Das erstmals stattfindende Pre-Fest einen Tag vor dem eigentlichen Uncle M Fest sorgt in der heimeligen Atmosphäre der Pension Schmidt für eine Bodenständigkeit, die sich das Münsteraner Label zwar stetig für all seine Aktivitäten bewahrt, die aber wohl nirgends so gut funktioniert wie in einer gedimmt beleuchteten Bar mit urigen Stehlampen und kuscheligen Sofas als Sitzgelegenheit. Wer heute schon anwesend ist geht zu einem kleinen Klassentreffen der regionalen Musikszene, das von einem enorm abwechslungsreichen musikalischen Programm begleitet wird. Nico Laska passt mit seiner warmen Singer-Songwriter-Musik perfekt in die Gemütlichkeit der Location, lässt es sich aber trotzdem nicht nehmen, auf eine Kiste in den Reihen des Publikums zu steigen und einen lautstarken Chor anzuzetteln. Rapper Das Ding ausm Sumpf hat bei seinem Auftritt eigentlich alle Grundzutaten für eine astreine Party, der sich die genießend sitzende Hörerschaft aber nicht so wirklich hingeben möchte. Dennoch ist der Auftritt des Hip-Hoppers, der von einem Live-Gitarristen unterstützt wird, absolut beeindruckend und wohl das Highlight des Abends – besonders, als er das Publikum Stichworte auf einen Zettel schreiben lässt, die er dann in einen Freestyle einbaut. 13 Crowes passen mit ihrem räudig-melancholischen Emo-Punk dann zum Abschluss noch einmal ganz prägnant in das Roster von Uncle M – zumindest musikalisch, denn optisch erinnert das Quintett eher an durchtrainierte Beach-Boy-Instagram-Models. Diese Ambivalenz bleibt aber nur eine Randnotiz – zurück bleibt vor allem ein gelungener, sympathischer Auftritt und der gelungene Abschluss eines glückseligen Abends.
Am nächsten Tag öffnen sich um 18 Uhr die Pforten des Skaters Palace, Schauplatz des diesjährigen Uncle M Geburtstags- und Familienfestes. Nicht wenige Gäste tummeln sich bereits zwischen Tresen, Essensständen und Merchandise-Tischen. Doch nicht nur Bands und Künstler vertreiben hier ihre Fanartikel, sondern auch die Organisationen Peta Zwei, Sea-Watch, und die Craft-Beer-Marke Superfreunde. Auch die Münsteraner Bahnhofsmission ist vor Ort.
Pünktlich um halb sieben drehen Shoreline ihre Gitarren auf und stimmen auf diesen Abend voller toller Kapellen ein. Ihr melodiöser Emo-Punk machte den bereits Anwesenden sofort sichtbar Spaß und auch wichtige Ansagen gegen Diskriminierung finden in dem kurzen Set Platz. Die nächsten auf dem Timetable sind der absolute Geheimtipp des Abends. Press Club sind eine vierköpfige Indie-Punk-Formation um Frontgirl Natalie Forster aus Melbourne in Australien. Der große Raum vor der Bühne füllt sich schnell und als das Quartett die Bühne betritt, beginnt ein 25-minütiger Gute-Laune-Headbang-Trip, während dem Forster permanent von unten nach oben, von rechts nach links und von hinten nach vorne hetzt und kess ins Publikum grinst. In der Luft liegt viel Liebe für diese Band, die es nach nur zweieinhalb Jahren Geschichte schon nach Europa geschafft hat. 25 Minuten sind jedoch schnell rum. Mit ihrem Hit „Suburbia“ und entsprechenden Singalongs und Dankeschöns verabschieden sich die vier.
Next up sind Pkew Pkew Pkew aus Kanada. Das Punkquartett wirkt optisch zu alt für seinen Bandnamen, doch das Publikum drängt sich vor der Bühne und beweist erstmalig umfassende Textsicherheit und Durchhaltevermögen beim im Takt springen. Fuchtelnde Arme, aufgesperrte Schnäbel und breites Grinsen kennzeichnen den Blick vor die Bühne. Auf ebenjener ist die Laune jedoch mindestens genauso gut und irgendwie tragen Pkew Pkew Pkew, deren korrekte Aussprache erst Dave Hause später aufzuklären weiß, spürbar zum musikalischen Reifegrad des Abends bei. Ein wenig aus dem Genre-Rahmen fallen Trade Wind um Stick-To-Your-Guns-Frontman Jesse Barnett an diesem Abend vielleicht, die großen Lücken im Publikum überraschen dann aber doch. Umso intensiver werden der Schmerz und die Einsamkeit, die in Trade Winds sphärischem Gitarrenrock stecken, jedoch spürbar. Leider beginnt das Quartett etwas verzögert und schafft es nicht den Gesamteindruck, nur zwischen Tür und Angel auf der Bühne zu stehen, loszuwerden. Musikalisch jedoch ein absolutes Highlight des diesjährigen Uncle M Festes, auch wenn insbesondere „No King But Me“ als Opener beinahe gänzlich wirkungslos untergeht.
Der von Trade Wind mitgebrachten Melancholie setzen Spanish Love Songs großartige Gute-Laune-Tunes entgegen. Das Quintett aus Los Angeles präsentiert sein aktuelles Album „Schmaltz“ und gibt selbstverständlich auch alte Klassiker zum Besten. Die Halle ist inzwischen rappeldickevoll und singt, klatscht und nickt bis in die letzten Reihen mit. Spanish Love Songs fühlen sich sichtbar wohl auf der familiären Uncle M Bühne und managen es mit einer ansteckenden Leichtigkeit, vor der großen Menschenmenge aufzuspielen. Die in der Luft liegende Lebensfreude erreicht einen amüsanten Höhepunkt, als Frontmann Dylan Slocum sich überschwänglich bei allen Anwesenden und den Veranstaltern bedankt und Mirko Gläser sowie Alex Schlage von Uncle M im Eifer des Gefechts den neuesten Song „Losers“ widmet – definitiv ein Anekdoten-Moment.
Eine weitere Anekdote liefert der Headliner des heutigen Abends, Dave Hause And The Mermaid aus Philadelphia. Nebst einem ausgedehnten Set an treibenden Rock'n'Roll-Songs und authentischen Animationseinlagen klärt der an Bruce Springsteen erinnernde Hause darüber auf, wie man „Pkew Pkew Pkew“ ausspricht. Nach mehrfachen gescheiterten Versuchen hat es dann auch der letzte im Publikum verstanden und ein schallendes „Pkew! Pkew! Pkew!“ tönt den Musikern auf der Bühne entgegen. Der späten Stunde und dem gestiegenen Altersdurchschnitt während des Auftritts ist es vermutlich geschuldet, dass sich nach und nach die ersten Lücken im Publikum auftun, während direkt daneben noch inbrünstig bis zum letzten Akkord der Zugabe mitgefiebert wird.
Resümiert man diesen bunten Abend an exzellenter Musikauswahl, so muss wirklich jeder auf seine Kosten gekommen sein. Kulinarisch, kulturell und musikalisch erst recht. Nur das Beste zum Geburtstag, Uncle M! Prosit auf ein weiteres Release-reiches, biergeschwängertes, heiteres Jahr!