Editorial: Themenmonat „Around The World“
01.03.2020 | Jakob Uhlig
Wir schreiben das 21. Jahrhundert und sind vernetzt, mobil und globalisiert wie nie. Das Internet öffnet uns Türen und Toren zu den entlegensten Phänomenen der Welt, der Sprung zwischen zwei Kontinenten ist nur einen Flug entfernt. Seltsam eigentlich, dass unser musikalischer Horizont in einer derartig zugänglichen Welt trotzdem so westlich zentriert ist. Dass die Charts überwiegend von deutschen und US-amerikanischen Künstlern beherrscht werden ist die eine Sache, dass fast alle gängigen Pop-Genres ihren Ursprung in den Staaten haben eine andere. Wir sind weltoffen, aber kulturell ist unser Horizont doch begrenzter, als wir manchmal wahrhaben wollen.
Im Themenmonat „Around The World“ wollen wir unseren Blick für Musik außerhalb unserer Blase schärfen und beschäftigen uns mit Künstlern uns Stilen aus aller Welt. Dabei haben wir nicht nur erfahren, wie die Sounds anderer Kontinente klingen, sondern auch, unter welchen Umständen sie entstehen. Ganz besonders interessant war in diesem Zusammenhang unser Gespräch mit Fawaz Al-Sharaf, dem Sänger der saudi-arabischen Metal-Band Creative Waste. Die Gruppe machte Ende letzten Jahres auf sich aufmerksam, weil sei das allererste offizielle Metal-Konzert in einem Land spielen durfte, das jahrzehntelang jedwede Form freier Kultur unterdrückte. Herausgekommen ist ein spannendes Gespräch über Kunstschaffende unter restriktiven Regimes, geheime Konzerte und die immerwährende Gefahr, für die eigene Musik ins Gefängnis zu wandern. Auch in Russland muss man Konsequenzen fürchten, wenn man politische Musik macht – das hat besonders der Fall Pussy Riot vor einigen Jahren bewiesen. Felix hat sich der russischen Musikszene anhand der Band Shortparis genähert.
Nach Asien haben wir gleich mehrere Blicke geworfen und haben mit Menschen gesprochen, die sich dort selbst einen Einblick von der Kultur verschaffen konnten. Wir haben unter anderem ein Interview mit Diana und Felix von A Global Mess begeben, die sich für einen Dokumentarfilm auf eine Reise in die dortigen Punk-Szenen begeben haben. Außerdem führten wir ein Doppelgespräch mit Turbobier und KMPFSPRT, die sich beide bereits auf Konzertreisen gen Osten begeben haben. Was passiert, wenn ein nicht-westliches Phänomen doch mal unseren Kulturkreis erreicht, haben wir am Beispiel des gerade hypenden K-Pops untersucht.
Schließlich wagen wir noch einen Blick in die umgekehrte Richtung: Was passiert eigentlich, wenn deutsche Musik plötzlich ihren Platz in den ausländischen Trends findet? Kai hat sich dazu mit Solitary Man Records beschäftigt. Das von den Donots gegründete Label exportiert deutsche Releases nach Japan und ist ein spannendes Beispiel für internationalen Vertrieb im Indie-Bereich. Moritz gibt zuletzt noch einen Überblick über deutsche Hits, die auch über den deutschen Raum hinaus Aufmerksamkeit gewinnen konnten.
Wir wünschen euch wie immer viel Spaß beim Lesen und freuen uns auf die kommenden Artikel!
Jakob Uhlig
Jakob kommt aus dem hohen Norden und studiert zur Zeit historische Musikwissenschaft. Bei Album der Woche ist er, neben seiner Tätigkeit als Schreiberling, auch für die Qualitätskontrolle zuständig. Musikalisch liebt er alles von Wiener Klassik bis Deathcore, seine musikalische Heimat wird aber immer die Rockmusik in all ihren Facetten bleiben.