Jules Ahoi und “Melancholic Dreamwave”: Meeresrauschen
31.07.2022 | Jan-Severin Irsch
Das neue Album von Jules Ahoi ist frei von musikalischen Schnick Schnack und voll von einfachem Minimalismus. Hört man es aktiv und will schöne Musik ohne Hektik für den Moment haben, wird man seine Freude an diesem Album und seiner Musik generell finden. Den Mittelpunkt der Songs bilden Text, Gesang, und Gitarre, die anderen Instrumente sind eher als Untermalung zu verstehen. Jules Ahois Stil im Songwriting ist minimalistisch präzise. Der zweite Song des Albums “U Bloom, still” zeigt dies ganz gut. Ein einfacher Beat, hier und da ein paar Nuancen (und vielleicht eine versteckte Hommage an Kansas' “Dust In The Wind” im Gitarrenriff), Mehrstimmigkeit und zum späteren Verlauf des Songs viele flächendeckende Klänge von Synthesizer und Backgroundgesang. Alles für sich genommen sehr simple Melodien, doch zusammengeführt bilden sie ein Klanggefühl, in das man sich auf dem Rücksitz des ausgebauten Campervans fallen lassen kann.
Nimmt man den Sound des Beats isoliert in dem Song “To Make A Heart Beat”, zeigen sich klangliche Ähnlichkeiten zu Phil Collins' “In The Air Tonight” oder “This Must Be Love”. Jules Ahoi lässt seine Musik auf dieser Platte aber sehr basic und schafft es auch ohne wahnsinnig große Drums tolle Songs zu schreiben. In besagtem Song beschreibt er wunderschön eine Szenerie, in der man zu zweit auf dem Rücksitz sitzt und draußen die Landschaft vorbeizieht. Man schwebt beim Hören gefühlt einen Zentimeter über dem Boden. Diese Platte passt mit ihren warmen, melancholischen und wohligen Sounds ins Auto bei herbstlichem Wetter, ins Lieblingscafe um die Ecke, oder in den Daily Drive des Alltags. Jules Ahoi klingt auf diesem Album wie eine Mischung aus Mighty Oaks, Milky Chance und Jose Gonzalez, ohne aber seinen eigenen Sound zu verlieren.
Schaut man auf die Platte als Ganze ist sie toll, ein Vibe und ist sehr entspannt. Die einzelnen Lieder der ersten Hälfte hingegen stechen aus dem Gesamtwerk nicht so stark hervor, dafür sind die Klänge Aller zu ähnlich. Allerdings findet sich um die letzten drei Songs ein Zenit. Vor allem im Song “Golas” verlässt Jules Ahoi die Lo-Fi Dynamik und steigert sie (endlich) zu einem herrlich willkommenen, spannungsgeladenen Höhepunkt. So schnell er kam, so schnell geht er auch um sich dann im letzten Song, dem Titeltrack “Melancholic Dreamwave” wieder in die Entspannung zurückzuziehen.
Wertung
Eine sehr beruhigende, nachdenkliche Platte, die es vermag ein leichtes zuversichtliches Lächeln auf die Lippen zu zaubern. Keinerlei Hektik, nur Nachdenklichkeit und alle Zeit der Welt. Ein Produkt aus Zeiten des Lockdowns und ein tolles Pendant zu dem nun wieder stressigen Alltag. Lässt man sich auf die Musik ein und in ihr fallen, findet man sich auf eben jener Melancholic Dreamwave wieder.
Jan-Severin Irsch
Jan-Severin macht seit er denken kann Musik. Durch verschiedene Chöre, Bands und Lehrer ist er mittlerweile Lehramtsstudent für Musik mit Hauptfach Gesang, ist Sänger seiner eigenen Alternative/Punkrock-Band und Teil eines Barbershop-Chores in Köln. Von Klassik bis Jazz, von Chor- bis Punkrockmusik hört und spielt er alles gern. Ohne Musik geht nicht.