Mutoid Man und "Mutants": Metal in Punkmanier
29.07.2023 | Mark Schneider
Fangen wir doch mal wieder mit etwas Hintergrundwissen an: Mutoid Man bestehen seit ihrer Gründung im Jahr 2012 aus Steven Brodsky (Cave In) und Benjamin Koller (Converge). Auf der Position des Bassisten herrschte in den vergangenen Jahren etwas mehr Fluktuation: Neu hinzu kam vor dem neuen Album "Mutants" auf diesem Posten der Bassist von High On Fire - Jeff Matz. In dieser Kombo pressen die US-Amerikaner nun zehn Tracks auf ein Album, welches mit einem Cover daherkommt, welches seinem Namen alle Ehre macht: Bunt, voller unerklärlicher sowie "mutierter" Gestalten und gespickt mit mehr oder weniger ansehnlichen Details.
Mutoid Man werden als "Punkrock- und Metal-Superhelden" beworben. Hierbei handelt es sich um eine Kombination, unter der man sich nicht unbedingt sofort etwas vorstellen kann. Hört man jedoch in "Mutants" hinein und lässt den Opener seine Funktion als ersten Eindruck des Albums erfüllen, kommt man der Sache schon deutlich näher. "Call Of The Void" ist ein verdammt eingängiger Ohrwurm! Kompromisslos und einfach gehalten, wie man es von guten Punkrocknummern kennt, und doch irgendwie mit mehr Druck, etwas aggressiver als man es von den dominanten Namen im Punk kennt. Die Band kann ihren Hang zum Metal bereits in diesem Track nicht verstecken und vor allem will sie das auch gar nicht. Im Verlauf des Albums wird sogar immer deutlicher, dass es sich hier nicht um Punkrock mit Metaleinflüssen handelt, es dreht sich um das genaue Gegenteil. Diese Platte gehört in die "Hard and Heavy"-Abteilung des Plattenladens! Nicht unter das "Alternative"-Schild, unter dem die Elektronikläden unserer Zeit gerne die mehr oder weniger dahin passenden Punkrockgruppen einsortieren. Und wer der Einfachheit des Punks etwas abgewinnen kann und darauf Lust hat diese immer wieder in der deutlich härteren Spielart des Metals wiederzufinden, kann bei Mutoid Man ohne Bedenken zugreifen.
Hat man den Ohrwurm von "Call Of The Void" (aus eigener Erfahrung: Der bleibt ewig!) überwunden und den Sprung in die neun weiteren Titel auf "Mutants" geschafft, fallen Mutoid Man vor allem durch Variabilität auf. Eine ganz klare Linie (wie zum Beispiel im genannten Punkrock häufig) ist auf diesem Album eher weniger zu finden, dafür gibt es zu viele Facetten zu entdecken. Das Tempo variiert von fast schon groovig langsam ("Siren Song" zu Beginn, später zulegend) bis hin zu schnelleren, astreinen Metalnummern mit immer verspielten Gitarren ("Broken Glass Ceiling", der zum Ende hin dann völlig eskaliert). Der meist clean gehaltene Gesang driftet zwischendurch ab und artet an der einen oder anderen, jedoch absolut richtigen Stelle in stimmloses Schreien aus, auch hier ist "Siren Song" ein gutes Beispiel für einen einzigen Schrei an der richtigen Stelle als Stilmittel für die Betonung der Stelle im Track. Die Anzeichen für die Anfangsthese eines Metalalbums mit punkiger Herangehensweise häufen sich nicht nur, sie werden zunehmend glasklar. "Mutants" stellt nicht nur den Neubeginn nach dem Zuwachs in der Band durch Jeff Matz dar, das Album ist auch ein hervorragender Einstieg in die Welt dieser Gruppe für all diejenigen, die den Namen Mutoid Man vorher trotz zahlreicher Shows in Europa noch nicht auf dem Schirm hatten. In Dresden und Berlin kann man das im September 2023 übrigens bestens nachholen.
Wertung
Das beste aus zwei Welten. Wer, wie ich, viel Zeit mit Punkrock UND Metal in allen Variationen verbringt, fühlt sich bei Mutoid Man schnell gut aufgehoben. Und auch wenn nicht alle Titel so penetrant eingängig sind wie der Opener, haben wir es hier mit viel mehr als einer unspektakulären 08/15-Platte zutun. Die leichtfüßige Herangehensweise an die harten Klänge des Metals macht durchaus Spaß!
Mark Schneider
Mark kommt aus der wunderschönen, ländlichen Provinz zwischen Siegen und Marburg an der Lahn. Ob kleine Acts im Club oder Musikgiganten vor Tausenden: Besucht wird, was laut ist und Spaß macht! Dabei sind im Genre (fast) keine Grenzen gesetzt.