Das Schönste am Urlaub ist, dass ich auch unter der Woche problemlos nach Leipzig fahren und mir Konzerte geben kann. Zwar erwartet mich deswegen eine eher kurze Nacht, am nächsten Tag geht es dann nach Düsseldorf Punkt 7 Uhr mit dem Zug zu Rise Against, aber dennoch habe ich mächtig Bock. „Schackilacki“ hat mir sehr gut gefallen, umso freudiger warte ich auf die neuen Lieder im Set. Vor dem Conne Island warten bereits Kollegen Schmidti und Hetti, die ich bereits nicht mal eine Woche zuvor auf dem Monsters Of Liedermaching Konzert getroffen hatte. Nach kurzer freudiger Umarmung ging es dann rein in die gute Stube und erst mal einen Rundgang machen.
Meine Erwartungen im Vorfeld hielten sich publikumstechnisch in Grenzen. Bei The Prosecution ging der Termin unter der Woche leider ordentlich in die Hose, heute sind bereits zu Beginn des Konzertes eine gut gelaunte Menge da, die sich auch Menge schimpfen darf. Mit Der Wahnsinn betritt eine meiner Lieblings-Supportbands des Jahres die Bühne, bei besagtem The Prosecution Konzert haben mir die Zwei schon mächtig gefallen.
Der Wahnsinn als Support
Schnell gelingt es der Band, aus dem noch ruhigen Haufen eine zumindest wabbernde Masse an Körpern zu machen. Mittlerweile gibt es sogar schon textsichere Konzertgänger und so sind die Hits wie „Paguda“ untermalt vom Publikum. Der Wahnsinn sind inhaltlich solide und performen sehr unterhaltsam ihr Programm. Der Schlagzeuger hat unbestreitbar heute die schönste Mähne, da kommt sogar bei mir ein gewisser „Haarneid“ auf.
Intro? Wer braucht schon ein Intro!
Nach dem ordentlichen Einheizen heißt es nun gleich „Licht aus, Spot an“ für Montreal. Also zumindest nach dem nochmal ganz kurz ein Soundcheck durch ist. Kurz ein „Hey ho“ in die Mikros, den Bass angezupft, die erste Reihe abgefaustet, Max Power rödelt sich nochmal durch sein Schlagzeug. Als die Bühne geräumt ist, bin ich bereit für ein super witziges Intro mit Medleys aus alten Songs, dazu eine fulminante Licht-Show, während die Band sich hinter dem Vorhang bereits positioniert und man nur schemenhaft die Silhouetten der Künstler erahnen kann.
Montreal hatten da aber andere Pläne, deswegen kommen die Drei „einfach so“ auf die Bühne und befüllen noch fix ihre Becher. Darf man das? Einfach so auf die Bühne und lediglich mit einem „Moin“ auf den Lippen. Bodenständig oder einfach nur Faulheit, mir passt beides. Nachdem dann erst einmal kurz abgefragt wurde, wer heute „vom Highfield“ da ist oder aus Leipzig oder sonst wo herkommt, beschließt die Band, mit dem Konzert anzufangen.
Mit „Kino?!“ geht es gleich richtig zur Sache und ich merke, wie der Song bereits bei jedem Konzertbesucher sitzt. Entspannt und witzelnd geht es durch das Set. „Zucker für die Affen“ und „U-Bahnlinie 2“ wecken auch die letzten Rumtreiber auf und für einen Donnerstag ist die Hütte sowie die Menge gut gefüllt. Ich beschließe aufgrund des mir noch vorliegenden Programms heute einen eher ruhigen zu machen und lasse mich nur gelegentlich treiben.
Während die Band sich so durchs Set schrubbt, bemerke ich, wie verloren die drei Jungs da eigentlich auf Grund der Größe der Bühne aussehen. Zwischen den Saitenzupfern ist ein ewig großer Abstand und Max Power ist derart an das hintere Ende der Bühne mit seinem High-Riser gepflanzt, dass da kein Papier mehr dahinter passen würde. Dafür ist die Mitte schön frei und das haben dann endlich auch ein paar der Jüngeren im Publikum begriffen. Die Surfsaison wird bei „Mädchen aus Berlin“ feierlich eröffnet und nimmt auch bis zum Schluss des Konzertes kein Ende.
Max Power und der Sambuca
Natürlich dürfen die üblichen Späßchen nicht fehlen, wobei aber auch gleich gesagt werden muss, dass Montreal Publikumsmitarbeit nicht inflationär missbrauchen. Lediglich für eine Ladung Sambuca muss die Meute mal was für ihr Geld tun. Max Power lässt sich über die Köpfe der Leute hinweg zur Bar surfen, empfängt auf Bestellung ein Tablet mit drei brennenden Sambuca und wird wieder zurück befördert. Die Bar hat heute allerdings einen Anfall von DIY und schickt einfach das Feuerzeug mit, anstatt die Schnäpschen gleich zu flambieren. Nach dem Verzehr der Lieferung sowie des „Backup-Sambucas“ geht es mit dem Evergreen „Max Power“ weiter, welcher mir noch, während ich diese Zeilen tippe, als Ohrwurm durch den Gehörgang klingelt.
Kurze Zeit später kommt es zum Song „120 Sekunden“ von der neuen Scheibe, der in der Tat exakt 120 Sekunden lang ist. Dass das „liedgewordene Zeitmaß“ auch live funktioniert, beweist die Band gleich mal. Der Wahnsinn hält als Notar und Zeitmesser eine digitale, große Stoppuhr und so werde ich Zeuge einer notariellen Beglaubigung. Das Kunststück gelingt, die Uhr zeigt zwei Minuten mit dem letzten Ton.
Damit ist nun auch der Schlusssprint eingeleitet. „Pullover“, „Das falsche Pferd“ und „Osnabrück“ lassen nochmal ordentlich beben und mit „Musik in meinen Ohren“ und „Tag zur Nacht“ endet dieser schöne Donnerstag Abend in Leipzig.