Natürlich steht bei so gut wie jedem Konzert die Band im Mittepunkt, die am jeweiligen Abend den Headliner verkörpert, aber an diesem Montag scheint das ganz besonders zu gelten. Das beginnt schon damit, dass einer der Gitarristen von Holding Absence eine weitverbreitete Fanboy-Regel bricht und auf einem Being As An Ocean-Konzert ein Shirt der entsprechenden Band trägt. Vermutlich hat noch niemand exerziert, ob dieses Stigma auch für Support-Acts gilt, in jedem Fall zeigt dieser Umstand aber, dass die Waliser sich heute nicht nur aus beruflichen Gründen freuen, vor Ort zu sein. Eine weitere schöne Eigenart der Core-Community zeigt sich beim Auftritt von Holding Absence: Der Begriff „Vorband“ ist bei solchen Ereignissen relativ und schon der erste Act des Abends bringt eine beachtliche Fanbase mit, die Texte rezitieren und sich in Moshpits angemessen bewegen kann. So ganz scheint der pop-punkig angehauchte Metalcore nicht zu dem mittlerweile sehr sphärisch-elektronisch flirrenden Sound von Being As An Ocean zu passen, aber einen gewissen musikalischen Konsens hat die anwesende Impericon-Community natürlich trotzdem.
Dieser kollektive Zugang reißt auch nicht bei Counterparts ab, die mit ihrem deutlich direkteren Hardcore bereits Szene-Unverwundbarkeit erlangt haben. Niedliches Detail: Während das Quintett die Bühne förmlich auseinandernimmt, stehen Holding Absence am Bühnenrand und grölen mit erhobener Faust jede Zeile mit. Das wird sich am heutigen Abend übrigens bis zum letzten Akkord des Headliners nicht ändern, zumindest im Fall von Holding-Absence-Frontmann Lucas Woodland, der alle Songs seiner Kollegen auch ganz zum Schluss des Konzerts noch begeistert in der Luft mittrommelt. Counterparts laden dann auch noch Holding-Absence-Bassisten James Joseph zu einer Shout-Einlage ein, der diesen Job beachtlich gut ausfüllt. Das gesamte Konzert wird von den tobenden Menschen vor der Bühne begeistert konnotiert, und wenn Counterparts-Sänger Brendan Murphy kurzzeitig sein Mikrofon sinken lässt, kann er sich sicher sein, dass das Publikum seinen Job nahtlos übernimmt.
Unermessliche Verehrung wird dann aber vor allem Being As An Ocean zuteil, die diese Nähe sichtlich suchen. Frontman Joel Quartuccio ist im Laufe des Abends mehr im Publikum als auf der Bühne und geht dabei auch wirklich bis ganz nach hinten. Bisweilen wirkt er dabei zwar mehr wie ein einsamer Wanderer als jemand, der wirklich auf Tuchfühlung mit seinen Fans gehen will, dennoch ist die Botschaft klar: Being As An Oceans Songs suchen die Interaktion und Nahbarkeit. Wenn Quartuccio inmitten des tobenden Pit-Zentrums steht, funktioniert das auch sehr gut. Etwas verzerrt wird dieser Eindruck aber dadurch, dass die dominanten Elektronik-Elemente der aktuellen Platte „Waiting For Morning To Come“ alle vom Band kommen und dadurch sehr künstlich wirken. In ihrem Mix sind sie sogar so dominant, dass sie den Gesang von Gitarrist Tyler Ross stellenweise komplett übertönen. Die kleinen Mankos des Abends sind aber schnell vergessen, wenn Quarticcio „The Hardest Part Is Forgetting Those You Swore You Would Never Forget“ anstimmt und dabei alle zum Mitfühlen bringt. Urplötzlich ist das Konzert von Being As An Ocean dann aber nach nicht einmal einer Stunde vorbei und man wünscht sich innerlich doch schmerzlich, dass eine der innovativsten und spannendsten Bands der Szene ihre propagierte Liebe und Hingabe etwas konsequenter ausleben würde.