Totte von den Monsters of Liedermaching im Interview: „Jeder von uns will den geilsten Song haben“
14.05.2019 | Mark Schneider
Totte nimmt uns bestens gelaunt mit gekühlten Getränken in Empfang. Wir halten einen kurzen Plausch über das im KFZ angebotene Bier, welches in meiner Heimatstadt gebraut wird und dem Liedermacher aus Bonn sichtlich schmeckt. Dass die Monsters Of Liedermaching in Marburg einen hervorragenden Ruf haben, beweist die trotz der Temperaturen beachtliche Menschengruppe, die sich bereits vor dem Einlass vor der Konzertlocation bildet. Die Begründung für die regelmäßigen Besuche in der hessischen Stadt liegt einige Jahre zurück. „Marburg hat sehr früh an uns geglaubt. Wir spielten hier bereits im alten KFZ, traten bei Unifestivals auf. Das waren die ersten Konzerte außerhalb unserer privaten Sphäre, in der wir uns so aufhalten, auf denen auf einmal so ein großes Interesse an uns herrschte. Da kamen auf einmal richtige Konzertbesucher und keine Freunde und Verwandte. Das hat uns damals total beeindruckt.“.
Marburg hat es früh erkannt: Die Monsters Of Liedermaching sind ein Phänomen. Sechs Liedermacher, durch Zufall aufeinandergetroffen und sofort miteinander harmoniert, die zusammen ihre mehr oder weniger ernstzunehmenden Stücke performen. Ihre Alben nimmt die Band seit nunmehr 16 Jahren auf allen Konzerten einer Tour auf, um im Nachgang in einer Art Bastelworkshop die perfektesten und authentischsten Aufnahmen zusammenzufügen. So war es und so wird es immer sein. Oder eben auch nicht.
Sieben dieser Live-Alben erschienen neben zwei EPs bis ins Jahr 2017, in dem die Monsters alle Gewohnheiten über Bord warfen und ihr erstes Studioalbum “Für Alle“ veröffentlichten. 14 Jahre Bandgeschichte mussten geschrieben werden, bevor die Kombo diesen Schritt wagte. „Wir haben uns immer als Liveband gesehen. Das ist immer noch unsere Stärke, aber wir wollten einfach mal auf die Stimme im Kopf hören, die uns sagte 'Probiert's doch mal schön'. Nicht authentisch, sondern schön“. Für Totte brauchte es für dieses Album einen gewissen Reifegrad innerhalb der Band, um eventuelle Risiken und Gefahren zu vermeiden. „Es bestand die Gefahr, dass da irgendetwas Orchestrales oder total Aufgeblasenes draus werden könnte. Es war ganz schön, uns gegenseitig so gut zu kennen, dass wir den richtigen Schnitt machen konnten. Das hätten wir wohl ein paar Jahre früher nicht gemacht. Da wäre dann vielleicht ein komisches, überambitioniertes Studioalbum draus geworden“.
Dennoch streifen die Monsters of Liedermaching im Jahr 2019 wieder nach dem alten Muster durch das Land. Alle Konzerte werden aufgenommen und das Futter für das daraus resultierende Album sein, genauso wie es immer war. Totte selbst bekennt sich zwar als Fan des außergewöhnlichen Albums, lässt der Band aber auch für die nahe Zukunft eine Hintertür offen: „Ich fand das super und will auch wieder ein Studioalbum machen, aber uns war klar, dass wir jetzt wieder was live machen. Es kann sein, dass wir auch von den neuen Stücken noch den einen oder anderen im Studio aufnehmen, aber es kommen garantiert auch alle als Live-Version raus.“
Auch wenn man denken könnte, eine solche Tour sei für die Musiker eine Sache der Gewohnheit, birgt diese Form der Unterhaltung auch für die Liedermacher immer wieder Grund zur Aufregung. Totte und die Monsters Of Liedermaching präsentieren ihre neuen Titel auf so einer Tour zum ersten Mal dem Publikum. Sie wissen vorher nicht, ob und wie diese bei den Gästen der Konzerte ankommen. „Das ist schon spannend und auch geil. Man ist die ganze Zeit unter Adrenalin, wenn man seine Stücke spielt und merkt, die funktionieren gerade gut.“. Nicht nur die Tour an sich ist mit Arbeit verbunden, sondern auch die Zeit davor, wenn jeder der Liedermacher für sich seine Lieder schreibt. Was die Themen und Inhalte seiner Titel angeht, hat er eine ganz eigene These: „Wenn ich mir vorher überlege, dass ich mal einen Song schreibe, der alle thematisch interessiert, dann interessiert der irgendwie gar keinen. Wenn man sich darum gar keine Gedanken macht, entstehen einfach die natürlichsten Sachen“. Ein weiteres gutes Zeichen für seine neuen Stücke sieht Totte darin, dass er diese schnell auswendig konnte: „Das ist ein Indiz dafür, dass die so schlecht nicht sein können. Sonst wehrt sich mein Gedächtnis“. Während der Tour kommt es dann vor Allem darauf an, die neuen Songs so authentisch wie möglich aufzunehmen. Die Sorge sich zu verspielen, wenn gerade alles perfekt läuft, sitzt zusammen mit den sechs Musikern auf der Bühne. „Auch schlimm ist, wenn sich genau an dieser perfekten Stelle ein Kollege ein Bier aufmachen muss. Und für Rülpsen während eines Liebesliedes gibt es in der Pause Ohrfeigen von den Bandkollegen“.
Ein bevorstehendes Album vor der Tour auf sechs Liedermacher aufzuteilen ist für die Monsters Of Liedermaching kein Konfliktpunkt. Die Musiker um Totte entscheiden auch als Fans voneinander, welche Titel auf dem neuen Album veröffentlicht werden sollen. „Es gibt einen Ehrgeiz unter uns, dass jeder den geilsten Song haben will. Aber wir sehen auch die Stärke, dass wir sechs gleichberechtigte Liedermacher sind. Wir achten darauf, dass ungefähres Gleichgewicht herrscht. Es geht aber nicht darum, dass jeder die exakt gleiche Anzahl an Songs hat.“. Die neuen Titel mischt die Gruppe auf ihren Konzerten unter einige Evergreens, sodass kein Gast ohne lautstarkes Mitsingen durch den Abend kommen kann.
Dass die Monsters of Liedermaching ihren Humor nicht nur während ihrer Konzerte inszenieren zeigt sich ausdrucksvoll in Tottes spontaner Antwort auf die Frage nach dem gemeinsamen Foto im Anschluss an unser Gespräch: „Lass uns doch in die Dusche hier gehen, das hätte doch was.“
Mark Schneider
Mark kommt aus der wunderschönen, ländlichen Provinz zwischen Siegen und Marburg an der Lahn. Ob kleine Acts im Club oder Musikgiganten vor Tausenden: Besucht wird, was laut ist und Spaß macht! Dabei sind im Genre (fast) keine Grenzen gesetzt.