Schrottgrenze und „Alles zerpflücken“: Ein Album, in dem Platz für Utopie ist
18.10.2019 | Meret Stursberg
Menschen, Liebe, Tatendrang, eigene Geschichten – Schrottgrenze bleiben charakterstark mit der guten Portion Ohrwurmfaktor. Die Band selbst bezeichnet das Album als „bunte, hittige Wundertüte aus Power-Pop & Punkrock, Queerfeminismus & Genderwahn, Trotz & Träumen, Party, Politik und Love!“ und besser kann man es gar nicht ausdrücken! Ein tanzbarer Mix aus Pop-Punk und Indie – melodische Rhythmen und Gesang, Pop-Punk-typische Gitarren. Diesmal als besonderer musikalischer Input: das Feature mit Rapperin Sookee in „Traurige Träume“, in dem Schrottgrenze Rassisten angreifen und nach mehr Liebe verlangen. Zwischen härteren Punk- und Indie-Songs wie „Alles zerpflücken“ ist natürlich auch Platz für verträumtere und melancholische Songs wie „Sog“.
Das Album setzt thematisch da an, wo das letzte aufgehört hat: Von „Lieb doch einfach wen du willst“ zu „Life is queer my dear“ - klare Aussagen im Sinne der LGBTQ-Bewegung über die Probleme und Herausforderungen jemandes, welcher nicht dem heteronormativen Modell der Gesellschaft entspricht. Jemand, der seinen Platz in der Gesellschaft nur im überzogenen Klischee findet. Das muss sich ändern! Schrottgrenze erheben die Stimme für mehr Gerechtigkeit, auch für Randgruppen. So haben jene außerhalb aufgedrängter Gesellschaftsstandards die Möglichkeit, sie selbst sein zu können und der Welt zu zeigen, was in ihnen steckt. Ein Wunsch nach Gleichberechtigung, Anerkennung und frei zu entscheiden, wie man sein möchte. Danach verlangt es Sänger Alex Tsitsigias (auch bekannt als Saskia Lavaux) aus tiefstem Herzen, frei nach dem Motto: „Ein bisschen boi, ein bisschen queen, always in-between“.
Wertung
Mit Musik kann man Leute erreichen und sich einsetzen. Schrottgrenze machen auf eine Problematik aufmerksam, welche nach wie vor zu wenig Aufmerksamkeit bekommt. Die Band gibt nicht anerkannten Menschen eine Stimme und die Chance, sich frei zu fühlen. Damit allein hat das Album schon beeindruckt. Musikalisch zählt hier auch die Freiheit, sich aus den liebsten Musikrichtungen das Beste zu nehmen. So passt auch die Musik perfekt zur Aussage: Man muss sich gar nicht immer klar für eine Sache entscheiden - die Mischung machts.
Meret Stursberg
Momentan studiert Meret Philosophie in Düsseldorf und arbeitet ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe, treibt sich aber ansonsten die ganze Zeit auf Konzerten oder Festivals quer durch Deutschland und in anderen Ländern rum. Sie liebt Reisen und lernt auch im Ausland viele interessante Musiker kennen. Ansonsten spielt sie selber mehr schlecht als recht Bass in einer kleinen Punk-Band. Musikalisch kann sie fast jedem Genre etwas abgewinnen und bezeichnet ihre Playlist auch als Büchse der Pandora, weil zwischen Punk, Indie, Rock, Ska, Metal, Trash und Hip Hop manchmal auch einfach klassische Musik oder Kinderserien-Intros anspringen.