Leipzig war vor Corona einer meiner go to Places, wenn es um Konzerte im Bereich des Metalcores ging. Jede*r kam nach Leipzig. Es tat also gut, dass ich nun nach knapp drei Jahren mal wieder für ein Indoorkonzert in der Stadt war und wie soll es auch anders sein, ist es für mich dieses Jahr das zweite Konzert von Being as an Ocean, welche 10 Jahre ihres Debüts „Dear G-D“ feiern wollten.
Den Anfang machen allerdings Sperling, welche dieses Jahr bereits mit Being as an Ocean einige Sommershows gespielt haben. Ein kurzes, aber knackiges Set aus ihren Klassikern und den neueren Songs wie „Schnee“ oder der Kollaboknaller (hier ohne Kollabo) „Es geht“ paaren sich immer mehr mit der Vorfreude auf ein neues Album der Band, welches dann hoffentlich 2023 das Licht der kaputten Welt erblicken wird! Sperling sind für mich weiterhin eine der besten deutschen Bands der Gegenwart und das zeigen sie sowohl Live als auch auf der Platte immer wieder. Leider lassen die Zuschauer*innen eher auf sich warten, viele sind nämlich noch nicht da, sie verpassen auf jeden Fall was.
Als Zweites treten As Everything Unfolds auf die Bühne des Ballsaals. Die englische Progressive-Metalband zeichnet sich durch die episch pompösen Cleanvocals, welche mit tiefen Growls gemischt werden, aus, welche allesamt von Sängerin Charlie Rolfe stammen. Leider schafft es das Quintett so gar nicht, mich zu überzeugen. Sowohl ist der teilweise willkürlich wirkende Mix aus den beiden Vocalvariationen eher verwirrend als konsonant, aber auch der Rest, welcher sehr austauschbar wirkt und nicht zündet, ist eher suboptimal, was wohl auch an dem mittelmäßigen Sound liegt, welcher hier sehr auffällt und erst dann bemerkbar wird, als ich meinen Gehörschutz kurz entferne, um mir ein Getränk zu bestellen. Schade, aber dem nun immer voller werdenden Felsenkeller scheint es gefallen zu haben.
Nach einer etwas längeren Umbaupause betreten dann nun endlich Being as an Ocean die Bühne und starten mit „Nothing, Save the Power They‘re Given“ dem ersten Song ihres Debüts. Was nun folgt, ist das wohl härteste BaaO Konzert, auf dem ich je war und dabei ist es bereits das siebte. Nicht nur werden Songs wie „This Room's Alive“ oder „Salute e Vita“ gespielt, nein, auch kommen mit den ersten Songs lange nicht mehr gehörte Härte- und Breakdownspitzen. Dabei werden die ruhigen Songs der letzten beiden Alben fast vollständig außenvorgelassen. Ausnahmen sind dabei natürlich Lieder wie „Thorns“ oder „Dissolve“, aber das sind auch einfach gegenwärtige Klassiker der Band.
Typisch verbringt Sänger Joel Quartucio wieder mehr Zeit mit dem Publikum als auf der Bühne. Aber wo wir schon beim Publikum sind. Ich habe wirklich selten so eine langweilige Crowd gesehen. Es brauchte schon ungefähr das halbe BaaO Set, bis so wirklich ein durchgehender Moshpit entstand und der war dann eher mickrig als relevant. Das ist wahrlich schade, denn gerade eine Melodic-Hardcore Band wie Being as an Ocean leben mit ihren ersten Alben von den emotionalen Kollektivschreimomenten und wenn eine aktive Band wie diese auf eine zu 75 Prozent öde und tote Crowd trifft, welche lieber stumm, mit verschränkten Armen hinten stehen und gucken, als wären sie auf dem falschen Konzert, dann geht die Atmosphäre stark durch den Kellerboden.
Nach knapp 80 Minuten ist das Konzert dann auch vorbei und die Meute wird in die von Schneefall gezeichnete Leipziger Nacht entlassen. Ich bin zwiegespalten, als ich auf meine Afterconcert Pizza warte. Einerseits war es wunderschön, diese alten, brettharten Songs endlich mal live zu hören, vor allem im Mix mit der Melancholie des späteren Werkes, nie hätte ich gedacht, so harte Breakdowns noch einmal auf einem Being as an Ocean Konzert zu hören. Andererseits ist die Crowd ein harter Downer, klar steht die Show erst mal für sich allein, Atmosphäre und Feeling kommen aber vor allem durch, wenn die Crowd sich dazu herablässt, dem Geschehen auf der Bühne zu folgen und bei diesem mit ihrer Stimme mitzuwirken. Auch ist es mal wieder angebracht zu sagen, dass es mehr als wichtig ist, wenn man sich auch mal dazu erbarmt, die Supports anzugucken, die man nicht kennt.
Denn vor allem Bands wie Sperling sind es mehr als wert, dass man auch mal seinen Arsch hochbekommt und die Venue etwas früher betritt, wenn es einem nicht gefällt, kann man nämlich immer noch rauchen gehen!