Interview mit Fahnenflucht zum Album "Angst und Empathie"
20.05.2016 | Lucio Waßill
20 Jahre und 5 Alben - Wie geht es der Band denn jetzt nach 20 Jahren? Seid ihr gestärkt aus der Albenproduktion herausgekommen?
Ja und Nein, mit der Produktion und dem Ergebnis sind wir schon zufrieden, und das stärkt uns nach Innen und Außen, aber wir sind dadurch auch finanziell ziemlich ausgeblutet. Die Produktion war nicht billig. Also heißt es jetzt ab auf die Bühnen, um nach und nach einen Teil der Aufwendungen wieder einzuspielen.
Wie lange habt ihr an dem Album gearbeitet? Hat sich an der Produktion etwas geändert oder war es „Business as usual“?
"Business as usual" ist so eine Albumproduktion nie. Ein Teil der Songs schlummerte schon etwas länger in der Schublade und andere Stücke entstanden erst im Studio. Mathias Lohmöller von Docmaklang Tonstudio hat sich bei dieser Produktion auch aktiv in die Kreativarbeit eingebracht, was dem Endergebnis sehr zuträglich war. Diese Erfahrungen fließen mit ins nächste Album ein.
Das Album hat uns ziemlich begeistert. Es ist ein zeitgemäßes Werk und sehr anspruchsvoll. Wie einig wart ihr euch denn in den Themen und Texten? Gab es da viel Diskussion und wieviele Stücke haben es dann nicht auf die Scheibe geschafft?
Zunächst einmal vielen Dank für das Lob. Es ist nicht so, das wir für jedes Stück ein Thema im Vorfeld abklären. Vielmehr ist es so, entweder schon musikalische oder textliche Fragmente vorhanden sind, auf denen dann weiter aufgebaut wird. Da der Umfang der zur Verfügung stehenden Stücke überschaubar war, mussten auch nicht viele Songs aussortiert werden. Ein paar Ideen schaffen es dann eventuell auf ein kommendes Album.
Wie seid ihr schlußendlich auf „Angst und Empathie“ als Titel gekommen?
Dieser Titel stand nicht für alle sofort fest, sondern ist eher das Ergebnis von Diskussionen und Abstimmungen, streng demokratisch. Diese beiden Begriffe stehen für ein zu viel (Angst) und ein zu wenig (Empathie). Die gesellschaftlichen Diskurse werden zunehmend hysterisch von irrationalen Ängsten dominiert und an menschliche Gesten muss fast schon verzweifelt appelliert werden. Beängstigende Entwicklungen.
Welche Lieder werden wir wahrscheinlich live hören können? Und welches Lied denkt ihr wird am Besten beim Publikum ankommen?
Die erste positive Resonanz auf das Album nennt häufig das Stück "Kind". Das werden wir auch live an Bord haben, auch wenn wir uns bei den Proben immer noch nicht sicher sind, ob das ein gutes Live -Stück ist. Sicher dabei sind Stücke wie Lichterketten, Tunnel, Licht, Freier Fall, Taube , Hoffnung und noch ein paar mehr. Für abschließende Infos, einfach zu nem Konzert kommen!
Seit einigen Jahren können wir im Punk eine neue Welle an Bands im Deutschpunk sehen. Recht frische Bands wie KMPFSPRT oder Rogers, aber auch schon ältere Bands wie Turbostaat, Massendefekt oder Radio Havanna genießen weitaus mehr Aufmerksamkeit als früher. Wie seht ihr denn diesen Zustand der Szene gerade?
Ich finde es immer schwierig, szenebezogene Bewertungen abzugeben. Man wird einzelnen Bands und deren Hintergrund damit meistens nicht gerecht. Die genannten Bands machen alle sehr gute Musik und es würde sicherlich Spaß machen gemeinsam auf der Bühne zu stehen. Es gibt aber noch zig weitere Bands die ebenfalls erwähnens- und sehenswert sind. Wir versuchen einfach unser Ding zu machen, ohne dabei ständig nach szenetypischen Regeln oder Konventionen zu handeln.
Lucio Waßill
Im Januar 2016 hat Lucio das Projekt "Album der Woche" als Schnapsidee ins Leben gerufen. Dummerweise fand das Projekt sofort positiven Zuspruch und jetzt leitet er, der eigentlich ein Webentwickler ist, das Fanzine in seiner Freizeit.