Interview mit Karlsson
16.02.2016 | Torsten Scholz
Welche Bands und Dinge beeinflussen euch beim Songwriting am Meisten? Welche Bands sind Vorbilder von euch?
Das ist wohl die Frage, der man als Musiker/Band niemals entkommen wird. Was hat mich beeinflusst, was hat uns beeinflusst, wer sind Eure Vorbilder? Als Künstler gibt es zu viele Faktoren die dich beeinflussen, als das man sie alle nennen kann und will. Manchmal sind es ganz persönliche Dinge die dich auf eine bestimmte Melodie, ein Riff oder ein paar Zeilen bringen, manchmal kommen die besten Ideen aber auch einfach nur dadurch, dass man seine Umwelt aufmerksam und interessiert wahrnimmt. Was uns als Band beeinflusst sind somit vier Personen, die alle ganz unterschiedlich diese Welt erleben und dann 2x pro Woche versuchen diese Eindrücke auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Musikalisch klingt das dann wie eine Mischung aus all den Szenebands, die besonders in der vergangenen Jahren vollkommen zu Recht einen immer größeren Zuspruch finden.
Vorbilder: Ostzonensuppenwürfelmachenkrebs, Kelly Family und Truck Stop.
Wer ist die Bandmutti bei euch?
Eine Bandmutti haben wir gar nicht - eher einen Band-Diktator - der ist dann wohl Kilian.
Von Musik zu Leben ist ja für die Meisten eher ein Traum als die Realität. Was macht ihr denn abseits von Musik so beruflich?
Das was man eben so macht, wenn man es nicht geschafft hat ausreichend Geld mit der Musik zu verdienen. Bis zum letzten Sommer waren wir alle Studenten, mittlerweile ist es nur noch die Hälfte der Band und der andere Rest geht im Büro knechten - ziemlich normal also.
Habt ihr eine Lieblingslocation?
Ich finde diese Frage kann man gar nicht beantworten. Natürlich gibt es Locations die durch die Gestaltung des Raumes ansprechender aussehen oder einen besseren Sound haben, aber aufgrund dieser Gegebenheiten eine Lieblingslocation zu wählen finde ich schwierig. Das Limes in Köln mögen wir sehr gerne - auch wenn wir dort mit KARLSSON noch gar nicht gespielt haben.
Kommen wir zur EP. Autohauseröffnung ist, denke ich mal, eine Anlehnung, an Schreng Schreng & Lala’s „Plastik fressen“, warum dieser Name?
Die Anlehnung hast Du ganz richtig hergeleitet. Den Namen wählten wir deshalb, weil die ursprüngliche Titelidee für die EP keiner verstanden hat (lacht). Der Song spiegelt sehr gut einige Erfahrungen wieder, die wir selbst als Musiker schon gesammelt haben und durch enge Bekannte miterleben durften. Die „Autohauseröffnung“ steht allerdings eher metaphorisch für den Beginn/Start von etwas Neuem und in unserem Fall war der Name dann einfach passend für die erste EP.
Ihr habt auch ein spezielles Feature mit Jörkk (Love A) auf der EP zu diesem Lied. Ihr sagtet ja bereits im Vorfeld, dass ihr ihn durch die Musik kennt, die euch auch verbindet. Warum habt ihr dieses Lied gewählt?
Wir kennen Jörkk schon sehr lange – schon länger als wir einen Plan von Love A hatten und die beiden mit Schreng Schreng und LaLa noch mit einem Dingo durch die Kneipen fuhren. Der Song kam dann irgendwie doch eher zufällig zu uns. Lasse und Jörkk haben damals selbst nicht mehr daran geglaubt ein zweites Album zu veröffentlichen und wir hatten uns mit KARLSSON gerade ganz frisch formiert. Einer der Beiden kam dann zu Kilian und meinte dann eher so beiläufig: „Den Song könnt ihr haben“. Das sie es jetzt nun doch noch zum zweiten Album Echtholzstandby geschafft haben, freut uns natürlich umso mehr, weil der Song jetzt zum einen in seiner Originalversion und zum anderen in unserer Version zu hören ist.
„Wenn du ehrlich bist“ klingt für uns wie ein Aufruf zur Selbstreflektion, für alle die sich hängen lassen. Beobachtet ihr so etwas oft, oder wolltet ihr nur allgemein ein Lied darüber verfassen?
Ich glaube besonders bei diesem Song, haben mich zu einem bestimmten Zeitpunkt in meinem Leben sehr viele Menschen (milde formuliert) genervt. Ich kann es nicht ertragen, wenn Menschen nicht zu dem stehen, was sie sagen, wenn sie darüber reden Dinge zu ändern, keine eigene Meinung haben und dabei auch noch Bandshirts oder Martens tragen, die Handtasche gegen den Jute-Turnbeutel tauschen und sie das plötzlich glauben lässt, irgendwie „Punkrock“ oder „Individuell“ zu sein. Es gibt einfach zu viele inszenierte Persönlichkeiten und Social Media macht es nicht besser, auch wenn ich selbst ein großer Nutzer/Fan hiervon bin, rege ich mich täglich darüber auf. Wer Vegetarier oder Veganer ist, der ist dies bitte, weil er kein Fleisch mag oder die Tiere schützen möchte und nicht, weil es ein cooles Gesprächsthema auf dem nächste Konzert ist und 8 von 10 in der Gruppe auch Vegetarier sind. Ergo: Wer Punkrock hört und die Musik von Bands feiert, der tut dies bitte weil er die Musik mag und nicht weil es gerade zum Outfit passt und alle seine Freunde so sind. …und wer Helene Fischer mag, der hat sowieso verloren! The worst crime is faking it.
Ihr bezieht mit Lampedusa und Fahnenträger schon Stellung zu eurer politischen Einstellung, was Flüchtlinge und dubiosen Montagsdemos angeht. Viele sind dieses Thema, auf Grund von Medien und der Andauer der Problematik, schon müde. Wie wichtig findet ihr es, trotzdem auf diese Problematik aufmerksam zu machen und klar Stellung zu beziehen? Habt ihr Organisationen, die für euch als Band oder privat wichtig sind und die ihr unterstützt.
Es mag sein, dass dieses Thema ermüdend wirkt, weil es scheinbar schon zu oft durchgesprochen wurde. Fakt ist aber letztlich, dass sich nichts verändert oder gebessert hat. Die Themen in allen Medien präsent zu halten verändert gar nichts - alles was hier geschieht ist den Leuten für zwei Wochen ein schlechtes Gewissen zu machen oder auf ein „paar Nazi Demos“ hinzuweisen, wenn dann danach die Fussball WM/EM (was auch immer) kommt denkt kein Mensch mehr darüber nach. Deshalb sind Themen wie Fremdenfeindlichkeit/Hass, Faschismus, Homophobie, Nationalsozialismus niemals ermüdend. Sie sollten vielmehr immer wieder darauf hinweisen, dass es noch genug Idioten und Missstände gibt, die es zu klären gilt und denen man sich proaktiv gegenüber stellen muss. Eine ziemlich gute Sache ist Musik Bewegt.
Wer shoutet bei euch eigentlich so geil? Es ist auf jeden Fall ein sehr gutes Stilmittel und kommt überraschend, da man am Anfang der EP nicht damit rechnet.
Das macht der Kilian. Vor einigen Jahren hatten Florian und er mal eine Metalcore-Band (wie das damals halt so war) und da ist der Drang zum Shouten irgendwie hängen geblieben. Kilian: Gelegentlich macht es mir auch echt Spaß, verdeckt aber vielmehr die Tatsache, dass meine Stimme in diesen Tonlagen/Höhen keine geraden Töne mehr zustande bekommt und ich somit einfach schreien muss.
Nach der EP folgt ja i.d.R. ein Album. Wann ist es da bei euch soweit? Seid ihr schon fleißig am Schreiben?
Hehe - vollkommen richtig. Der Plan ist bis zum Ende des Jahres die Songs für ein Album stehen zu haben. Mit dem Bonner Label Disentertainment haben wir da auch schon einen kleinen Partner gefunden, der uns unterstützen würde. So ein Album kostet allerdings auch immer ziemlich viel Geld, weshalb wir erstmal die Songs zu Ende schreiben wollen und uns dann im Dezember einen konkreten Schlachtplan überlegen werden.
Habt ihr den einen verrückten Fan der immer bei einer Show auftaucht? Dann könnt ihr ihn hier grüßen.
Nein. Keine verrückten Fans.
Wollt ihr den Lesern noch etwas Abschließendes mitteilen?
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Torsten Scholz
Torsten kommt ursprünglich aus Halle und ist jetzt im schönen Düsseldorf zuhause. Dabei ist der gelernte Krankenpfleger ständig quer durch die Republik auf Tour und versucht soviele Konzerte wie möglich mitzunehmen. Die Wahrscheinlichkeit, dass er dich schon einmal beim Crowd-Surfen bei einem Punk-Konzert getragen hat, dürfte sehr hoch sein.