The Dead End Kids und "Heiß und Dreckig": Glitzer und Konfetti
12.03.2023 | Dave Mante
The Dead End Kids sind sicher seit geraumer Zeit kein Geheimtipp mehr. Nach zahlreichen Konzerten als Support für ZSK oder die Ärzte hat sich das Trio nun erneut ins Studio begeben und bringt mit „Heiß und Dreckig“ ihr drittes Album an den Start und dieses könnte ihren Erfolgsweg weiterbringen und ihn sogar noch leichter machen.
Sofort schlägt der Glitzerpunk mit „Influenza“ so richtig hart zu. Unmelodiöse und harte Riffs als wäre man im Heavy Metal schlagen sich mit dem rauen Gesang von Sängerin Caro. Und das Tempo soll auch nicht mehr abnehmen, denn „Heiß und Dreckig“ ist voll von rotzigem Gesang, schweißtreibendem Instrumental und vor allem einem, nämlich den äußerst kritischen Texten dieses Albums. Denn obwohl es sich anhand der Titel weniger erwarten lässt, verbirgt sich hinter jedem Song eine andere Tirade gegen eine ungeliebte Gruppe von Menschen oder einem generellen Problem auf dieser Welt. So wird bei „Influenza“ die ständige Erreichbarkeit und das generelle durchsichtig sein durch Smartphones mit einer Krankheit gleichgesetzt, „Monopoly“ ist natürlich reinste Kapitalismuskritik und was hinter „Übergriff“ oder „Kartoffelsalat“ steckt, solltet ihr euch selbst erschließen können! Generell ist positiv zu bemerken, wie es in den letzten Jahren immer wieder geschafft wird, sich von dem Paroleneinheitsbrei à la „Nazis Raus“ (was natürlich vollkommen richtig ist) und Ähnlichem zu verabschieden und eher metaphorisch, kreativer und teilweise auch noch einmal weit aus makaberer damit umzugehen. Auch zeigt sich hier wieder, wie auch „neue“ Themen immer mehr Einzug in den Punk finden. Hier zum Beispiel in Form der Songs „Übergriff“ oder „Sie träumt“, welcher von einer unterdrückten Frau handelt, die davon träumt, sich von ihrem Mann loszureißen. Denn auch im Punk finden sich weiterhin patriarchale Züge, welche es aufzulösen gilt und welche weiterhin zu wenig besprochen werden, selbst in diesem Genre. Hier zeigt sich auch die Raffinesse der Texte. Vornerum wirkt das Ganze teilweise recht platt, hintenrum lässt sich noch einiges entdecken, das ist jetzt zwar kein übertiefer Post-Hardcore, allerdings ist es auch kein stumpfes Texte aneinanderreihen. The Dead End Kids zeigen, dass sie Deutschpunk vom Sound verstanden und weitergedacht haben. Denn auch die teilweise sehr harten Riffs geben dem ganzen einen frischen Anstrich, so klingt das ganze nicht wie jede dritte Punkplatte der letzten 20 Jahre, sondern eher wie eine gesunde Mischung aus Punk, Hard-Rock und Metal. Das endende Cover von „Frieda und die Bomben“ setzt dem Ganzen dann noch die Krone auf.
„Heiß und Dreckig“ von The Dead End Kids ist ein eindrückliches Punk Album, welches sowohl musikalisch als auch textlich vollkommen überzeugt. Hier trifft rauer Gesang auf harte und treibende Riffs, bis hierhin typisch Punk. Dann kommen allerdings die Eigenheiten der Dresdner. Eben die Mischung der kritisierten Themen, die Einschüsse in Rock und Metal oder auch der kleine Funke Irrwitz, welcher sich ja allein anhand des Covers ziemlich gut erkennen lässt. „Heiß und Dreckig“ ist reinster Deutschpunk außerhalb der meisten abgespielten Konventionen und Konserven, und das zu schaffen ist schon Erfolg genug!
Wertung
„Heiß und Dreckig“ hält alles parat, was man als Deutschpunkfan so haben will. Neben rotzigem Gesang und Attitüde sind hier unerwartet harte Riffs zu hören, welche auf kreative und kluge Texte treffen. Diese lassen dabei kaum etwas oder jemanden aus. The Dead End Kids hören sich weiterhin frisch und teilweise einzigartig an und ich hoffe, dies wird auch noch lange so bleiben. Punk‘s not dead, you‘re just some old white punk!
Dave Mante
Aufgewachsen zwischen Rosenstolz und den Beatles hört sich Dave mittlerweile durch die halbe Musikwelt, egal ob brettharter Hardcore, rotziger Deutschpunk, emotionaler Indie oder ungewöhnlicher Hip Hop, irgendwas findet sich immer in seinen Playlisten. Nebenbei studiert er Kunstgeschichte, schlägt sich die Nächte als Barkeeper um die Ohren oder verflucht Lightroom, wenn er das gerade fotografierte Konzert aufarbeitet.