Die Newcomer-Band Impvlse im Interview
02.06.2020 | Jannika Hoberg
"Newcomer in der Musikwelt" – mit wem kann man über dieses Thema besser quatschen als mit der Nürnberger Progressive-Metalcore-Band Impvlse, die ihre ersten Auftritte außerhalb Deutschlands hinter sich hat und die sich letztes Jahr beim Bandwettbewerb „Rockbühne“ der Nürnberger Nachrichten einen Slot auf der diesjährigen Ausgabe von Rock im Park erspielt haben – oder hätten.
Für dieses Interview sollte ich die fünf Jungs eigentlich in ihrem Proberaum in Fürth besuchen – doch dann kam unser aller Lieblingsthema dazwischen und wir mussten den altehrwürdigen Weg via Skype wählen. Impvlse – das sind Chris, Marcel, David, Jason und Tom, der Name kommt vom Northlane-Song „Impulse“. Mit v, weil der Name zu häufig war und mit v „schaut's cool aus“.
Gefunden haben sich die Mitglieder auf sehr unterschiedliche Weise. Begonnen hat alles mit Jason, der mit einer Freundin (und Gitarre) ein Musikprojekt starten wollte und dafür weitere Menschen gesucht hat. Über einen 9gag-Post auf Facebook und dessen Kommentare ist Jason auf Marcel gestoßen, der sich auf seinem Profil als „Metaller“ zu erkennen gegeben hat – aber noch kein Instrument spielen konnte, und deshalb erstmal als Sänger einspringen sollte.
Erste Reaktionen auf Demos von Marcels Gesang klangen laut Jason folgendermaßen: „Wir dachten uns so – neee.“ Und auch Marcel stimmt mit „war nicht gut“ zu. Da musste ein Instrument her und Marcel hat sich mal eben selbst Bass beigebracht. Schlagzeuger David hatte sich ebenfalls auf die Suche nach „halbwegs musikalischen Menschen“ gemacht und ist auf die Truppe um Jason gestoßen. Den ersten gemeinsamen Jam gab es Anfang 2015 im Musikgeschäft Klier in Nürnberg. September des gleichen Jahres wurde Tom über eine Facebook-Gruppe auf eine Metal-Band aufmerksam, die noch einen zweiten Gitarristen suchte. Der Kreis schloss sich dadurch, dass Marcel und Tom in einer Jahrgangsstufe waren und Tom auch wieder über Facebook (das scheint sich durch diese Bandgeschichte durchzuziehen) mitbekommen hat, dass Marcel bei der betreffenden Band dabei ist. Nach dem Ausstieg der Freundin von Jason waren die vier Jungs eine komplett (sogar mit doppelter Gitarre) besetzte Metalband – nur ohne Vocalist. Der heutige Sänger Chris kam erst deutlich später, nämlich Ende 2017, dazu, nachdem Marcel, Jason, David und Tom schon erste ganze Songs fertig und auch einen als Instrumental-Version aufgenommen und veröffentlicht hatten. Chris hat damals schon bei Sick Of Sorrow, einer anderen lokalen Band, Gitarre gespielt und die Cleangesang-Parts übernommen. Dann hatten Tom und Chris zufällig den gleichen Gitarrenlehrer, der zwischen den beiden Metalbegeisterten vermittelt hat. Auch wieder über Social Media haben Chris und Tom dann Kontakt aufgebaut, nachdem Chris auf Toms Instagram-Seite die Instrumental-Version von „Curious Minds“ und die damit verbundene Suche nach einem Sänger sah.
Zur Musik gekommen sind alle auf sehr unterschiedliche Weise. Bei Chris hat alles mit Chor und Gitarre angefangen, das „richtige Interesse“ war aber erst da, als er Lust auf Bands hatte. Von seinem anfänglich nicht ganz vorhandenen Shout-Talent spricht Chris heute als „absoluter Käse“, er ist aus heutiger Sicht überrascht, dass ihn die Jungs damals überhaupt aufgenommen haben. Bei Tom war es das Musikangebot mit Akustikgitarre in der Nachmittagsbetreuung der Grundschule. Interesse an der E-Gitarre kam zu Beginn der weiterführenden Schule mit dem „Green Day Punk“, auch wenn seine Eltern erst gegen die E-Gitarren-Pläne waren. Eine E-Gitarre „kann man schließlich nicht so gut mit ans Lagerfeuer nehmen“. Schlagzeuger David hat nach langweiligem Gitarrenunterricht ein Schlagzeug vererbt bekommen, Jason hat nach zwei Jahren „Akustikgitarre-Rumprobieren“ eine E-Gitarre geschenkt bekommen, und „ab da war's irgendwie so ‘ne Obsession, wo ich dann jeden Tag mindestens fünf Stunden gespielt habe“.
Gemeinsame Vorbilder und Lieblingsbands sind Metallica, Architects, Northlane und Bring Me The Horizon. Fürs Songschreiben ist hauptsächlich Jason verantwortlich, getreu dem Motto „ich hock daheim, spiel Gitarre und irgendwann kommt was dabei raus." Er nimmt die Songs dann komplett auf, mischt sie ab und schickt die Demo seinen Bandkollegen – „meistens gefällt's denen dann schon so“. Die Texte stammen zum größten Teil von Chris, aber dennoch sind alle beteiligt am Prozess des Songschreibens.
Die erste EP, „Vice Versa“, die im November 2019 erschienen ist, ist mehr ein Sammelsurium an Songs, die seit 2015 entstanden sind, was die unterschiedlichen Prägungen der Songs erklärt. Den Anspruch, professionell zu klingen, hatten die Jungs relativ schnell, also sind sie fürs Schlagzeug ins Studio gegangen und haben sich selber beigebracht, wie man Gitarren richtig aufnimmt. Der Mix stammt von Andrew Wade, der zum Beispiel auch A Day To Remember, Wage War, Attila oder Motionless in White abgemischt hat, was zwar etwas kostspieliger war, sich aber letztendlich wirklich gelohnt hat.
Beim Newcomer-Festival in Erlangen haben Impvlse den zweiten Jury-Platz und damit einen Merch-Design-Gutschein gewonnen, den sie direkt in die Produktion eines Shirts gesteckt haben. Die Logo-Designs für andere Merchteile bzw. das generelle Corporate-Design stammt aus der Feder von Julian Mehn, ein Freund der Band, der Design studiert und auch für die bisherigen Musikvideos mitverantwortlich war. Ein Tipp für neue Bands, bezogen auf Merch, sei es, sich online umzuschauen. Es gibt mittlerweile einige Anbieter, die Merchandise-Artikel recht günstig und dennoch in passender Qualität produzieren.
Ein aktuell sehr wunder Punkt für die Jungs ist Rock im Park. In der Vorrunde des jährlich stattfindenden Bandwettbewerbs „Rockbühne“ von den Nürnberger Nachrichten haben Impvlse sich 2019 gegen drei andere lokale Bands durchgesetzt, um im Finale im Hirsch in Nürnberg zu landen, auf dessen Bühne sonst Lordi, Knorkator, Megaloh oder Itchy stehen. Gegen die Würzburger Band Stop Inside, die Ansbacher Truppe RC Plane und die Nürnberger Jungs von Strife85 haben sich Impvlse im Finale durchgesetzt und den Slot auf Rock im Park erspielt. Die anderen Plätze wären auch Festivalauftritte auf unterschiedlich großen Festivals in der Umgebung gewesen, bei Rock hinter der Burg in Roth, dem Biberttal-Festival in Andorf bei Ansbach und auf dem Taubertal- Festival in Rothenburg.
Doch wie wir alle wissen, hat Corona einen Strich durch die Festival-Rechnung 2020 gemacht. Auch hat die Band noch niemand seitens Rock im Park kontaktiert, das sollte etwa einen Monat vor dem Festival passieren – die Hoffnung, dass das 2021 dann funktioniert, stirbt zuletzt. Wenigstens war der Finalauftritt für die Jungs von der Stimmung her am besten, „der ganze Abend war mega nice“, wie Chris zusammenfasst.
[Update von Ende Mai: Es sieht bisher so aus, als dürften Impvlse 2021 auf Rock im Park spielen.]
Erste Erfahrung auf internationalen Bühnen haben Impvlse auch schon gesammelt – als Austauschauftritt mit Sortout, einer österreichischen Band. Die Location in Dornbirn war auch bisher die Lieblingsvenue der Jungs. Den Gegengig in Deutschland gibt es hoffentlich am 05.12.20 in der Luise in Nürnberg. Noch ein bisschen weiter weg ging es im Oktober 2019. Beim schon erwähnten Newcomer Festival Erlangen 2018 haben Impvlse neben dem zweiten Jury-Preis den Publikumspreis abgeräumt und damit eine kleine Tour durch drei Städte in Russland gewonnen. Die Erinnerungen sind jedenfalls super. „Ich hab‘ in Russland teilweise den besten Bühnensound gehabt, den ich jemals hatte“, „die wissen schon, was sie tun“ und „krassere Anlagen, darf man nicht unterschätzen“, sind die Zusammenfassungen der Jungs, was das Feeling auf der Bühne anging. Sogar ein kleiner Tourbus wurde für die Band organisiert, das macht das Tourgefühl noch ein bisschen realer.
Lokale Clubs oder Jugendhäuser anschreiben und mit lokalen Bands vernetzen, um an die ersten Auftritte zu kommen, ist laut Impvlse ein grundlegender Tipp für neue Bands. Die Erfahrung, dass man eher nicht den kompletten Auftritt, also inklusive Technik, selber organisieren sollte, weil man an wirklich viel denken muss, haben sie beim allerersten Auftritt in einer Gastwirtschaft gemacht. Bisher haben die Jungs ca. 25 Auftritte gespielt und hoffen, bald wieder einsteigen zu können.
Die Corona-Quarantäne empfindet die Band trotz Ausfall von drei Festivals und Proben eher als Chance, am Songwriting von Zuhause aus zu arbeiten. Angeteasert wird, Anfang 2021 könne man mit neuem Zeug rechnen, aber „nagel uns nicht drauf fest, ohne Scheiß“.
Auf die Frage nach dem größten musikalischen Wunsch antwortet Jason: „Ich glaube wir haben alle den unrealistischen Wunsch, dass wir davon irgendwann mal leben können. Unser Ziel ist schon, das so groß wie möglich aufziehen zu können.“ Chris ergänzt grinsend „Die Stadien-Tournee 2023“. Generell mehr im Ausland zu spielen steht jedoch auch ganz oben auf der Liste der Ziele. Auch wäre laut Chris das Beste, wenn sich „Menschen aktiv für deine Musik entscheiden, obwohl's so viel nice andere Musik gibt“. Ein Festival, auf dem sie gern mal spielen würden, darauf antworten die fünf lachend: Rock im Park.
Jannika Hoberg
Jannie begeistert von Punk über Metal bis hin zu Hardcore alles, ob aggressive Beats oder auch mal soft - auch außerhalb dieses Genrespektrums. Neben der Leidenschaft für Konzertfotografie ist Jannie mit verschiedenen Instrumenten für diverse Jamsessions zu haben. Zuhause ist dey auf Konzerten und Festivals, ansonsten studiert Jannie nebenbei noch Umweltingenieurwesen in Weimar.