The Chats spielen in Leipzig, das ist erstmal ein Grund sich auf einen Tag zu freuen. Die Senkrechtstarter aus Australien sind ein Garant für großartig energetische Liveshows und die Rotzigkeit, die genug Punk heute vermissen lässt. Es sollte jedoch einen großen Kontrapunkt am Abend geben.
Das letzte Mal im Täubchenthal war ich im März 2019 und so selten wie man diesen Satz sagen kann, es hat sich nicht wirklich etwas verändert, bis auf den fehlenden Tabakautomaten in einer dunklen Ecke, den fand ich damals außerordentlich hilfreich, wenn nicht sogar nervenrettend. Wir bereiten uns hier auf ein Frühkonzert vor, danach ist noch eine Party, welche Taylor Swift und Harry Styles Songs spielt. Das Kuriosum ist daher mehr als perfekt. Das Frühkonzert wird jedoch zum normal zeitigen, da sich der Anfang des Supports knapp eine Stunde verschiebt.
The Prize
The Prize spielen dabei knapp 25 Minuten und in dieser Zeit werde ich nicht so richtig warm mit der Band. Im Kern passiert hier vieles, was mir gefällt. Irgendwie zündet es aber nicht wirklich und zieht sich etwas und so richtig festmachen, was genau da jetzt hakt, kann ich nicht. Das Publikum scheint 20 Minuten lang aber ähnliche Probleme zu haben, so fehlt bis zum letzten Song die Bewegung in der Crowd und mehr als Kopfnicken ist nicht drin. Etwas schade, aber eventuell liegt es auch an der langen Wartezeit vorher und die dadurch etwas gestiegene Erwartung.
The Chats
The Chats machen dann genau da weiter, also bei der Abstinenz des Pompösen. Wie schon 2023 in Köln kommen sie einfach auf die Bühne, sagen Hallo und ballern los. „Nambored“, „Billy Backwash Day“ und „Dead on Site“. Das sind keine 10 Minuten für 3 Songs und das Publikum ist wie ausgewechselt, kaum noch halten, nur noch springen, tanzen und schreien. Das fühlt sich hier noch ziemlich gut an. Dabei bin ich immer wieder beeindruckt, wie das Trio es schafft, ihre Rotzigkeit kein Stück anders klingen zu lassen als auf der Platte. Es klingt haargenau so, als würde ich gerade vor dem heimischen Plattenspieler sitzen und genüsslich dabei einen Tee schlürfen. Auch sei hier der Club positiv erwähnt. Der Sound ist ziemlich gut und mir als Fotografen sagt auch das Licht voll zu. Auch nachdem ich in die Crowd gehe, um noch ein paar hübsche Shots von da zu machen, ist noch alles super und Highlights wie „6L GTR“, „Stinker“, „Drunk n Disorderly“ oder am Ende „Pub Feed“ lassen mich selbst wieder ekstatisch mitgrölen. Irgendwann schlägt jedoch etwas in der Stimmung um, was ich nicht so festmachen kann. Das Publikum wirkt ausgewechselt und es raubt mir Song für Song mehr den Spaß an der Show. Dabei sind es einzelne Personen, die anscheinend zum ersten Mal auf einem Konzert sind, bei dem man nicht nur herumsteht und mit dem Kopf nickt. Und da es so viel ist, was mich hier nervt, möchte ich einen viralen Social Media Trend benutzen und mein „Out's“ einmal auflisten, mit den „In‘s“ bin ich ja nun fertig.
Menschen, die sich ohne Rücksicht, kurz zu schauen und mit voller Wucht nach hinten fallen lassen, um einen eh schon entstandenen Pit unnötig vergrößern zu müssen, finde ich ziemlich unverständlich, vor allem wenn Menschen hinter dir stehen, denen du dadurch deinen Ellenbogen ins Gesicht schlägst. Wild um sich schlagen ist im Pit teilweise auch außerhalb eines Hardcore Konzertes total fine, jedoch nicht, wenn du dicht an dicht zwischen Menschen außerhalb des Pits stehst. Und vor allem: Wie unfassbar dreist ist es, einfach so auf Menschen zu springen, um zum Stagediven hochzukommen? Ich hätte dir, falls du es liest, gern hochgeholfen, wenn du gefragt hättest. Dich aber einfach auf meine Schulter stützen, ohne mal darauf aufmerksam zu machen ist halt wirklich uncool, es gibt Menschen, die da keinen Bock drauf haben und selbst beim wildesten Konzert ist Rücksicht ziemlich wichtig, sonst können wir das nämlich echt nicht mehr machen.
Also sehen wir es so: Die Seite der Show, welche sich nur um die Musik dreht, war hervorragend, also bis auf die Tatsache, dass die Show nur 40 Minuten ging und wieder absolut unpersönliches herunterspulen war, aber manche Bands fühlen lange Ansagen halt nicht, das ist nur eine persönliche Meinung und ich finde auch das total okay. Akustisch war alles super, es sah auch super aus und zu großen Teilen hatte ich Spaß, aber diese Ausfälle haben mich danach genervt und geladen zurückgelassen. Ich bin krasse und wilde Pits gewöhnt und liebe diese auch sehr, jedoch habe ich das Gefühl, dass manche Menschen lernen sollten, wie genau man sich auch in einer positiven Adrenalinsituation verhält. Denn Respekt sollte niemals da aufhören, wo eigener Spaß anfängt!