Ein Streetteam findet sich zusammen, um eine Band durch das Verteilen von Flyern, Aufklebern und anderen Materialien zu unterstützen sowie bei Konzerten besondere Aktionen durchzuführen. Ähnlich wie bei einem Fanclub geht es hier insbesondere darum, sich mit Gleichgesinnten auszutauschen. Die Fans der Punkrock-Band Rogers kamen aus der gesamten Republik im Düsseldorfer Flingern zusammen. Etwa 60 TeilnehmerInnen, darunter auch zwei eigens gebuchte Bands sowie ein großer Teil der Rogers, feierten bei Grillgut, Kartoffelsalat und live Akustik-Musik und planten diverse Aktionen für die kommenden Release-Shows im September in der Rheinstadt. Zunächst sorgten Herr Miesepeter für einen gelungenen Einstieg in den Abend. Die junge Band überzeugte alle Anwesenden mit ihrem frischen, schnörkellosen Punkrock und zog die Meisten direkt von den Sitzen. Definitiver Anspieltipp!
Nach einer kurzen Umbaupause ging es für die nächsten Lokalmatadoren an den Start. Die Band Datenschmutz ist in den Kreisen der Fans bereits bestens bekannt, und so wunderte es nicht, dass die Textsicherheit bei den Zuschauern als lobenswert hoch bewertet werden durfte. Einsetzender Regen konnte der Stimmung keinen Abbruch tun. Sänger Henry bewies seine Wasserfestigkeit, stellte sich einen großen Schritt vor den schützenden Pavillon und zockte mit seinen drei Mitstreitern weiter sein Set. Datenschmutz nehmen kein Blatt vor den Mund und drücken sich klar politisch aus. Das junge Äußere sowie die humorvoll-freche Art der Band täuscht nicht über die Teils ernsten Lieder über Rassismus, Antikapitalismus und Homophobie hinweg – die Jungs haben feste Prinzipien.
Mit stärker werdendem Regen wurde es dann schlagartig kuschelig unter dem Pavillon. Zum Schlussspurt des Auftritts wurde das Publikum unter die schützenden Plastikdächer eingeladen und führte zu einer wunderschön skurrilen Eskalation. Trotz Spuck-Reichweite ließen es sich Gitarrist Marius und Henry nicht nehmen, miteinander über die Mikrofone zu kommunizieren.
Pünktlichst 22 Uhr hieß es dann: Anlage aus, Nachtruhe! Die Veranstaltung verlagerte sich in die Räumlichkeiten mit einer kurz vorher angekündigten Überraschung. Schnell wurde es unruhig und man munkelte nun, was es denn damit auf sich hätte: Spielen die Rogers noch ein Set?
Nico, Gitarrist der Rogers, erlöste dann alle Fans und erklärte die nun folgenden 90 Minuten zu einer exklusiven Pre-Listening-Session des kommenden Albums „Augen auf“! Die Fans durften bereits jetzt einmal alle Lieder hintereinander hören und sich eine Meinung bilden. Ohne viel zu spoilern: Rogers experimentieren nicht wenig in ihrem dritten Studioalbum. Eine ausführliche Review gibt es natürlich Anfang September bei uns.
2 Uhr Nachts verabschiedeten sich die meisten Personen, um noch einmal ein wenig Schlaf zu tanken, denn 8:30 Uhr hieß es Abfahrt nach Megesheim in Bayern zum „Der Krater bebt“ Festival!
Um 5:30 Uhr klingelte bei uns bereits wieder der Wecker, denn vor der Abfahrt galt es noch, die Party-Location vom Vorabend in Schuss zu bringen. Drei Stunden später wurden die letzten Kisten Bier in den eigens angemieteten Partybus der Alumni der Düsseldorfer Panthers verstaut und 35 müde, aber gut gelaunte Menschen machten sich auf den siebenstündigen Weg. Feucht-fröhlich ging es dann natürlich zur Sache, und mit den Gesangseinlagen der MitfahrerInnen könnte wahrscheinlich jeder Ausflug eines Kegelclubs kaum mithalten. Da die installierte Musikanlage leider aufgrund eines Wackelkontakts dafür sorgte, dass der eigens befüllte USB-Stick mit einer Auswahl der feinsten Punkrock-Lieder bei der geringsten Erschütterung wieder das erste Lied in der Liste spielte, machten sich die mitfahrenden Datenschmutz-Mitglieder bereit, eine Akustik-Session im Bus zu geben. Nach dem gefühlt fünfzigsten unfreiwilligen Anspielen von „Unser Haus“ der Alex Mofa Gang sollte es dann ordentlich zur Sache gehen.
Aus der Session wurde schnell eine „Wir spielen alles was ihr reinruft“-Aktion, und so sangen 35 leicht angetrunkene Menschen Datenschmutz-Lieder, aber auch Songs der Toten Hosen und andere Coverlieder.
So ging dann auch die Fahrtzeit relativ schnell herum und man beand sich vor dem Festivalgelände im schönen Megesheim in Bayern. Busfahrer Ralf verabschiedete sich und gönnte sich seine wohlverdiente elfstündige Pause. Mittlerweile stiegen die Temperaturen auf 27 Grad mit einer erbarmungslosen Sonne, sodass auf dem Camping-Gelände eine ausgelassene Wasserschlacht ablief, als die Rogers-Gruppe das Gelände betrat. Neben der Wasserentnahme-Stelle hatten besonders findige Festivalbesucher eine lange Plane ausgebreitet, Seifenwasser verkippt und die Strecke zum Rutschen freigegeben. So ließ es sich dann wohl auch aushalten.
Beim Betreten des Infields wurde schnell klar, was für ein Festival man hier eigentlich besuchte. Mit vielen Reggae, Ska- und genreähnlichen Bands würden die Rogers noch deutlich hervorstechen.
Untermalt von der Musik von Raggabund tanzten sich bereits einige Festivalbesucher für den Abend warm. Das Duo spielt zusammen mit ihrer Band The Dubby Conquerors einen frischen Mix aus Reggae, Latin und Dancehall und sorgte auch mit Beatboxing-Einlagen für ordentlich Stimmung. Die darauffolgende einheimische Big-Band-Kombo um Keller Steff brachte Blues-Brothers-Stimmung mit und zog noch mehr Tanzwütige an. Zwischen den Bands auf der Hauptbühne ging es auf der kleinen DIY-Bühne mit Zelt- und Liegeplätzen bunt durch die Genres. Bei der Cover-Band Stack lag im Zelt allerdings niemand, da zu Liedern von Broilers oder Feine Sahne Fischfilet das Zelt bereits zu bersten begann.
Wesentlich ruhiger ging es dann bei Jesper Munk weiter. Sein Blues-Rock nahm deutlich Geschwindigkeit aus der Veranstaltung und beeindruckte eher durch wuchtige, intensive Klänge. Während dann noch UmbauPause in der Umbaupause spielten, machten sich die Rogers bereit, etwas mehr Lärm zurück in den Krater zu bringen.
Vor der Bühne wurde es nun deutlich voller – nicht nur wegen der angereisten Fans aus dem Rogers-Streetteam. Die Punkrocker begannen ihr Set mit dem üblichen Intro und „Hoch die Tassen“. Fix ließen sie „Stoppt uns“ und „Stillstand“ folgen. Mittlerweile konnte man nun auch vor der Bühne erkennen, dass das Festival zum wiederholten Mal ausverkauft war. Es bildeten sich viele kleine Moshpits. Der Ohrwurm „Eure Zeit“ brach nun sämtliche Dämme und sowohl Band als auch Publikum strotzten nun vor Energie. Nachdem ich einige Fotos aus dem Bühnengraben schoss, bahnte ich mir meinen Weg mitten ins Publikum, um möglichst nah am Geschehen Fotos der feiernden Meute zu schießen. In der Mitte des Sets ließ die Band es sich nicht nehmen, ihre neue Single „Augen auf“ vom kommenden gleichnamigen Album das erste Mal live zu spielen. Die Hardcore-Fans konnten den Text natürlich schon auswendig, was bei der Band für ein großes Grinsen sorgte.
Nachdem ich es mittlerweile durch großes Geschick geschafft hatte, meine Hose im Schritt ordentlich aufzureißen, zog ich mich zum Merch-Stand zurück und lauschte dem weiteren Konzert, während ich verzweifelt versuchte, meine Hose zu gaffern. Noch bevor die Band mit „Kreuzberger Nächte“ und „Anders als ihr“ das 80-Minütige Set beendet hatte, war die Hose zumindest temporär geflickt.
Mittlerweile zehrte die Hitze, die lange Busfahrt und der mangelnde Schlaf deutlich an meinen Kräften und so gab ich mir die letzten Bands nur noch aus einer Distanz.
The Locos um den Ska-P Sänger Pipi zerbebten den Krater nun endgültig mit ihrem schnellen Ska. Die Band aus Madrid punktete durch ansteckende Rhythmen und dem typischen Ska-Sound, der an Ska-P erinnerte. Nach ihrem Set über 80 Minuten traf ich die Jungs noch im Backstage – trinkend und Fußball spielend im Catering-Zelt.
Drei Stunden zeigte der Countdown bis zur Busabfahrt. Dass ich mit dem Schlafmangel nicht alleine war, zeigte sich, als sich fast die komplette Reisegruppe um den Merchpavillon versammelte und entweder im Liegen oder Stehen nur noch halbwach die letzte Band Malaka Hostel mitbekam. Schade eigentlich, denn die Kombo spielte eine interesse Mischung aus Reggae, Dancehall, Ambient und Rock in gleich drei Sprachen: Deutsch, Französisch und Englisch. Die Hartgesottenen, die immer noch nicht genug getanzt hatten, waren nicht wenige und sorgten auch bei der Band für ausgezeichnete Stimmung. Gegen 2 Uhr war dann aber Schluss für den Tag und ein wenig später ging es dann auch mit der Reisegruppe Richtung Düsseldorf. Keine 10 Minuten nach Abfahrt muss wohl auch die gesamte Gruppe eingeschlafen sein und Busfahrer Ralf hatte nun anstatt „Unser Haus“ und Datenschmutz-Liedern nur das friedliche Schnarchen der kaputten Rogers-Fans in den Ohren.