Gibt es eigentlich schlechte Musik aus Australien? Diese Frage stelle ich mir schon um einiges länger, aber wo ich gerade schwitzend nach dem Press Club Konzert im Späti um die Ecke stehe und versuche zu verarbeiten, dass ich wohl gerade auf einem Top 5 Konzert in 2024 war, glaube ich fast nicht. Denn egal welche Band aus dem Land am anderen Ende der Welt ich in letzter Zeit gesehen habe, alle haben mich unfassbar beeindruckt.
Fangen wir aber von vorne an. Ich fahre mal wieder nach Berlin und das mache ich nur für besondere Bands oder Abende. Press Club spielen zwar einen Tag nach dem Berlin Gig in Dresden, jedoch sagt mein Terminplan dazu ganz klar „Nein!“, daher stehe ich nun nach einem hervorragenden Burger und einem sonnigen Tag in der Hauptstadt im wunderschönen Frannz Club, welchen ich damit auch von meinem Zettel der Locations streichen kann, die ich nie besucht habe. Die haben übrigens 'nen Biergarten, und eventuell saß ich da bis Konzertanfang drin und hab kurz das Leben genossen.
The Runnings
Pünktlich zum Start stehe ich aber wieder vor der Bühne. The Runnings sind der Support des Abends und trotz ihres Newcomer-Status keine Neulinge für mich. So höre ich Bassist Sebastians andere Band Chartreux sehr regelmäßig und habe sie vor knapp einem Monat erst mit Spanish Love Songs im Conne Island gesehen. The Runnings sind allerdings musikalisch sehr anders. 77er-Punk, dem ich ja gern mal skeptisch gegenüberstehe, trifft hier auf maßlos viel Energie und der hervorragenden Stimme von Sängerin Laura. Die Band spielt dabei ein ziemlich ausgedehntes Set, was beeindruckt, wo die Band doch bisher so nur wenige Songs veröffentlichte, dafür aber schon recht viele Konzerte spielen konnte. Allein das spricht für Qualität, die hier absolut bestätigt wird. Die Energie ist zumindest auf der Bühne herausragend, das Publikum mag das zu Sehende zwar, bewegt sich aber nur spärlich, schade.
Press Club
Bei Press Club sieht das dann sehr anders aus. Mir wurde vorher angekündigt, dass wenig los sein wird, das hat sich wohl nochmal geändert. Der Laden ist proppenvoll und bereit, beim ersten Song „Eugene“ steht niemand mehr still. Vor allem eine Person tut dies den ganzen Abend nicht. Natalie Foster am Mikrofon hüpft wie ein Flummi durch die Gegend und ist gefühlt mehr im Publikum als auf der Bühne. Generell gibt es kaum Verschnaufpausen in der knapp mehr als sechzigminütigen Show. Songs wie „Get Better“, „Endless Motion“ oder die Abschlusshymne „Suburbia“ sind nur drei der absoluten Highlights, die das Publikum in Gänze lauthals mitbrüllt und sich dabei noch in immer größer werdende Moshpits verwandelt. Zwischendrin wird mal ein Song mit Live-Saxofone untermalt (das passierte übrigens wirklich nicht bei jedem Tourstopp, wie auf der Bühne propagiert), dann klettert Natalie auf den Bartresen und surfed über die Crowd zurück und so viel mehr. Vor allem begeistern aber auch Press Club wie schon The Runnings mit der absolut hervorragenden Qualität ihres Auftritts. Soundmäßig ist das Bombe, die Ansagen sympathisch und auch die Setlänge genau richtig, dass man morgen keinen Muskelkater wie nach einem Marathonlauf hat. Lohnt es sich dafür also nach Berlin gefahren zu sein? Ja, aber sowas von, auch wenn ich mal wieder kein feuchtes Handtuch dabei habe, obwohl ich es jetzt gerade sehr dringend bräuchte. Zum Glück ist es weiterhin lau draußen!