn erschoss.