Seit dem Tod seines Sohnes im Jahr 2015 war das Leben Nick Caves geprägt von der Bewältigung der Trauer und der Frage nach dem Göttlichen und Religiösen. Dabei waren die Wege vielfältig: Flucht aus und Rückkehr nach England, Teilhabe der Fans an seinem Innenleben (Red Hand Files), das von Warren Ellis begleitete musikalische Hadern („Skeleton Tree“, „Ghosteen“, „Carnage“) oder auch literarisch („Glaube, Hoffnung und Gemetzel“). Diese Auseinandersetzung findet wahrscheinlich mit „Wild Gods“ keinen Abschluss, ist aber ein finaler Rettungsversuch. Wieder geht es um die Frage des Handeln Gottes, nach dem Warum. Aber der Kontext verschiebt sich. In seinen Texten entwickelt sich eine Akzeptanz des Todes, die Erkenntnis, dass Trauer nicht bedeutet, nicht leben zu dürfen. Cave beschwört die Liebe und den Humanismus herauf und entwickelt in den Texten eine bildhafte, verklausulierte Sprache voller Anspielungen auf biblische Texte und verbindet dadurch das Menschliche mit dem Göttlichen. Dabei nähert sich Cave immer wieder in Ausdruck und Gesang dem späten Bowie an, das sind die Gänsehautmomente des Albums. Mensch merkt dem Album an, dass auch The Bad Seeds endlich wieder Platz im Leben Nick Caves gefunden haben. Die Musiker lassen träumerische Klangsequenzen entstehen, erfüllen die Songs mit orchestralen Hymnen begleitet von Chorälen und unterlegen diese mit Synthies und Gitarren. Somit ist ein Album entstanden, dass eine melancholische Hoffnung entstehen lässt. Auch wenn die Frage der Theodizee für Cave nicht zweifelsfrei geklärt ist, verdeutlicht er dennoch, ein glaubender Mensch zu sein. Caves Aussage im Hinterkopf, kein Christ zu sein, aber ein christlicher Mensch, schafft es das Album, auch mich als nichtgläubigen Menschen über das Göttliche zum Nachdenken zu bringen.