„Heroin“ ist ein düsterer Song, der nicht so recht in das Jahr 1967 passen will, in dem die Beatles „All You Need Is Love“ verkündeten. Dabei sahen The Velvet Underground bloß genauer hin, als die, die sich noch im Summer of Love wähnten. Amerika führte einen Krieg, weit weg in Vietnam. Die jungen Soldaten, die in ihm kämpften, brachten neben ihren körperlichen und seelischen Wunden auch das mit zurück, was diese erträglich gemacht hatte: Heroin.
Songwriter Lou Reed, der auch eigene Erfahrungen in dem Track verarbeitete, verzichtete auf große Metaphern und moralische Urteile, schwankt in seiner Schilderung zwischen der Euphorie des Rausches und der Realität der Sucht. Mit der Nadel im Arm sind Himmelreich und Hölle gleich nah und die Welt ganz weit weg. „Heroin“ spricht er aus wie den Namen eines oder einer Liebsten. Die avantgardistische musikalische Begleitung lässt diese Erzählung dabei fast körperlich spürbar werden. In „Heroin“ findet sich schon die Grundessenz dessen, was 30 Jahre später als Post-Rock bekannt wird. Der Song baut sich über die sieben Minuten immer wieder auf und fällt mehrfach in sich zusammen. Das Tempo schwankt, die Trommeln setzen aus, dann das kreischende Feedback der elektrischen Viola. In den Gesang mischt sich in ein schmerzvolles Lachen. Und dann wieder Ruhe. Die Sucht scheint für den Moment befriedigt. Oder ist das endlich der Tod, den sich das lyrische Ich so sehr wünscht? Der Song endet mit den Worten: „I guess I just don’t know“.