Wir schreiben das Jahr 2018, an drei aufeinanderfolgenden Konzertabenden nimmt die Flensburger Band Turbostaat zu ihrem 20-jährigen Jubiläum das Livealbum „Nachtbrot“ auf und bringt damit eine der bis heute besten Live-Platten raus. Heute, im Januar 2024, schafft es die Band erneut im Conne Island vor ausverkauftem Haus zu spielen. Nun sollte dieses Konzert ursprünglich zur Rattenlinie Nord Tour stattfinden, dass diese anfing, ist mittlerweile vier Jahre (!) her. Pandemie und eine Krankheit in der Band führten zu Verschiebungen ohne Ende und jetzt heißt sogar die Tour anders, denn wir befinden uns mittlerweile im Zyklus der zweiten „Der Weiche Kern“ Tour.
Spacemaus
Den Anfang machen jedoch Spacemaus aus der Stadt, welche mit Augenmasken und in Schwarz auf die Bühne treten und dem schon gut gefüllten Conne Island knapp über 30 Minuten ihren kritisch-rotzigen Punk entgegenspucken. Highlight der Song „Leipzig stinkt“, in welchem es darum geht, dass man in Kneipen nicht mehr rauchen darf. Lowlight des ganzen Abends war jedoch klar der Typ, der auf den Bericht von Sarah (die Bassistin der Band), dass es sehr warm auf der Bühne ist und die Thermoleggings unnötig war, unbedingt „Ausziehen“ brüllen musste. Neandertal lässt grüßen. Fand niemand lustig, vor allem die Band selbst nicht, die es sofort kritisch kommentiert und das nicht nur einmal. Gern hätte ich gesehen, wie klein diese toxische Persönlichkeit wurde, als Sarah es nach dem Song noch einmal genau angesprochen hat und betonte, wie unangenehm, unangebracht und dämlich solche Kommentare sind. Spacemaus konnten mich überzeugen und so eine Ansage machen gibt ganz große Sympathiepunkte.
Turbostaat
Turbostaat starten mit "Fraukes Ende". Jap mal eben direkt zum Vollsprint ansetzen und auch erst mal für eine halbe Stunde nicht auslaufen lassen, so ging das ganze hier voran. Generell haben wir eine sehr bunt gemischte und herausragende Setlist vor uns. Neben den Evergreens wie „Haubentaucherwelpen“, „Schwan“ oder „Insel“ schallert uns die Flensburger Truppe auch Songs wie „Schwienholt“, „Sohnemann Heinz“ und sogar „Ufos im Moor“ um die Hörmuscheln. Und meine Güte macht das phasenweise Bock, egal ob im Endteil von „Ruperts Grün“, dem allseits bekannten Teil von „Insel“ oder dem gänsehauterregenden Chor von „Stormi“ am Ende. Turbostaat schafft es jedes Mal aufs neue, mit simpelster Bühnenpräzens und vor allem ohne großes Trara ein herausragendes Konzert zu veranstalten. Jedoch, und das anzusprechen ist mir wichtig, war das Publikum teilweise nicht mein Favorit. Anfang Dezember 23 war ich genau hier bei Captain PlanET und schrieb über die Crowd „[...]Außerdem, wie lieb kann ein Publikum sein? Nachdem mittlerweile selbst bei Turbostaat mit Ellenbogen gepogt wird (no Front gegen Turbostaat), war dieser Pit so respektvoll, so schön, so freundlich, wie ich ihn noch nie erlebt habe.“ , ich hätte nicht gedacht, dass diese Zeile noch mal ein Aufhänger wird, denn stellenweise machten einige Menschen im Publikum so gar keinen Spaß. Denn wenn du resistent wie ein Riff in einem Pit stehst und nicht einsiehst, dass du halt falsch stehst, wenn du dich nicht bewegen willst und die Leute aggresivst wegschubst, wenn du in einem Bereich um dich schubst, wo die Leute einfach nur stehen und gucken, du deine Ellenbogen ausfährst und damit auf der Kopfhöhe einiger Leute bist aber absolut gar kein Interesse daran hast aufzupassen oder du unnötig viel Platz einnehmen musst, dann solltest du noch mal nachdenken, ob du wirklich weiter auf Konzerte gehen willst, auf denen getanzt werden darf!
Aber hey, weder ist das Turbostaats Schuld noch die des Conne Islands oder dem Großteil der Crowd. Diese war wieder textsicher bis zur letzten Silbe, hatte wahnsinnig viel Bock und verwandelte den Laden schnell in ein Dampfbad der Emotionen. Dazu dann noch die wohl sympathischste Band des Nordens, im besten Club Leipzigs und ein ganz großer Hinweis in Richtung „Wir kommen wieder hier her, dann aber mit neuer Musik“. Diesen Ausblick kann man doch mal wertschätzen, ich werde wieder genau hier stehen, versprochen!