Endlich wieder Chaos auf und vor der Bühne, so ungefähr bin ich letztens voller Vorfreude in die Chemiefabrik gegangen und wollte mir die US Hardcore Legenden von Killing Time und Bulldoze ansehen. Beide in der Szene wahnsinnig große Namen, welche sich locker neben Madball oder Terror schreiben ließen. Nun sollte der Abend allerdings weniger legendär werden, was allerdings nicht an der wunderschönen Chemiefabrik und schon gar nicht an den Bands lag.
Drink Deep
Fangen wir aber mit Drink Deep an. Die multikulti Truppe aus Überall spielt straighten Street-Hardcore und ballert mal eben ein dermaßen unterhaltsames Set raus, dass ich in den knapp 20 Minuten kaum hinterherkomme. Die Energie auf der Bühne wäre damit schon mal da und hier tut sich auch schon etwas im Publikum, denn die Undergroundband scheint einige lokale Fans zu haben. Ich empfehle hier jedem, der Fan von Bands wie Drain und Co. ist, hier mal reinzuhören, auch wenn es noch nicht so viel zu hören gibt! Gerne das nächste Mal ein paar Minuten länger!
Additional Time
Additional Time aus dem Saarland sind als Nächstes dran und hier wird dann auch langsam ein recht mulmiges Gefühl recht existent. Es ist kaum noch jemand da und dementsprechend gibt es so gut wie gar keine Stimmung. Auf der Bühne findet diese ohne Frage statt, vor der Bühne hingegen herrscht gähnende Leere. Wenn ich als Fotograf keine Angst um mein Leben haben muss, während ich Fotos mache und vor der Bühne stehe, dann läuft mit einem Hardcorekonzert etwas falsch. Die Band spielt ihr Set trotzdem höchst professionell runter, auch wenn sämtlich Wünsche ein paar Schritte nach vorn zu treten unbeantwortet bleiben!
Bulldoze
Bulldoze bilden dann eigentlich eine Hoffnung, dass sich die Masse nun erheben wird, schließlich war der Abend eigentlich als Headlinerkonzert der New Yorker geplant, nun, das sah ganz und gar nicht so aus. Lediglich drei Leuten haben immer mal wieder ihr Tanzbein geschwungen und sich gegenseitig angepogt. Shout out an diese Leute, ihr habt den Abend bis hier immerhin etwas gerettet. Bulldoze nehmen das Ganze nun allerdings nicht mehr einfach so hin und sehen zunehmend genervter aus, ich meine ganz ehrlich wäre ich auch, wenn ich aus New York irgendwo hinfliegen würde und alles, was mir begegnet ist ein gähnend leerer Halbkreis vor der Bühne und knapp 150 Leute, die drumrum stehen. Trotzdem spielen Bulldoze ihr Set und geben Gas, sie erfreuen sich eben an den paar Leuten, die so richtig Bock haben und schlucken ihre Missgunst runter. Peinlich für uns als Crowd war das Ganze aber trotzdem.
Killing Time
Bei Killing Time taut es dann endlich auf, zumindest etwas, denn das Publikum braucht immer noch Hinweise mit der Dampframme und die Mitbrüll-Songs um auch wirklich mitzumachen. Dann machen sie es aber auch so richtig, und zum ersten Mal seit Drink Deep macht das ganze auch so richtig viel Spaß. Aber auch hier hagelt es zahlreich Aufforderungen von der Bühne. An der Band liegt das Ganze nicht. Die Gruppe um Anthony Comunale zerballert mit ihrem Hardcore nur so die Stage und ist dazu noch unglaublich sympathisch. Das geht bis zu dem Moment, an dem CDs einer befreundeten Band ins Publikum geworfen werden. Doch bei Songs wie „Fools Die“ oder dem eigentlichen Closer (vor der ungeplanten Zugabe) „Backtrack“ macht das Publikum genau die Dinge, die man eigentlich den ganze Abend erwarten würde. Aber immerhin wurden Killing Time gebührend empfangen und nicht ebenso lustlos begegnet. Nach einer knappen Stunde ist das Ganze vorbei und ich bin zumindest musikalisch vollends zufrieden. Ich saß danach noch im wunderschönen Biergarten der Chemiefabrik und verarbeitete das Ganze noch einmal kurz.
Alles in allem war das Konzert ja super, jedoch hatte ich des Öfteren das Gefühl, dass sich etwas komisch anfühlt. Die fehlende Präsenz des Publikums beißt sich in meinem Kopf weiterhin mit dem, was auf der Bühne passierte. Es war eine wunderbare Demonstration, wie seriös und professionell die Bands auftraten, obwohl es total verständlich gewesen wäre, gar keinen Bock mehr zu haben. Sicher hatten sie trotzdem Lust und Spaß am Konzert, beim Publikum wirkte dies in großen Teilen leider sehr anders. Ich hatte zwischendurch kurz das Bedürfnis, früher zu gehen und hab es nicht gemacht, weil ich mir ebenfalls die Seriosität wahren wollte und weil ich Bock auf die Konzerte hatte, trotzdem fand ich die andauernden Anreden, dass doch alle etwas näherkommen sollen, ziemlich unangenehm. Normalerweise finde ich es eher schlimm, wenn Ansagen nur aus diesen Worten bestehen, da aber auch eher, weil die Band dann weniger pralle ist. Hier finde ich es eher umgekehrt unangenehm, dass nämlich einfach Niemand reagierte. Wir können also festhalten, Bands super, Location super, aber die Stimmung brauchte leider viel zu lang, um mal irgendwie nach oben zu gehen. Schade, aber wir alle wissen, dass es eben auch solche Abende geben muss!