Marcus Mumford und "(Self Titled)": Alt und Neu
01.10.2022 | Jan-Severin Irsch
Marcus Mumford hat eine steile Karriere als Frontmann, Gitarrist, Sänger und beizeiten auch Schauspieler vorzuweisen. Vor gut zehn Jahren war er an der Seite von Justin Timberlake und Oscar Isaac im Coen Brothers-Film “Inside Llewyn Davis” zu sehen und steuerte den Song “Fare Thee Well (Dink’s Song)” zum Soundtrack bei.
Nun ist der Brite erstmal ohne seine Söhne unterwegs und macht eigene Musik. Er eröffnet sein Album mit dem Song "Cannibal", der, wie hätte es anders sein können, an seine Band erinnert. Ein ruhiger, nachdenklicher Anfang explodiert in angenehmer Ekstase. Diese Formel haben Mumford & Sons perfektioniert - so auch ihr Frontsänger. Trotz hörbarer Ähnlichkeiten setzt Marcus Mumford im zweiten Song “Grace” auf Backgroundsängerinnen neben seiner eigenen Stimme. Auch der Kontrabass wurde durch einen E-Bass ersetzt und - in diesem Song - ab und zu durch eine tiefe, mit der Hand abgedämpfte Klaviersaite gespielt.
Dieser Song birgt bei mehrmaligem Hören also mehr als am Anfang gedacht. Auch die Dynamik steigt und fällt. Vor allem in der Bridge ist dies spannend zu hören. Ein einzelner, kleiner Höhepunkt bahnt sich seinen Weg, ganz unerwartet, und hört abrupt mit einem arpeggierten Klavierakkord auf. Ein weiterer wird vorbereitet, man erwartet den vollen Einsatz der Band - doch spielen dann nur Bass und Gitarre ihre Tiefen. Raffiniert gemacht, da das Bassthema fast durchgehend gleich bleibt.
Nach zwei schnellen Songs kommt bereits die erste nachdenkliche, ruhige Nummer. Mumford setzt hier auf Pads im Hintergrund - eine Neuerung zu seiner Band. “Prior Warning” baut sich immer weiter auf, immer mehr Klänge und Synthesizer kommen zum Einsatz. Der Pinselstrich, der ihn als Solokünstler hervorhebt.
So auch “Better Off High”. Der Song hat einen durchgehenden Drive durch die E-Drums und eine ruhige Oberfläche durch die Baritonstimme des Sängers. Eine tolle Mischung, die mit fortlaufendem Geschehen immer prägnanter wird und schließlich zueinander findet. Des Weiteren sind schrille E-Gitarren Töne eingespielt, die für eine Art klangliche Verwirrung sorgen. Mit den Drums also ein weiteres Element, das es bei Mumford & Sons so nicht gab.
Die gesamte Platte überzeugt durch tolle Akkordwendungen, der Kombination aus Altbekanntem und ganz Neuem und der Wahl der Instrumente für ganz überraschende Hintergrundelemente.
Wertung
Es mag durchaus eine Herausforderung gewesen sein, mit dem Namen und der Bekanntheit etwas Eigenes zu schaffen, das nur bedingt nach seiner Band klingt. Doch Marcus Mumford hat auf seinem ersten Album einen Weg gefunden, dies zu tun. Die Ähnlichkeit mag Fluch und Segen zugleich sein, doch welches andere Genre hätte es sein sollen, hat Marcus Mumford doch eben den Stil des Folkrocks maßgeblich geprägt. Eine starke Platte für alle Fans des Indie/Folk/Pop Rock-Genres.
Jan-Severin Irsch
Jan-Severin macht seit er denken kann Musik. Durch verschiedene Chöre, Bands und Lehrer ist er mittlerweile Lehramtsstudent für Musik mit Hauptfach Gesang, ist Sänger seiner eigenen Alternative/Punkrock-Band und Teil eines Barbershop-Chores in Köln. Von Klassik bis Jazz, von Chor- bis Punkrockmusik hört und spielt er alles gern. Ohne Musik geht nicht.