Currents und "The Death We Seek": Running System
11.05.2023 | Dave Mante
Das Genre des Metalcores ist nicht unbedingt dafür bekannt, dass es sonderlich herausstehende Alben hervorbringt, im Kern wird oft eine Reihe von bekannten und gesetzten Formeln abgearbeitet und das Ergebnis ist meist hörbar, aber ziemlich vergessenswert. Teilweise trifft dies auch auf „The Death We Seek“ der Band Currents zu, jedoch ausschließlich auf die guten Teile dieses Genres.
Nicht lange schnacken, das haben sich die US-Amerikaner sicherlich auch bei ihrem Titeltrack und Opener gedacht. Kein langes und unnötig epochales Intro, direkt der Tritt ins Gesicht, treibend, schnell, hart, den ganzen anderen Quatsch braucht ja auch Niemand. Es folgt ein brettharter Song mit diversen Wechseln der Vocaltechniken, Breakdowns, Blastbeats und einem ziemlich guten Refrain. Und hier setzen Currents auch direkt das Tempo für die nächsten knapp 40 Minuten. Wenig Schnickschnack, keine Bewegung in Richtung krasse Eigenheiten und Innovationen, einfach das, was sie am besten können, nämlich auf diverse Arten ins Mikro brüllen und einem die Gänsehaut Refrains um die Ohren knallen. Ab und and nen Song wie „Unfamiliar“ einstreuen, welcher erst wirkt, als würde es sich um etwas Ruhiges handeln, aber auch diese Songs dann hintenrum explodieren lassen.
Immer wieder wird härtetechnisch drauf gesetzt. Hörten wir gerade noch zu, wie die Band eher melancholisch klingen will, packen sie mit Songs wie "Vengeance" dann urplötzlich einen Djent-Hardcore-Brutalo Track als Nächstes auf die Platte. Dabei erreicht „The Death We Seek“ Höhen in der Härte, welche dann doch länger nicht so spannend in dem Genre zu hören waren. Genau wie die sehr harten Songs schaffen Currents auch immer wieder epochale Klangräume mit unerwartetem Instrumental. So zum Beispiel im Song „Gone Astray“, welcher mehrfach seine Stimmung wechselt und bewusst mit eigentlich dissonanten Konstrukten arbeitet. Da wird auf das eigentlich stark geslappte Hardcore-Riff clean und leise gesungen und in den eher leeren und großen Ruheraum heiser gescreamt . So was ist zwar in keiner Weise neu, aber jedes Mal erfrischend zu hören, wenn Musiker*innen aus ihrem erwartbaren ausbrechen. Auch am Ende spart man sich die obligatorische Pseudoballade und geht eher mit einem etwas zurückgefahrenen cleanen Track, welcher aber ebenfalls immer mal wieder härtetechnsich nach oben ausschlägt. Selbst hier schiebt die Band noch einen äußerst harten Breakdown rein. Liest sich sicher unspannend, sollte man aber gehört haben, wenn man das Genre mag.
Currents mögen mit „The Death We Seek“ das gemacht haben, was man von ihnen erwartet hat, was man von dem Genre erwartet. Allerdings setzen sie da noch ne Schippe drauf, tauchen ins Unerwartete und werfen ein paar typische Bausteine des Genres weg, um mehr von den anderen in ein Album zu pressen. Allerdings wirkt das Ganze nie überladen, nie übertrieben oder unnötig hart oder weich. Die Band schafft hier einen Mittelweg, welcher den Hörer*innen ungeschont in die Fresse tritt, wenn man sich am Anfang befindet und erst damit aufhört, wenn die 40 Minuten rum sind. Ich hätte gern mehr solcher Metalcore-Alben ohne großen Schnickschnack und dem unbedingten sich von der Masse abheben wollen. Denn am meisten hebt man sich ab, wenn man es gar nicht erst versucht.
Wertung
„The Death We Seek“ von Currents ist ein hartes Metalcore-Album, welches keine Versuche macht, irgendwie eigen zu sein. Die Devise hier ist nach Vorn, Hauptsache hart und laut und manchmal auch gefühlvoll und na ja, trotzdem laut. Dann streuen wir noch dermaßen fiese Breakdowns ein, dass man schnell mal vergisst, dass man ja in der Öffentlichkeit nicht jeden anmoshen kann und schon hat man ein ziemlich gutes, wenn auch schon oft gehörtes Metalcore Album.
Dave Mante
Aufgewachsen zwischen Rosenstolz und den Beatles hört sich Dave mittlerweile durch die halbe Musikwelt, egal ob brettharter Hardcore, rotziger Deutschpunk, emotionaler Indie oder ungewöhnlicher Hip Hop, irgendwas findet sich immer in seinen Playlisten. Nebenbei studiert er Kunstgeschichte, schlägt sich die Nächte als Barkeeper um die Ohren oder verflucht Lightroom, wenn er das gerade fotografierte Konzert aufarbeitet.