Vor Gericht: Bühnenoutfits im Kreuzverhör
13.03.2022 | Album der Woche Redaktion
Joe Cocker trifft mit seinem Batik-Outfit einen Trend, der heute wieder ganz hoch im Kurs steht. Manche würden das Retromanie nennen, ich nenne es im Gegenteil Weitsicht für den Puls der Zukunft. Und sowieso kann man in solchen Shirts immer gut Kaffeesatzlesen spielen. Was seht ihr im Cocker-Shirt? Eine Galaxie? Einen fauchenden Tiger? Einen Hinweis auf den Release des sechsten System-Of-A-Down-Albums?
Den Batik-Look umgibt seit jeher eine schwerelose Zeitlosigkeit. Ein Riesenglück, dass sich ausgerechnet die friedfertige Hippiebewegung diesen Trend gesichert hat, nicht auszumalen, wer es sonst getan hätte. Doch zum Protagonisten: Die Jeans sind ebenso zeitlos wie das Oberteil. Besonderes Augenmerk gilt definitiv der Haarpracht, zur zotteligen Mähne gesellt sich gottlob kein Schnurrbart sondern ein Backenbart beinahe epochalen Ausmaßes. Sagen wir es, wie es ist: Auf wie neben der Bühne geile Type.
Batik-Looks sind schon so eine Sache. Einmal nicht aufgepasst und schon hat man das Auge Saurons auf die eigene Brust beschworen – so wie in diesem Fall. Zeitlos? Nein. Gruselig? Ja.
Subtil, elegant, unaufdringlich: Diese Band weiß, wie man durch die kleinen Akzente begeistert. Ich selbst habe mich davon inspirieren lassen und habe mittlerweile die FFP2-Maske durch eine Lordi-Fratze ersetzt.
Dezenz ist Schwäche, das wussten Lordi auch schon bei ihrem epochalen Sieg beim Eurovision Song Contest. Dieser wunderbare Moment, als die Sieger sich strikt weigerten ihre Masken zur Prämierung abzusetzen. Und auch wenn in den martialischen Outfits wahnsinnig viel los ist, so sind es doch die Kopfbedeckungen, die nochmal eine ganz andere Dimension von Blickfang eröffnet. Die golden glänzende Mütze mit dem weißen Plüschrand ist das eine, der Finnland-Zylinder besitzt aber unendlich Swag!
Auch Lordi haben sich der Herr-der-Ringe-Thematik bedient und sich für das Ork-Cosplay entschieden. Dass sie dabei die LoR-Convention mit dem ESC vertauscht haben, sei ihnen verziehen. Schließlich rennen dort ebenso verkleidete Zwerge über die Bühne – doch dazu später mehr.
Wie sehne ich mich als König der Läuche nach der Zeit, in der man als schlaksiger unmuskulöser Mann als Sexsymbol galt - obwohl ich das bei AdW auch heute noch schaffe, wenn man einem gewissen Johannes Kley Glauben schenkt. Freddy Mercury jedenfalls hat es irgendwie auch ohne Sixpack auf den Thron der Ikonen geschafft. Mein Tipp: Es liegt an der galant inszenierten Krawatte.
Freddie Mercury ist wohl die Form von Sex-Symbol, mit der ich mich identifizieren kann, denn er ist nach so ziemlich keinem klassischen Schönheitsideal ein Schönheitsideal. Unumstritten ist dennoch sein unendlicher Sex-Appeal. In diesem Outfit ist weniger los als bei manch anderem des Queen-Frontmanns und dennoch gibt es einiges zu bewerten. Beginnen wir bei der legère getragenen Krawatte, die frech auf Brusthöhe baumelt. Ein kleiner Punk in allem was er tut. Trotz Lederhose wird er wohl kein Mitglied irgendeines Trachtenvereins, aber er hätte es verschmerzen können, denn die Kombination aus roter Lederhose und schwarzem Lederband als Gürtel hat so viel mehr Stil als jede Krachlederne.
Zunächst aber zu einem tatsächlich gelungenen Bühnenoutfit, ein Klassiker geradezu, auch wenn außer Hose und Krawatte nicht viel von Kleidung die Rede sein kann. Und um einmal ehrlich zu sein: Freddie Mercury hat auch das Micky-Maus-T-Shirt zum ikonischen Accessoire erhoben. Der Typ kann einfach alles tragen, und es wirkt stylisch.
Der Bandname ist wahrscheinlich das Resultat eines blinden, festen Hauens auf die Tastatur. Das Bühnenoutfit wiederum wurde offensichtlich entworfen, indem man mittels der selben Methodik einen Zalando-Warenkorb befüllt hat.
Die Truppe aus der Republik Moldau hatte mich 2011 beim Eurovision Song Contest nicht nur mit ihrem Song "So Lucky" überzeugt, das Outfit hatte mich sofort. Ich darf hiermit einen exklusiven Blick hinter die Kulissen der Kostümbildner:innen gewähren: "Maaaaaamaaaaaaa! Wir wollen uns verkleiden für den Song Contest! Dürfen wir?" - "Meinetwegen. Aber neu gekauft wird nix! Nur was noch auf dem Dachboden ist!" Pech oder Glück, dass außer Zipfelmützen, einem Prinzessinenkleid und komischen Jacken nix mehr da war. Aber dennoch war der Auftritt einprägsamer als alle folgenden ESCs zusammen.
Zurück zu den Zwergen. Habt ihr euch jemals gefragt, warum in Horror-Filmen dauernd Kinder vorkommen? Die Lösung ist ganz einfach: Kinder sind verdammt gruselig. Erwachsene, die sich als Kinder verkleiden hingegen machen eigentlich nur aggressiv. Ob sich diese Hüte auch auf Kirmes-Schießständen wiederfinden?
Keith Flint hat in seinem Style ein leicht zu erkennendes Thema: In der Mitte bedeckt, an den Seiten nackt. Zur Vervollständigung des Outfits fehlt nun als Unterteil aber noch eine Genital-Socke à la Red Hot Chili Peppers.
Keith Flint ist vollkommen zu Recht eine unsterbliche Ikone, doch in seinem Look gab es Optimierungsbedarf. Die Frisur eines Technoboys, Make-Up, danach eher so Fernfahrer Horst auf dem Weg von Gelsenkirchen-Buer nach Rasgrad. Jedem nach seinem Geschmack.
Wenn man jemals jemanden abkaufen konnte, der „Firestarter“ zu sein, dann war es Keith Flint. Hot.
Also mehr Klischee ging jetzt wirklich nicht, oder? Nietenlederhose, wallendes Haar UND Motörhead-Shirt? Könnte nicht wenigstens die Wahl der Merch-Band etwas origineller ausfallen, um nicht völlig wie das erste Suchergebnis für "Metal" auf Shutterstock auszusehen? Ein Kora-Winter-Shirt wäre ein Anfang.
Doro Pesch macht müde. Wie sehr Metal kann eine einzige Person denn bitte sein wolle0,n ohne es so richtig zu sein? Mehr als Klischees kann die Frau dann leider nicht. Viel Leder, sehr viel Leder. Meine Güte ist das viel Leder. Nicht Metal genug? Nieten, wir brauchen Nieten! Und dann noch ein Bandshirt. Warum sie sich nicht für METALlica entschlossen hat, weiß man nicht, denn schließlich hätte das auch ein jeder mitbekommen, wie Metal die Frau doch ist. Aber wahrscheinlich hat Captain Obvious sie nicht gelassen.
Keine Ahnung wer das ist, doch die Dame sieht aus wie die strasssteinbesetzte Handyhülle einer Oligarchen-Tochter. Mit Sicherheitsfolie wäre dieses Outfit sicherlich Haute Couture.
Nina Hagen hat es irgendwie geschafft, gleichzeitig wie eine Barbiepuppe, eine Matrosin, ein Pin-Up-Girl und eine Schlange auszusehen. Aber bei dem Look ist mir nun auch sehr klar, warum Michael auf keinen Fall den Farbfilm vergessen durfte.
So viele Farben tragen und trotzdem irgendwie düster wirken, dass kann nur Nina Hagen. Und auch die verschiedenen Looks, die sie vereint - sie passen weniger nach Köpenick als vielmehr auf die Reeperbahn, in allen möglichen Funktionen. Überragende Person! Aber großer Kritikpunkt: Die einzigen, die Schlangenoptik tragen sollten, sind Schlangen. Kann man sich eigentlich gut merken.
Ich präsentiere: Die Harley Quinn Ost-Berlins. Gut, dass der Farbfilm wieder aufgetaucht ist.