Raum27 haben noch keine drei Songs gespielt, als Sänger Tristan feststellt: "Oh Marburg, das wird so cool!" In diesem Moment singt das Publikum gerade vor dem eigentlichen Song den Refrain von "Meer", immer und immer wieder. Den Abend eröffnet um 20:30 Uhr jedoch die Künstlerin Vita mit ihrem inhaltlich oft feministischen Rap, in dem sie nach eigener Aussage Themen verarbeitet, die jede Frau im Raum nachvollziehen kann. Und trotz der Hinweise auf den Sarkasmus zum Beispiel in "Blau sein" im Bezug auf die gleichfarbige Partei oder in ihrer Hymne fürs Böllern, ist dieser schlichtweg nicht zu überhören. Die Bässe wummern, Vita findet mit ihren Texten Gehör und die Ansage, doch bitte bei jedem ihrer Griffe zur Wasserflasche zu applaudieren, beherzigt das Publikum von Anfang an. Die Arme fliegen in die Luft, die Temperatur im KFZ steigt parallel mit der spürbaren Vorfreude auf Raum27 an. Nach einer halben Stunde Umbaupase leuchten dann aber die passend zum Album- und Tourtitel "Keine Tränen" durchgestrichenen Tränen über der Bühne endlich auf und mit "Perfekt auseinander" und "halb 4" starten Raum27 ein Set, welches mit Anekdoten nur so durchzogen sein wird.
Vita

Es ist das erste Konzert von Raum27 in Marburg an der Lahn. Tristan sieht darin die Möglichkeit, sich endlich einmal kennenzulernen. Er hatte über Tag aber auch die Möglichkeit, die Stadt an sich kennenzulernen. Sein Fazit: "Diese Stadt besteht ja nur aus Treppen! Sogar der Club ist unten." Da ein Bezug zu den Treppen bei in der Stadt auftretenden Künstler*innen erst einmal öfter zu hören ist, legt er noch einmal nach und behauptet, dass er in der Stadt nur anhand seines Keuchens als Gast erkannt worden wäre. Das Marburger Publikum ist für solche Sachen eigentlich immer zu haben, auch die im Song "Erben" eingeschobene Ergänzung "Zum Beispiel die Festung da oben!" erzielt das gewünschte Schmunzeln bei den Leuten im Raum. Das gilt zumindest für diejenigen, die den Satz überhaupt mitbekommen haben, denn die meisten hier sind seit dem zweiten Titel "halb 4" bereits ordentlich in Bewegung. Mit dem immer wieder rein gerufenen Namen der Marburger Kneipe "Hinkelstein", übrigens genau wie das KFZ nur über eine Treppe nach unten zu erreichen, kann Tristan genauso wenig anfangen wie mit dem Gast, der zwischen den Songs mit Gejaule auf sich aufmerksam macht. Das bekommt er auch offen mitgeteilt, wobei Tristan den nötigen Humor verbaut, um seine Meinung dazu nett zu verpacken. Running Gag des Abends wird Jens, der trotz Verbotshinweises "Bitte keine Kinder von der Bühne werfen" von der Band ins Publikum befördert wird und dort die Zeit seines Lebens haben soll. Da es sich hierbei um einen kleinen Spaß für Social Media handelt, sind die erklärenden Bilder im Nachgang dort zu finden.
Raum27

Raum27 spielen heute Abend ausnahmslos das gesamte neue Album "Keine Tränen" und bauen vereinzelte Tracks aus der Zeit davor in die Setlist ein. Dazu gehören früh "Frida" und "Sommerregen", später gesellen sich "Seifenblase" oder (natürlich!) "Oft gesagt" dazu. Letzterer sorgt erwartungsgemäß noch einmal für die ganz lauten Chöre im Raum. Den Zugabenblock eröffnet die Band mit dem Hannah Montana-Cover "The Best Of Both Worlds", etwas später reißt Tristans Hose und muss mit Panzerband während eines Songs geklebt werden. Auch Mathis bleibt vom Pech nicht verschont und spielt die letzten Akkorde des Konzerts trotz gerissener Saite seiner Gitarre. Neben seiner trotzigen Anmerkung "Wir lassen uns doch nicht von so einer Saite abhalten! In Marburg kann alles passieren!" steht eine Aussage von Tristan stellvertretend für diesen gesamten Abend, an dem Band und Publikum eine Symbiose bilden, die das KFZ fast zwei Stunden in ausnahmslos strahlende Gesichter verwandelt: "Marburg ist das herzhafteste Geschenk"
