Editorial Juni 2022: Ein Sommer wie einst?
02.06.2022 | Jakob Uhlig
Liebe Leser:innen,
seit langer Zeit fühlte sich die Musikwelt nicht mehr so selbstverständlich und normal an, wie sie es gerade ist. Nach langem Entzug großer Events ist aktuell das wieder möglich, was uns lange Zeit nicht mehr vergönnt war: Das Besuchen von Konzerten ganz so wie früher, fast immer ohne Beschränkungen. Nur der regelmäßige Ausfall von Touren, weil irgendein Bandmitglied Corona erwischt hat, reißt uns immer wieder dann doch kurz in die Realität zurück, in der immer noch eine Pandemie unser Leben bestimmt. Dass wir - vielleicht auch aus anderen Gründen - gleichzeitig immer noch einen anderen Bezug zu Musik haben, zeigen uns auf der anderen Seite gerade auch die flächendeckend geringeren Ticketverkäufe im Vergleich zur vorpandemischen Zeit. Die Menschen von Grand Hotel van Cleef haben sich gerade erst dazu geäußert und sehen sich sogar veranlasst, als Anreiz lebenslange Label- und Kettcar-Gästelisten unter allen Ticketkäufer*innen zu verlosen. Vielleicht ist es doch noch kein Musiksommer wie jeder andere.
Die Kunst selbst aber wird gerade in solchen Zeiten immer der stärkende Faktor sein - egal, mit welcher Lebensrealität wir selbst uns gerade konfrontiert sehen, ob erlöst auf dem Campingplatz von Rock am Ring oder in Gedanken über den aktuellen Stand der Musikindustrie. Ordentlich Wut im Bauch haben in diesem Monat Petrol Girls, die sich in den letzten Jahren als eine der Garantbands für unheimlich einnehmenden feministischen Punk etabliert haben und im Juni mit einer neuen Platte am Start sind, deren Vorabtracks bereits unheimlich vielversprechend klingen. Für die Hip-Hop-Schiene hat Alt-Rap-Titan und Ex-Deichkind-Mitglied Ferris in diesem Monat eine neue Soloplatte im Gepäck, Wolf Alice haben eine neue EP mit "Lullaby Versions" ihrer Musik in der Pipeline. Und wir haben einen neuen Kandidaten für den besten Bandnamen aller Zeiten: Hildegard von Binge Drinking veröffentlichen eine neue Platte.
Wie immer füllen wir diesen Monat aber auch mit unseren Gedanken zu Musik, die nicht unbedingt immer den Anspruch von Aktualität haben muss. Wir diskutieren über Rap-Netzwerke, gedenken in der Retro-Review einem Post-Hardcore-Giganten und sogar der Kölschen Musikkultur. Bei "Unter dem Radar" haben wir in diesem Monat den Songwriter Joschka Brings zu Gast.
Egal, was euch in diesen Zeiten gerade beschäftigt - ich wünsche euch den besten Umgang damit und hoffe, dass die Musik vielleicht ein Anker dazu sein kann. Wie immer viel Spaß beim Lesen unserer Beiträge!
Jakob für die Redaktion
Jakob Uhlig
Jakob kommt aus dem hohen Norden und studiert zur Zeit historische Musikwissenschaft. Bei Album der Woche ist er, neben seiner Tätigkeit als Schreiberling, auch für die Qualitätskontrolle zuständig. Musikalisch liebt er alles von Wiener Klassik bis Deathcore, seine musikalische Heimat wird aber immer die Rockmusik in all ihren Facetten bleiben.