Danger Dan über "Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt": Klavier und Wut
11.05.2021 | Paula Thode
Mit der Single „Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt“ aus dem gleichnamigen Album hat Danger Dan schon vor dem Release für Wirbel gesorgt. Schon in seiner ersten EP ging es darum, dass sich Danger Dan eigentlich eher Klavierspieler denn als Rapper sieht. Damals fehlten ihm aber die Ambitionen, ein komplettes Klavieralbum herauszubringen. Da so eine Art von Album mehr Arbeit erfordert als die Produktionen der Antilopen Gang, hat Danger Dan bislang von seinem Wunsch abgehalten. Seit einigen Jahren hatte er nicht einmal ein Klavier mehr zu Hause stehen, doch durch Corona konnte er sein Instrument von der letzten Tour wieder mit nach Hause nehmen. Im Lockdown entstanden so 11 Klavierballaden.
Eine Sache, die für Danger Dan einfach zusammengehört, ist das Klavier und die Geige. Dabei ist aber wichtig zu betonen, dass es sich nicht um gesampelte Streicher handelt, denn da fehle die Dynamik, so Danger Dan. An sich sei der Sound und der Vibe komplett anders, wie wenn jemand das Instrument live einspiele. Danger Dan schreibt eigentlich nicht konzeptionell, sondern reimt einfach darüber, was ihm gerade so in den Sinn kommt.
„Ich fang mit einem weißen Blatt an und bin selber gespannt, was dann am Ende da steht“
Bei einem Track hat Danger Dan allerdings ordentlich Recherche betrieben und hing für „Beginne jeden Tag mit einem Lächeln“ auf Kalenderspruchseiten bei Facebook ab, um Inspiration zu finden. Das Lied ist aus der Wut entstanden, die Danger Dan gegenüber diesen Kalendersprüchen mit ihrer verlogenen „Du kannst alles schaffen, wenn du nur positiv denkst“-Attitüde, empfindet.
„Als ob du nen guten Tag hast, nur weil du morgens lächelst“
Die Welt ist eben nicht gut, nur weil man lächelt. Und man kann auch nicht alles nur durch ein positives Mindset schaffen. Selbst wenn alles schlecht ist, sucht man noch auf Krampf irgendetwas Positives. Die Wut auf die „Good Vibes Only“-Attitüde hat Danger Dan dann an seinem Klavier ausgelassen. Denn es ist für ihn viel wichtiger sich einzugestehen, wenn etwas nur schlecht ist. In ähnlicher Weise - so findet er - versuchen sich die Menschen auf Krampf den Lockdown und die Pandemie schönzureden und etwas Positives aus der ganzen Situation zu ziehen. Dabei ist uns allen bewusst, dass Spazierengehen sehr langweilig ist. Deshalb spielt Danger Dan bei seinen Spaziertouren dieses Spiel, wo man reihum das Alphabet durchgehen muss und zu jedem Buchstaben ein zum Thema passendes Wort zu finden hat. Dabei wurden die Themen immer obskurer, bis Danger Dan schließlich beim Thema Mordmethoden angelangt war. Und so ist dann die Idee für den Song „Ode An dem Mord“ entstanden.
Das einzige Lied des Albums, dessen Text nicht im letzten Jahr entstanden ist, ist „Topf und Deckel“. Denn eigentlich hatte Danger Dan diesen Song bereits für die Tortur Tour 2009 geschrieben. Damals tourte er zusammen mit NMZS, Tore und Illegal durch autonome Jugendzentren. Zu dieser Zeit war es für Danger Dan nicht unüblich, vor einem Publikum, bestehend aus 20 Leuten, zu spielen. Ganz im Gegensatz zur Gegenwart, in der er in mehrfach ausverkauften Hallen spielt.
Der Song „Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt“ wird diesen Trend wohl noch weiter verstärken. Allerdings hofft Danger Dan auch, dass der Hype um den Song bald wieder endet. Den Hype durch politisch „gewagte“ Statements hat er auch zusammen mit der Antilopen Gang immer wieder erlebt. Sein Problem dabei ist, dass sich die Leute so auf ein Lied konzentrieren, dass ihnen die restliche Musik relativ egal ist. Man erinnere sich zum Beispiel an „Pizza“ von der Antilopen Gang. Da kamen auf einmal Fans dazu, die die Antilopen Gang durch das Radio kennengelernt hatten.
„Mir ist es gar nicht wichtig, dass allen gefällt was ich mache. Sondern mir ist besonders wichtig, dass es bestimmten Leuten nicht gefällt.“
Immer wieder kommen vor allem junge und queere Pärchen nach den Konzerten auf Danger Dan zu, da sie zum ersten Mal auf einem Hip-Hop-Konzert keine Angst verspürt hatten und sich nicht verstecken mussten. Für Danger Dan ist das ein Zeichen dafür, zumindest irgend etwas richtig gemacht zu haben. Und trotzdem sind auch Antilopen Gang und Danger Dan Konzerte leider nicht frei von übergriffigen Arschlöchern. Doch vor allem durch die Außeinandersetzung mit Themen wie Homophobie oder Rassismus im Staat- und Polizeiapparat gelingt es, möglichst wenige Idioten auf den Konzerten zu haben. Und das ist für Danger Dan viel wichtiger als Chartplatzierungen oder ein ausverkauftes Stadion.
Für Danger Dan ist „Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt“ ein Song, der für viel Diskussion sorgt. Da gingen die übrigen Klavierballaden etwas unter. Aber genau das findet Danger Dan eigentlich gar nicht so schlecht, denn er hat lieber ein kleines, nettes Publikum, als in einer ausverkauften Halle voller Arschlöcher zu spielen.
Danger Dan will nicht, dass sich jemand auf seinen Konzerten verstecken muss oder sich unsicher fühlt. Deswegen schließt er mit seiner Musik bewusst Menschen aus, die der Grund dafür sind, warum sich zum Beispiel queere Menschen auf Hip-Hop-Konzerten unsicher fühlen. Wenn solche Leute dann nichts mit seiner Musik anfangen können und er ihnen vielleicht noch ein wenig den Tag versauen kann, dann hat Danger Dan seiner Meinung nach alles richtig gemacht.
Paula Thode
Paula kommt eigentlich aus Cuxhaven, ist dann aber für ihr FSJ nach Hamburg gezogen. Dort hält sie es durch die Liebe zum Underground Hip Hop und aus Faszination zum autonomen Zentrum in der Schanze ganz gut aus. Ihre Liebe zur Musik hat sie durch die Antilopen Gang entdeckt und seitdem interessiert sie sich für alles, was nicht Mainstream-Deutschrap ist.