Lobsterbomb und "Look Out": Glitter im Wellenbad
24.07.2023 | Dave Mante
Das Berliner Trio Lobsterbomb ist seit geraumer Zeit kein Geheimtipp mehr, sondern taucht eigentlich überall auf. Nach Touren mit Itchy, vielen kleinen Einzelkonzerten und einer handvoll Singles und EPs steht nun ihr erstes Album „Look Out“ in den Plattenregalen. Dabei stellt diese Platte ein wichtiges Stück des schrammeligen Indie-Glam-Noise-Garage-Punk dar, welches es mal wieder gebraucht hat.
Generell muss gesagt werden, dass sicher nicht jede:r mit dem rohen Sound der Band klarkommen wird, denn von Anfang bis Ende finden sich raue Lyrics, verzogene Gitarren und ein generell sehr lauter Grundtonus wieder, welcher immer wieder etwas gebrochen wird. Ganz besonders herauszustellen ist dabei die Stimme von Frontmensch Nico Rosch, welche immer wieder in eine Schreitirade ausbricht und so ein sehr eigenständiges Merkmal der Band bildet, welches sowohl live als auch auf der Platte die Energie des Trios zeigt. Ein Song wie „Lifeline“ wird durch dieses Merkmal zu einem absoluten Highlight des Albums, da von Anfang an gezeigt wird, wie viel Energie in den Tracks steckt. Und das schafft die Platte immer wieder am besten, trotz des teilweise beruhigter wirkenden Indie-Punks eine wahnsinnige Energie verbreiten. Aber auch für die Abwechslung haben Lobsterbomb gesorgt. Zum Beispiel fließen immer mal wieder verschiedene Synthies und diverse andere Effekte in ihre Songs ein, zum Beispiel bei „Run“, welcher sofort damit überzeugt, dass er sich grundlegend anders anhört und Hörer:innen aus der rauen Klangwelt herausholt, da er im Generellen sphärisch bleibt und nicht ausbricht. Dieses Wechselspiel schafft die Band mehrfach. Oft folgt auf einen eher aggressiven Song einer dieser Ruhigeren. Das kann sehr leicht mal recht unpassend wirken und der Dynamik schaden, jedoch tut es dies hier überhaupt nicht, denn es passt einfach jedes Mal und webt nur mehr in die Klangwelt von Lobsterbomb ein.
Wie am Anfang bereits betont, wird nicht jede Person eine Offenbarung in „Look Out“ finden. Diese raue, teils sehr experimentelle Platte ist wirklich eine der speziellsten, welche ich dieses Jahr gehört habe. Jedoch ist es genau das, was sie so auszeichnet. In einer Welt, in welcher wir von glattem Punkrock nur so geflutet werden, braucht es diese kantigen Ausschläge. Lobsterbomb zeigen eindrucksvoll, dass nicht nur ihre Liveshows große Klasse sind und vor Energie strotzen, sondern auch, dass sie diese Power wahnsinnig gut auf ein Stück Vinyl pressen können und die Musik trotzdem noch funktioniert. Falls ihr also Fan davon seid, wenn ihr erst angeschrien werdet und dann in eine beruhigte Synthie-Klangwelt geschmissen werdet, solltet ihr auf jeden Fall mal hier rein hören!
Wertung
Lobsterbomb präsentieren sich so auf „Look Out“ von ihrer herausragenden Seite. Ihr Sound schwebt dabei einzigartig zwischen Ruhe und Wahnsinn, was zu einer klanglichen Achterbahn führt, welche nicht nur an den Plattenspieler bannt, sondern auch wahnsinnig viel Spaß macht. Definitiv kein Album für alle, aber auf jeden Fall eines für jede Person, welche sich auf etwas Geschrammel einlassen kann und möchte.
Dave Mante
Aufgewachsen zwischen Rosenstolz und den Beatles hört sich Dave mittlerweile durch die halbe Musikwelt, egal ob brettharter Hardcore, rotziger Deutschpunk, emotionaler Indie oder ungewöhnlicher Hip Hop, irgendwas findet sich immer in seinen Playlisten. Nebenbei studiert er Kunstgeschichte, schlägt sich die Nächte als Barkeeper um die Ohren oder verflucht Lightroom, wenn er das gerade fotografierte Konzert aufarbeitet.