Am Mittwoch, 7.11.2018 stoppt das „Kaos“-Tourmobil der Blackout Problems im schönen Köln. Köln ist bei Musikern für die außerordentliche Tanzbereitschaft, Mitsingfreude und Textsicherheit bekannt. Hier kommt man als Künstler einfach gerne hin, um sein Werk zu präsentieren. Wenn man diese Vorzüge eines Kölner Publikums mit den herausragenden Live-Qualitäten des Münchener Quartetts kombiniert, ist das Ergebnis immer Schweiß, Feuerwerk und zappelnde Glieder.
Blackout-Problems-Shows sind jedes Mal etwas ganz besonderes, wenn nicht sogar einzigartiges. Das liegt einfach im Wesen und der Ausstrahlung des Quartetts. Doch bevor die „Blackies“ ihren Auftritt beginnen, darf das in Berlin beheimatete Vierergespann Bloodhype den Abend musikalisch eröffnen. Das schaffen sie mit ihrem Skinny-Jeans-Indietronic-Rock auch allemal. Von Anfang an sieht man Bewegung in den vorderen Reihen, später auch emsiges auf- und abspringen. Der Bandname stammt aus einem Science-Fiction-Roman der 80er und bezeichnet dort die heftigste verfügbare Droge. Ganz so tödlich ist Bloodhypes Musik dann doch nicht geworden. Auch wenn man eigentlich eine Crust-Punk-Band gründen wollte.
Eine halbe Stunde Aufwärmprogramm später wird das sichtbar vorfreudig erregte Publikum in die Umbaupause geschickt. Und um kurz nach 21 Uhr schallt dann endlich das Blackout-Problems-Tourintro aus den im Gebäude 9 hoch hängenden Boxen. Die vier Jungs betreten die Bühne leichtfüßig und mit einem breiten Grinsen, das bis weit nach Konzertende in ihren Gesichtern bleiben soll. Der Beginn der Setlist ist auch der Opener des aktuellen Albums. Die wichtige Frage, wie es allen Anwesenden heute Abend geht, ist leicht mit 'ausgezeichnet' zu beantworten. Es folgt ein exquisiter Mix aus älteren und neuen Songs und sogar der Festivalcloser „The City Won't Sleep Tonight“ findet einen Platz ganz am Anfang des Konzerts. Ein Publikumsfavorit ist auch „How Should I Know“, zu welchem Mathias Bloech von Heisskalt einen deutschen Textteil beigesteuert hatte. Doch natürlich liegt der Fokus heute Abend auf den neuen „Kaos“-Titeln, von denen die Band heute fast alle spielt.
Besonders auffällig ist, wie Frontmann Mario Radetzky es anstellt, Band und Publikum zu verbinden, die circa einen Meter hohe Bühnenkante zu überwinden und auch den letzten Eiswürfel zu schmelzen. Von der Art und Weise, wie dieser Mann auf der Bühne steht, können sich viele andere gerne eine Scheibe abschneiden. Er verbringt gefühlt genauso viel Zeit in und auf dem Publikum, wie auf der Bühne und irgendwie spielt er auch noch Klavier und Gitarre und singt, als gäbe es kein Morgen mehr. Zwischendurch am Tee nippen und in den Apfel beißen tut er ebenfalls.
Blackout Problems geben immer 100%. Und fordern vom Publikum auch 100% zurück. Wie könnte man diesen vier Honigkuchenpferden das Maß an Liebe, das sie ausschenken, nicht auch genauso zurückgeben? Das hier sind 200% geballte Livepower, 200% gute Laune und Vergessen des Schmutzes, der einen sonst erdrückt. So kommt es, dass Mario einer Crowdsurferin die Hand reicht, sie im Hochzeitssitz zum Mikro trägt und sie die zweite Hälfte des Chorus‘ singen lässt, bevor er sie behutsam an die tragenden Hände des Publikums zurück gibt. Eine großartige Geste.
Ein weiteres fancy Element ist der sich an „Limit“ anknüpfende Live-Remix. Das sind Faktoren, an denen man erkennt, wie viele Gedanken in so eine Liveshow fließen können. Es sei der Band mehr als vergönnt, endlich die Möglichkeiten zu haben, solche Spielereien auch live auf Tour umsetzen zu dürfen. Das Ende des Sets kommt sehr plötzlich, als alle vier mehr oder weniger unvermittelt die Bühne verlassen. Die Zugabe-Rufe setzen aber sofort ein und eine Band wie die Blackout Problems lässt sich auch nicht lange bitten. Drei Zugaben sollen es sein. Drei sehr spezielle obendrein. Die erste ist der Album-Closer „Charles“, den Mario am Klavier vom Ton- und Lichtpult aus performt. Ein Song, der live wirklich großartig funktioniert. Auch dann, wenn noch zwei weitere Nummern folgen. Die zweite Zugabe ist ein Tribut an alte Freunde und Wegbegleiter, denen das Quartett nach eigener Aussage immens viel zu verdanken hat: ein Cover von Heisskalts „Das bleibt hier“, bei dem Mario durchweg mitten im völlig eskalierenden Publikum verschwindet. Letztlich gibt er das Mikro sogar ganz aus der Hand gibt, bevor er den Weg zurück auf die Bühne findet. Die dritte und letzte Zugabe ist der brandneue, auf der Split-EP mit Heisskalt erschienene Titel „Rome“. Und was für ein Abschluss dieser Song ist. Da wird getanzt, gefeiert und gesungen, als würde in einer Minute die Welt untergehen. Da hält kein Tresor der Welt noch stand.
Bevor sich die Band endgültig verabschiedet, bedankt sich Mario namentlich bei allen Beteiligten, manche davon begleiten die Band schon seit etlichen Jahren. Noch so eine wunderbare Geste. Nach diesem umfassenden Dankeschön und Blumenverteilen ans Publikum, ertönen lautstark die Beatsteaks aus den Boxen und vor und auf der Bühne wird noch ein allerletztes Mal gemeinsam gefeiert, bevor der sprichwörtliche Vorhang fällt und alles Richtung Theke und Merchstand strebt. Die Tourshirts sind übrigens kurz darauf ausverkauft, während die Bandmitglieder sich überall emsig unterhalten, Fotos knipsen und einfach immer noch von Ohr zu Ohr grinsen. Was für ein fulminanter Abend.