Wie für die Düsseldorfer üblich, sind diese Shows eigentlich eher kleine Tagesfestivals mit hochkarätigen Bands. Schaut man sich den Support der Saison an, so findet man Bands wie Bad Religion, Broilers, Royal Republic, Feine Sahne Fischfilet, Donots, The Baboon Show, The Hives, Beatsteaks, Flogging Molly – um nur ein paar zu erwähnen. Zum Saisonstart stehen heute Adam Angst, The Vaccines und die Donots auf dem Programm. Das Line-Up, vor allem verbunden mit den Hosen, verspricht schonmal viel.
Viel zu versprechen scheint auch der Himmel. Unwetterwarnungen mit heftigen Gewittern über Essen - so macht ein Open Air doch Spaß. Am Stadion angekommen ist der Himmel leicht bedeckt, aber nicht düster. Vielleicht sollte man heute einfach Glück haben und verschont bleiben. Aber erst mal Bändchen für die erste Welle sichern. Dies geht erstaunlich einfach. Vielleicht, weil es ein Donnerstag ist und viele noch arbeiten, vielleicht aber auch, weil der Bereich in der ersten Welle riesig ist. Im Nachhinein höre ich, dass man noch locker während der Donots Erste-Welle-Bändchen bekommt.
Pünktlich stehen Adam Angst auf der Bühne, natürlich nicht, ohne von einem Hosenmitglied angekündigt zu werden. Ich finde nach wie vor, dass das eine sehr nette Geste ist. Da könnten sich ein paar Bands eine Scheibe von abschneiden. Adam Angst liefern wie gewohnt ab. Gut gelaunt, mit ein paar neuen Liedern im Gepäck, wärmen sie das wartende Publikum auf. Nach einer halben Stunde folgte dann der Umbau. Als nächstes kommen The Vaccines auf die Bühne. Ebenfalls angekündigt, diesmal von Vom, spielen auch sie eine gute halbe Stunde. Der Sound mag für einige erfrischend wirken, da er mal etwas anderes ist. Hätte ich die Band nur auf Platte gehört, hätte ich sie wahrscheinlich auch für gut befunden. Leider sehe ich sie allerdings live, und mir fehlt das, was eine gute Liveband ausmacht. Das Funkeln in den Augen, der Spaß, den man hat, wenn man seine Musik anderen vorspielt. Alles wirkt irgendwie gezwungen. Zudem finde ich den Sänger sehr gekünstelt. Schade, aber vielleicht überzeugen sie mich morgen etwas mehr.
Als letztes heizen die Donots ein, und wenn die Jungs eins können, dann das. Dem Opener „Ich mach nicht mehr mit“ folgen überwiegend deutsche Lieder der sympathischen Ibbenbürener. Natürlich nicht ohne, dass Ingo im Publikum landet und sich von selbigem „Kaputt“ machen lässt. Man kann echt viel über die Donots sagen, aber nicht, dass sie eine schlechte Live-Band sind. Mit der Mischung aus Verrücktheit, guter Musik und einigen Showeinlagen wird die Mehrheit des Publikums animiert und mitgerissen. Besonderes Schmankerl ist „Piano Mortale“, ein eigentliches Bonuslied der aktuellen Platte. Von mir aus hätten die Jungs noch länger ihre gute Laune versprühen können, aber man ist ja aus einem anderen Grund nach Essen gekommen.
Es folgte die Umbaupause, die mit bekannten Lieder zahlreicher Bands begleitet wird. Ich war gespannt was heute passiert, welche Lieder gespielt werden. Ein Blick auf die Sets der Warm-Up ließ alles und nichts zu. Damit meine ich: Entweder wird das nur ein Hitgeballer, oder es werden ein paar Raritäten ausgepackt. Um ehrlich zu sein, interessieren mich mehr letztere. Dadurch, dass ich die Hosen schon oft gesehen habe, macht es immer wieder Spaß alte und/oder seltene Lieder zu zelebrieren. Nicht, dass ich die Hits nicht mag und liebe, aber immer ein ähnliches Set wird irgendwann dann doch eintönig.
Nachdem „You‘ll never walk alone“ eingespielt wird, folgte das neue „Laune der Natour“-Intro. Der eine oder andere kennt dieses schon von den Warm-Up Gigs. Die Jungs kommen auf die Bühne gelaufen und eröffneten gleich als Übergang mit „Laune der Natur“ - dem Titellied des aktuellen Albums. Gefolgt von einer Mischung aus Evergreens wie „Auswärtsspiel“, „Du lebst nur einmal“ und „Niemals einer Meinung“ nimmt das Ganze immer mehr Fahrt auf. Natürlich durften auch die altbewährten Hits „Bonnie & Clyde“, „Alles aus Liebe“ oder „Hier kommt Alex“ nicht fehlen. Um etwas Abwechslung zu schaffen, haben sich Die Toten Hosen ein paar Streicher und die Pianistin Esther für die Tour eingepackt. Teilweise werden mit denen ein paar alte Lieder neu arrangiert, teilweise Klassiker wie „Hey Jude“ und „TNT“ gecovert. Highlights für mich sind an dem Abend ganz klar: „Unsterblich“, „Verschwende deine Zeit“ und ein Lied, welches leider nicht an Aktualität verliert: „Willkommen in Deutschland“
Nach der dritten Zugabe, einem guten und erfrischenden Mix aus 35 alten und neuen Liedern, wird dann das Konzert mit „You‘ll Never Walk Alone“ beendet. Der Abend hat alles, was man sich wünscht: Eine Rampensau namens Campino, der das ein oder andere Mal im Publikum und auf dem Tresen performt. Den Rest der Band, der auch nicht stillstehen kann und voller Euphorie das Publikum begeistert – ein selbiges, welches getreu dem Motto „Einer für alle“ auf sich aufpasst und gemeinsam feiert. Nicht zu vergessen die Gastmusiker, die dafür sorgen, dass selbst alte Lieder nicht langweilig werden. Und außerdem bleibt es trocken. Jedenfalls von oben.
Die Setlist sollte allerdings am zweiten Tag noch übertroffen werden. Am Folgetag haben die Hosen The Baboon Show, The Vaccines und The Hives auf der Bühne. Während The Baboon Show großartig ablieferten, bestätigen The Vaccines leider meine Meinung vom gestrigen Tag. Tierisch gefreut hatte ich mich auf The Hives. Leider klingt das, was die da veranstalten, irgendwie so wie Billy Talents frühere Livekonzerte, gepaart mit den Soundeskapaden, die Rise Against letztes Jahr hatten. Schade, da The Hives eigentlich eine großartige Liveband sind.
Nach den bekannten Umbaupausehits ertönt das Intro für die Hosen. Doch nicht irgendeines. Das Intro von 2017. Fragende Gesichter sehen sich an und bekommen ein sehr breites Grinsen. Irgendwie hat man das Gefühl, dass heute ein mehr als besonderer Abend werden soll. Als Campino dann während des Intros ruft: „Wir sind die Jungs von der Opelgang“, kommen fragende Gesichter auf: „Tun sie das jetzt?“ Ja, sie tun es. Die Toten Hosen eröffnen mit „Opelgang“. Doch das sollte nicht der einzige Höhepunkt des Abends werden. Die Düsseldorfer lassen es sich nicht nehmen und geben noch mehr Vollgas als am Vortag. Sie verfeinern die Setlist mit Liedern wie „Mehr davon!“, „Wort zum Sonntag“, „Strom“, „Bis zum bitteren Ende“ und „Das Mädchen aus Rottweil“. Gepaart mit vielen Hits aus alt und neu und einem unglaublichen Tempo lassen die Hosen dem Publikum kaum Luft zum Durchatmen. Und obwohl sie heute „nur“ 32 Lieder spielen, hat man das Gefühl heute einiges mehr als am Vortag zu bekommen. Die letzte Zugabe wird etwas zum Verschnaufen genutzt. Obwohl mir „Tage wie Diese“ oft echt auf den Sack geht, fasst es den Abend gut zusammen. Denn heute ist dieses „Alte Fieber“ und „Der Moment“, an den man irgendwann zurückdenken wird. Wenn man dann noch das wie ich Glück hat und das Ganze mit einem guten alten Freund feiert, den man gefühlt Ewigkeiten nicht mehr gesehen hat - dann, ja dann hat man einen durchaus perfekten und mehr als gelungenen Abend.