“Das Licht dieser Welt” und Gisbert zu Knyphausen strahlen nicht in bekannter Stärke
25.10.2017 | Ole Lange
Selten schaffen es Musiker ein ganzes Album so melancholisch zu gestalten, dass es dennoch nicht langweilig wird. Ruhig, aber facettenreich heißt die Devise für Gisbert zu Knyphausen. Natürlich gibt es, wie auf jedem Album, einige Ausnahmen dieser Regel. Es wirkt alles wie ein wunderschönes Haus aus den Neunzigern, das man zum ersten Mal erblickt. Und irgendwann entdeckt man Jazz-Platten, setzt sich ans Piano, während der beste Freund oder die beste Freundin mit der Akustik-Gitarre neben einem sitzt.
Dieses Gefühl erweckt die Platte sehr oft. Auch wenn man dem lyrischen Ich von Gisbert sicherlich einiges an schlechten oder nicht vorhandenen Reimketten nachwerfen kann, so wirkt eben dieses schemalose Aneinanderreihen von Satzenden wie eine einzige Geschichte. Man kann gerade den Texten gut folgen. Manchmal muss man sich aber doch auf musikalische Experimente einlassen, wie bei „Keine Zeit zu verlieren“. Die Musik ist oft verspielter, als sie sein müsste. Gerade hier wirkt das Gitarrensolo überflüssig, da es sonst auch nicht härter oder schneller wird. Ansonsten wird die Platte nämlich sehr minimalistisch gehalten. Der Fokus liegt klar auf dem Klang, die Verbindung zwischen schönen Melodien und einfühlsamen Texten.
Ein ganz großes Manko besitzt das Album aber in den englischen Songs. Davon gibt es ganze zwei Stück. Die beiden Songs sind ebenso von ihrer Aufmachung her nicht besonders einprägsam. Während „Teheran Smiles“ schon viel von Wortwiederholungen lebt, besitzt „Cigarettes & Citylights“ musikalisch einen altbekannten Sound. Das macht den Song zwar besser, doch gleichzeitig auch unnötiger auf dieser Platte. Beide Lieder wirken wie Ersatz, der das Album aufwerten sollte. Vielleicht merkte Gisbert von Knyphausen vorher aber schon, dass „Das Licht dieser Welt“ nicht sein bestes Werk werden würde.
Singer/Songwriter haben es auch so schon extrem schwer, Fuß zu fassen. Es ist ein Genre, welches oftmals mit billigen Texten und geklauten Gitarrenriffs missbraucht wird, obwohl der Glanz eigentlich in der Individualität der einzelnen Worte liegt. Dazu kommt, dass der Gesang im Vordergrund stehen soll. Das, was gesagt wird, hat die größte Masse zu tragen. Das „Wie“ kommt danach. Doch auch hier sieht man bei dem Album einige Defizite. Das Gefühl, dass Gisbert von Knyphausen bei einigen Songs nicht ganz dahinterstand, vergeht kaum. „Sonnige Grüße aus Khao Lak, Thailand“ ist da ganz besonders tief. Durch die zurückhaltende Stimmlage wirkt es ziemlich matt.
„Das Licht dieser Welt“ ist ein Album mit Individualität. Die Platte durchlebt alles, was sie erzählt, auf eine neue Art. „Unter dem hellblauen Himmel“, „Etwas Besseres als den Tod finden wir überall“ oder „Niemand“ – all das sind Lieder, die eine unglaublich angenehme Atmosphäre besitzen. Vom Grundstil her erscheinen sie zwar alle ganz anders, im Inneren existiert aber diese stimmungsvolle Verbindung. Eine Grundlage, die zwar jeder Song der Platte hat, diese aber nicht wiedergeben kann. Es wirkt alles wie ein Haus aus den Neunzigern, nur dass Teile des Hauses schon abgerissen wurden. Die Vibrationen bringen den Plattenspieler zum Scratchen. Der verbleibende Rest des Hauses hat definitiv genug, um zu stehen. Durch die fehlenden Räume kann „Das Licht dieser Welt“ leider nicht genug strahlen.
Wertung
"Das Licht dieser Welt“ ist schön anzuhören, nimmt einen aber nicht immer mit auf die Reise. Das Album bemüht sich, etwas zu sein, was es gar nicht nötig hat. Diesen versuchten melancholisch-positiven Klang reizt es teilweise zu weit aus. Aber bring mal den Tod zum Grinsen.
Wertung
Egal ob Klaviermusik, leises Gitarrengeklimper oder auch netter Indierocksound, Gisbert zu Knyphausen klingt ein jedes mal gleich. Seine rauchige Stimme macht ja wirklich Lust auf mehr, nur leider zeigt er nur einen Teil seines Potentials.
Ole Lange
Ole stammt aus der östlichsten Stadt Deutschlands und begeistert das Team mit seinen leichten Dialekt. Er schreibt fleissig Reviews von Hip-Hop bis Metalcore und hat hin und wieder ein Interview mit Bands.