Das Salz Fest wurde 2018 erst das zweite Mal veranstaltet und ist somit ein noch sehr junges Festival – klein aber fein! Vom Ein-Mann-Betrieb Salz Booking ins Leben gerufen und auf die Beine gestellt, kredenzte man im Vorjahr unter anderem Van Holzen als Headliner, Matula und die Forkupines. Dieses Jahr setzte man noch einen drauf und ließ KMPFSPRT im Rahmen ihrer Gaijin-Tour als Headliner auf die Besucher los. Das Aufwärmprogramm absolvierten Snareset, Donnokov, Anorak und Kind Kaputt.
In der bahnshofsnah gelegenen Kleinen Freiheit im von Montreal so legendär besungenen Osnabrück standen also fünf wirklich gute Bands aus allen Ecken Deutschlands auf der Bühne, gekrönt von KMPFSPRT. Und dennoch sollte der kleine Saal zu keiner Zeit wirklich voll sein. Eine Schande. Ob das nur daran lag, dass zeitgleich Leoniden im benachbarten Münster auftraten, ist fraglich.
So kam es also, dass Snareset trotz durch und durch liebenswertem Auftreten ihr Set überpünktlich zehn Minuten früher als geplant vor grade einmal sieben Leutchens beginnen. Eine halbe Stunde melodischer Punkrock á la My Wilhelms Scream oder The Flatliners lassen aber schon mal jeden Fuß und Kopf im Raum zum Takt wippen. Eine super sympathische Kapelle, die in jedem Falle Bock auf den Abend macht.
Der Raum füllt sich mittlerweile und nach kurzer Umbaupause stehen auch schon Donnkov aus Jena auf der Bühne. Im Gepäck haben sie ihre aktuelle selbstbetitelte EP, sowie überzeugenden knackigen Sound. Flotte, melodische Bassriffs mit cleveren Texten und fein ausgearbeitete Irgendwas-mit-Post-Noise-Elementen vereint zu einem für eine so junge Band erstaunlich unverwechselbaren Klang, wissen zu begeistern. Das Trio spielt mit einer freudestrahlenden Präsenz, unterstrichen vom König der Grimassen am Schlagzeug und darf sich nach ihrer Show und im Laufe des Abends viel Lob von Besuchern und den anderen Bands abholen.
Eine erneute Umbaupause und durch die Gegend eilende Schlagzeugteile später, stehen mit Anorak aus Köln plötzlich fünf überaus selbstironische Herren mit Langhaar-Copy-Paste-Frisur auf der Bühne. Das Quintett wartet mit mitreißendem Post-Hardcore auf, gespickt mit Screamo-Elementen, kreischenden Gitarren und einem Sänger, der einem Flummi durchaus Konkurrenz macht. Klingt ein wenig wie City Light Thief, könnte man meinen. Als besonderes Gimmick haben die Kölner ihre Show auf Kassette aufgenommen, um sie anschließend zu verlosen. Zum Abschluss besucht Sänger Philipp das Publikum vor der Bühne mit extra Trommel bewaffnet und entlässt so in Richtung Kind Kaputt.
Das Trio aus Leipzig und Nürnberg hatte sicherlich die weiteste Anreise. Doch haben sie umso mehr Lärm und Bock mitgebracht. Besetzt mit Gitarre, Drums und Baritongitarre reißt das Dreiergespann die Kleine Freiheit ein und zimmert sie im selben Atemzug neu. Roh und ungestüm, doch mit so viel Emotion und Liebe zum Detail, dass die inzwischen nicht mehr so überschaubare Zuschauermenge auch endlich nicht mehr stillstehen kann. Im Gepäck haben sie neben Songs von ihren frühen Veröffentlichungen auch ihre neueste Single „Sterben auf Zeit“. Sänger Johannes schreit, was andere sich nicht zu sagen trauen und Drummer Mathis steht gefühlt genauso oft auf seinem Stuhl, wie er sitzt. So viel Bewegung kurbelt die Zuhörerschaft an. Eine Dreiviertelstunde Schwitzen und Keifen, dann demontiert Mathis sein Drumset noch während des Outros quasi selbst, bevor er die Bühne verlässt.
Fix auf- und umräumen, denn eine letzte Band spielt noch. KMPFSPRT sind grade auf großer Gaijin-Tour und inkludieren das Salz Fest einfach mal in den Tourblock. Die Kleine Freiheit ist sicher nicht die kleinste Venue, die das Vierergespann aus Köln auf ihrer Tour bedient, doch vermutlich das am lichtesten besuchte. Das tut der endlich befreiten Tanzwut eines Teils der Besucher zum Glück keinen Abbruch und so kommt es bei der fünften Band des Abends doch noch zum altbekannten Tanzkreis. Da wird gesprungen, jede Zeile mitgesungen, der Schweiß ins schon feuchte T-Shirt gewischt und breit grinsend das mal mehr, mal weniger lichte Haupthaar geschüttelt. KMPFSPRT bieten auch einfach einen Hit nach dem nächsten, da kann man gar nicht still oder stumm bleiben. Bassist Dennis besucht zwischendurch die Tanzenden vor der Bühne und auch der Rest der Band hat sichtbar Spaß. Doch auch die Ernsthaftig- und Wichtigkeit der Themen Rassismus, Seximus, Ausgrenzung und Nationalismus findet im KMPFSPRT-Set ihren Platz. So macht Sänger Richard in Herzschrittmacher nur zu deutlich, dass der Hass nicht gewinnen darf, nicht gewinnen wird.
Die Ausgelassenheit, die die Kleine Freiheit in den letzten 90 Minuten des Abends erfüllt, hält auch über die zwei Zugaben hinweg an und endet in fröhlichem Applaus. Auch wenn der Saal zu dieser späten Stunde schon wieder leerer ist, wird aller Orts Bier getrunken, geräumt, Merch ver- und gekauft und der guten Zeit gefrönt.
Das Salz Fest ist ein tolles Festival und wird hoffentlich noch in viele weitere Runden gehen. Man darf auf jeden Fall auf nächstes Jahr gespannt sein!