Interview mit Listener in Dortmund am 13.03.2018
20.03.2018 | Johannes Kley
Die Spoken Word-Band Listener beehrt Dortmund und diese Chance wurde direkt genutzt, um die Band der vielen Worte auch mal ohne Musik, dafür im Gespräch zu hören.
Nach einer herzlichen Begrüßung mit Sänger Dan und Drummer Kris und ein wenig Fachsimpelei über das Aufnahmegerät geht es auch schon los.
AdW: Wie läuft die Tour bisher?
Dan: Großartig! Eine Show nach der anderen. Wir hatten geile Gigs und haben schon einige Städte besucht. Heute ist unser zwölftes Konzert und es läuft richtig gut.
Kris: Auf jeden Fall. Wir haben drei oder vier Shows auf dem Festland gespielt und sind dann nach Großbritannien und jetzt wieder hier. Das ist großartig. Wir haben mit dem heutigen Abend zwölf Konzerte hintereinander gespielt. Morgen ist der erste freie Tag.
AdW: Das klingt anstrengend. Verbringt ihr den freien Tag hier in Dortmund oder im Van?
Dan: Wir fahren nach Berlin.
Kris: Da ist das nächste Konzert.
AdW: Habt ihr denn überhaupt Zeit, die Städte, die ihr besucht, auch mal zu sehen. Also mehr als den Veranstaltungsort?
Kris: Manchmal ja, aber meist nicht.
Dan: Diese Tour ist ziemlich hektisch. Auf anderen Tourneen hatten wir mehr freie Tage und haben auch mal Zeit gehabt um herumzulaufen. Gestern waren wir in Paris. Da haben wir uns dann den Eiffelturm angeguckt und Baguettes gegessen - Touristenzeug eben.
AdW: Ah okay. Ich habe übrigens auf eurer Website gesehen, dass Fans euch einladen können, bei ihnen zu schlafen, wenn ihr auf Tour seid. Gab es da schon interessante Ereignisse oder vielleicht auch echt merkwürdige, die ihr teilen möchtet?
Dan: Seit ich angefangen habe auf Tour zu gehen, vor allem in den Staaten, war immer die Frage da: „Wo schlafe ich heute?“. Ich war nicht erfolgreich genug, um mir einfach ein Hotel zu nehmen.
Ich habe dann Leute getroffen, auch Freunde oder Familie. Man hat die Leute auf Konzerten kennengelernt oder bei Freunden geschlafen, die man in der Gegend schon kannte. Manchmal findest du aber auch nichts. Wir sind meist vier oder fünf Leute auf Tour und wenn dir dann jemand eine Mini-Couch anbietet, während der Rest auf dem Boden schlafen soll, nehmen wir lieber ein Hotel. Wir sind eben auch schon in unseren Dreißigern. (lacht)
Kris: Oh ja.
Dan: Die Idee mit der Website kam mit dem Gedanken, Freunde zu treffen oder neue zu finden. Einfach schlafen, frühstücken und ein wenig entspannen und sich zu Hause fühlen im Tourleben.
Wir haben das noch nicht so oft genutzt, aber manchmal hat sich da schon etwas ergeben.
Das war schön, dass dir jemand einen Schlafplatz anbietet.
AdW: Die Idee ist gut. Man sieht das ja immer bei den kleineren Konzerten, wo dann Bands einen Schlafplatz suchen, im Austausch für Merch oder so. Die Bands tun mir so leid, weil die meisten vermutlich im kalten und engen Van schlafen müssen.
Dan: Das ist echt nicht schön.
AdW: Und man kann das auch nicht ewig machen, wie du schon sagtest.
Kris: Absolut!
AdW: Euer neues Album ist ja jetzt schon ein paar Wochen im Handel. Ihr seid auf dem neuen Album wieder ein weniger härter, als auf dem Vorgängeralbum. Die Gitarren sind deutlich lauter und schwerer. Ihr seid ja sehr wandelbar und abwechslungsreich. Wie war das Feedback der Fans?
Kris: Jedes Album ist anders, so neu war das ja nicht. Von den letzten vier Alben sind „Time Is A Machine“ und „being empty: being filled“ vielleicht diejenigen, die sich noch am meisten ähneln.
Die Veränderung ist nicht zu drastisch und die Leute mögen es wirklich. Das sind die ersten Konzerte mit dem neuen Material. Auf den letzten elf Konzerten hat zumindest keiner eine Tomate nach uns geworfen oder uns verprügelt. (lacht)
Dan: Wenn jemand in den letzten sechs Jahren auf einem Konzert von uns war, dürfte er oder sie nicht allzu überrascht sein. So spielen wir eben.
AdW: Okay. Ich habe auch noch eine persönliche Frage, weil es mich total fasziniert.
Wie merkst du dir diese Masse an Text? Ich meine, die meisten können sich kaum einen Achtzeiler merken und du hast diese, auf den ersten Blick, unstrukturierten Gedichte. Das sind ja Unmengen an Text.
Dan: Wir sind keine Band, die auf den Zuruf: „Hey, spielt mal…“.
Kris: Wir kennen nicht mal die Liedtitel. (lacht)
Dan: (lachend) „Spielt den Song da, den ihr vor fünf Jahren einmal gespielt habt.“
Also wir proben unser Set sehr viel und dann noch ein oder zwei zusätzliche Lieder.
Manchmal vergesse ich auch etwas und ich könnte auch nicht mittendrin einsteigen. Also ich kenne die Texte von Anfang bis Ende, beim Set ist das genauso. Ich bin da geistig so drin, dass ich es von Anfang bis Ende kenne. Da kann ich auch nicht zwischendurch aus dem Set raus, um dann irgendwo wieder einzusteigen.
Kris: Du bist besser geworden.
Dan: Wie meinst du das? Besser darin geworden, meine Texte zu kennen?
Kris: Nein, aber spontaner.
Dan: Ach so, also einfach einen Chorus zu singen.
Kris: Genau.
Dan: Auf dem neuen Album sind die Songs auch ein wenig einfacher. Da kann man das schneller machen und das ist schön.
Kris: Ich habe das erste Mal die gesamte Musik geschrieben und als Schlagzeuger brauche ich mehr Struktur, glaube ich. Als ich dann die Gitarrenparts geschrieben habe, habe ich das genauso gemacht. Und als Dan und ich uns dann getroffen haben, merkten wir, dass es da wirklich Abschnitte gibt, deutlich mehr Struktur als auf „Wooden Heart“. Dort ist es eher immer dieselbe Abfolge und nur die Lautstärke variiert ein wenig.
AdW: Ja, man hört auf „being empty: being filled“ mehr typische Songstrukturen raus, als noch auf den Vorgängern.
Kris: Wir versuchen uns zu verkaufen. (lacht)
Dan: Also Konzerte, wir versuchen Konzerte auszuverkaufen. (lacht)
AdW: Habt ihr jemals den Gedanken gehabt, von Talk Music wegzugehen und einfach normal zu singen? Sei es jetzt um sich zu verkaufen oder einfach aus künstlerischer Sicht. Ich meine, du kannst ja singen.
Dan: Gute Frage. Ich habe auch noch einige Sachen solo veröffentlicht, so Akustiksachen. Und nicht mal da ist es wirklich Gesang.
Kris: Man hört ja Gesang auf dem neuen Album.
AdW: Genau, das meine ich ja.
Kris: Also Dan trifft da schon einige Noten.
Dan: Ich fühle mich in unserem Stil halt echt wohl. Das ist eben auch, was Listener ist - Dichtkunst und so. Ich fand Folk immer gut, Bob Dylan zum Beispiel und auch Bluegrass. Ich mag einfach gute Sänger.
Das klingt schön, wenn da noch eine Gitarre nebenbei spielt und ich werde nie so gut sein.
Kris: Gute Sänger und dann Bob Dylan. (lacht)
Dan: Vielleicht ist das eben auch meine feste Rolle in Listener und ich mag es, so zu singen.
Kris: Wir versuchen auch immer das zu tun, was für die Band Sinn macht und auch für den Song.
Wenn es dann einen Moment in einem Lied gibt, wo man schon auch auf die Note singen sollte, dann machen wir das. Ansonsten ist Dans Gesang der rote Faden, der sich durch unsere Musik zieht, egal wie abgefahren oder komisch sie auch sein mag.
AdW: Ich habe in einem alten Interview gelesen, dass ihr Musik macht, die von Herzen kommt.
Vielleicht funktioniert das ja auch genau deshalb so gut, weil du nicht so eingesperrt bist, also in kein festes Textkonstrukt.
Dan: Ich habe da jetzt so eine typische Antwort. Ich denke, dass die meiste Musik von Herzen kommt, oder zumindest hoffe ich das. Aber dann gibt es da auch immer solche Musik, zum Beispiel die Hintergrundmusik bei Veranstaltung, bei der sie über totalen Blödsinn singen. Vielleicht kommt das dann nicht von Herzen, aber vielleicht ja schon. Das ist sowas typisches: Musik von Herzen. Also ich weiß, dass meine Musik von Herzen kommt. Die Musik, die wir machen um auf Tour zu gehen, ist nicht dafür da, um Millionär zu werden. Wir wollen etwas Tolles erschaffen und neue Musik schreiben und in tollen Orten spielen, einen guten Sound haben. Wir wollen natürlich, dass viele Leute kommen und eine tolle Erfahrung machen.
Kris schaut gespielt geschockt zu Dan: Wir wollen keine Millionäre werden? Wenn es unser Ziel ist, keine Millionäre zu werden, dann sind wir da echt erfolgreich. (lacht)
AdW: Man muss sich eben Ziele setzen.
Dan: (lachend) Genau!
AdW: Da habt ihr ja schon fast meine nächste Frage vorweggenommen.
Dan: Oh, tut mir leid. Was wolltest du fragen?
AdW: Könnt ihr euch vorstellen, wo die Reise mit Listener noch hingeht oder was sind Ziele, die ihr erreichen wollt?
Dan und Kris: Millionär zu werden.
Kris: Das ist immer spannend, sich vorzustellen, wo es noch hingehen könnte. Ich meine, wir machen das, weil es uns glücklich macht. Jeder in der Band hat einen Collegeabschluss und wir könnten auch einfach in die Staaten zurückgehen und uns einen Job suchen und gutes Geld verdienen. Wir müssten dann natürlich keine zwölf Shows in acht verschiedenen Ländern hintereinander spielen, aber es macht Spaß. Wir haben das Glück, Musik machen zu dürfen.
Unser Ziel ist es, in einer Stadt zu spielen, bis kein einziger Gast mehr kommt. Dann müssen wir da nie wieder hin.
Dan: Die Stadt wird gestrichen. (lacht)
Kris: Und dann zur Nächsten!
Wir haben das fast in Houston geschafft.
AdW: So schlimm?
Dan: Das war schon schlimm.
Kris: Da war ein wichtiges Baseballspiel am selben Abend, eine halbe Meile entfernt.
Dan: Selbst unsere Freunde sind zum Spiel gegangen.
Kris: Da war also dieses Spiel, nicht weit vom Konzertsaal entfernt und alle Parkmöglichkeiten beim Veranstaltungsort waren voll.
Dan: Das Stadion hat keinen Parkplatz.
Kris: Man musste 20 Dollar zahlen, wenn man da parken wollte. Also man will nur zu einem Konzert und muss dann 20 Dollar für einen Parkplatz zahlen.
AdW: Hier ist es ähnlich. Dortmund und Schalke sind zwei rivalisierende Fußballclubs mit vielen Fans. Die Leute drehen hier durch, wenn ein Spiel ist. Also Bands haben hier an Spieltagen auch weniger Fans da. Da muss man wohl planen. Man kommt dann auch kaum in die Stadt rein, weil die Autobahnen voll sind.
Dan: Das ist Wahnsinn.
AdW: Absolut. Aber das planen wir mittlerweile ein, wenn wir nach Dortmund wollen. Es funktioniert.
Gibt es eigentlich Künstler, tot oder lebendig, mit denen ihr gerne mal kollaborieren möchtet?
Kris: Ja.
Dan: Freddie Mercury.
Kris: Ja auf jeden Fall! Das ist eine verdammt gute Antwort. Ich würde gerne einen Song mit Dan und Lemmy als Sänger machen. Das wäre dann richtig rau. Das wäre so cool.
Dan: Es wäre auch cool, was mit Kurt Cobain zu machen.
Kris: Das wäre auch gut.
AdW: In eurem Stil oder in Nirvanas Stil?
Kris: Nirvana ist besser als wir. (lacht)
Dan: Absolut.
Kris: Wir würden morgen echt gern auf ein Nirvana-Konzert gehen.
AdW: Wer würde das nicht?
Kris: Ja ich denke, das ist gut: Kurt Cobain, Freddie Mercury und Lemmy.
AdW: Definitiv eine gute Auswahl. So, als Abschluss noch eine kleine Tradition, die ich irgendwo begonnen habe. Was ist euer Lieblingsvideospiel? (Also überhaupt oder auch aktuell.)
Dan: Mario Kart 64. Definitiv. Ich würde das jetzt sofort spielen.
Kris: Was wäre, wenn er jetzt ein N64 aus dem Rucksack zieht. (lacht)
AdW: Ich glaube, man kann das auf der Switch spielen, die laden ja auch ältere Spiele hoch.
Dan: Ich habe sowas gehört, aber ich bin mir nicht sicher.
[Anmerkung der Redaktion: Nein. Mario Kart 64 ist allerdings auf der Wii und Wii U verfügbar.]
Kris: Ich glaube es wird Zeit, sich eine Switch zu kaufen.
AdW: Oh, absolut!
Kris: Hast du das neue Zelda gespielt?
AdW: Ja, ich habe es erst auf der Wii U gespielt und als ich mir die Switch angeschafft habe, habe ich es noch einmal gekauft. Jetzt kann ich es überall spielen. Das Wii U-Spiel habe ich dann meinem Vater geschenkt, weil der damals Ocarina Of Time so geliebt hat.
Kris: Meine Favoriten sind Ocarina Of Time und A Link To The Past. Ich kann mich da nicht entscheiden. Die bedeuten mir zu viel.
AdW: Das kann ich verstehen. Ich habe auch tolle Erinnerungen daran.
Kris: Auf jeden Fall.
AdW: Okay. Das war es von meiner Seite. Danke, dass ihr euch die Zeit genommen habt und ich freu mich echt auf das Konzert.
Dan: Danke für das nette Interview.
Kris: Ich wünsche dir viel Spaß nachher.
Johannes Kley
Kolumnist und Konzertmuffel Joe ist Gesundheits- und Krankenpfleger in Bochum, liebt seinen Hund, liest leidenschaftlich gern, gibt ungern Bewertungen für Alben ab, ist Musikliebhaber, irgendwo zwischen (emotional) Hardcore, Vaporwave, Goth-Pop und Nine Inch Nails und versorgt euch unregelmäßig mit geistigen Ergüssen aus seiner Gedanken- und Gefühlswelt.