Der Konzertabend im sehr schönen Junkyard Club startet gleich mit einer Änderung im Billing: Alligator Wine ersetzen Dorian Sorriaux. Die Anfängliche Skepsis wandelt sich aber sehr schnell ins positive, denn obwohl ich sehr gespannt darauf war zu sehen, was der blutjunge Blues-Pills-Gitarrist Solo so abliefert, sind Alligator Wine ein sehr guter Ersatz. Das Duo, bestehend aus Schlagzeug, E-Orgel und Synthesizer, liefert sphärischen 70er-Rock der sich am besten als Mischung aus Pink Floyd und The Picturebooks beschreiben lässt. Ich lasse mich einfach von den mächtigen Klangwänden mitreißen und kann sagen, dass ich nach rund 30 Minuten zufrieden das zweite (zu teure) Bier aufmache. Ich möchte hier noch kurz anmerken, dass die Veranstaltung nicht wie angekündigt um 20 Uhr, sondern erst um 20:30 Uhr losging, was den Verlauf des Abends noch in negativer Weise beeinflussen wird.
Die zweite Band des Abends sind Blood Of The Sun, die sich aus Mitgliedern von Saint Vitus und Scorpion Child zusammensetzen. Die Band klingt wie eine Mischung aus Deep Purple und Rainbow in dreckig und ich merke sofort, dass hier alte Hasen am Werk sind, die aber immer noch mit wahnsinnig viel Elan dabei sind. Jedes Mitglied legt unglaublich viel Spielfreude an den Tag und vor allem die beiden Gitarristen strahlen dabei eine Coolness aus, die schon fast an sowas wie Erhabenheit grenzt, so natürlich wirken die Posen und so abgezockt und lässig wirkt ihr Spiel. Drummer Henry verprügelt sein Schlagzeug regelrecht und Bassist Roger kommt aus dem Grinsen gar nicht mehr heraus. Die Gesangsleistung von Sean Vargas ist ebenfalls überragend und so sind Blood Of The Sun auf dem besten Weg dahin, den Headlinern den Rang abzulaufen.
Überrascht bin ich vor allem von der Länge des Sets, erst nach über eine Stunde geht die zweite Supportband von der Bühne. Mittlerweile ist es 22:10 Uhr und ich fange bereits an nervös auf die Uhr zu schielen, da ich leider auf den öffentlichen Nahverkehr angewiesen bin. Die Nervosität steigt minütlich und wandelt sich langsam aber sicher in Frust, als sich auf der Bühne auch nach dem Umbau und diversen Soundchecks immer noch nichts tut. Mittlerweile ist es 22:50 Uhr und ich habe mich damit abgefunden, wohl nur die Hälfte des Sets zu sehen. Als Lucifer dann endlich die Bühne betreten, steigert sich die Frustration leider noch weiter, weil die Band phänomenal gut abliefert. Perfekt eingespielt, optisch on point (ich würde mein Erstgeborenes gegen das Hemd des Bassisten Tauschen: ein Traum von einem Jeanshemd mit Fransen), zelebriert die Band vornehmlich die Songs des neuen Albums “Lucifer II”. Sängerin Johanna ist ausgezeichnet bei Stimme und sieht in ihrem Samtoutfit aus wie die Tochter von Jinx Dawson, allerdings fehlt ihr die Ausstrahlung der Coven-Frontfrau und auch sonst wirken ihre Ansagen und ihr Stageacting manchmal etwas unbeholfen. Trotzdem: die Songs sind durch die Bank weg stark und man sieht auch hier: die haben einfach Spaß. Mittlerweile ist es 23:40 Uhr und ich muss mich aus dem Staub machen, leider mit dem miesen Gefühl, die zweite Hälfte eines großartigen Auftritts zu verpassen.