Joes VaporPlaza #39: Zer0 れい - "Hellveterra"
15.10.2019 | Johannes Kley
Artist: Zer0 れい
Album: "Hellveterra"
Erscheinungsjahr: 2019
Anspieltipp: "Gwaihir"
Stil: Post-Mallsoft / Dungeon Synth
Link: https://hiraeth-records.bandcamp.com/album/hellveterra
Was wäre, wenn die Menschheit ausgestorben wäre? Was wäre, wenn die Maschinen die Welt übernommen hätten? Mit diesen Gedanken erscheint „Hellveterra“ noch dunkler, als es sowieso schon klingt.
Kombiniert man Black Metal, Vaporwave, ein SNES oder SEGA Saturn und das Gefühl alter Rollenspiele, so könnte es wie „Hellveterra“ klingen und dennoch ist dieses Album viel mehr. Der Promotext des Labels stellte die passenden Fragen.
„What happens when Palm Mall is deserted and the AI system takes over? What happens if the pools dry up, swords are broken and Earth is no longer our home? Welcome to Hellveterra, welcome to a new world where machines crush dreams.“
Genauso wie sich das liest, hört sich das Album auch an. Es ist düster, bedrohlich und wirkt fremdartig. Zer0 れい hat es geschafft eine Kombination aus Mallsoft und der Ästhetik von Black Metal zu kreieren, welche von 32-Bit-Drumspuren untermalt wird. Besonders bei „Gwaihir“ erkannt man die Ideen, welche in dieses Album floßen und auch wenn ich beim Teaser zu „Hellveterra“ noch dachte, dass ich endlich mal ein Album von Hiraeth Records auslassen könnte, zog mich der Vorabstream direkt in seinen Bann und ich habe schon wieder ein Tape gekauft.
Vaporwave ist meist nostalgisch, oft ein wenig wehmütig und oftmals entspannend. „Hellveterra“ ist da anders und schafft es doch, Vaporwave zu sein. Die teils hektischen Bit-Drums umschmeicheln die düsteren Soundscapes und in all der Dunkelheit gibt es doch immer wieder hoffnungsvolle Momente. Die Schönheit in der Dystopie. Die Genrebezeichnung "Post-Mallsoft" hat mich anfangs verwirrt. Doch hört man genau hin, erkennt man die Momente, in denen in einer bewohnten Welt menschengemachte Geräusche zu hören wären. Der weite und hallerfüllte Sound, den man sonst aus auditiven Einkaufszentren kennt, wird hier mir düsteren Klängen gefüllt und lädt eher zum Entdecken als zum Entspannen ein.
Klanglich passt dieses Album perfekt zur Ästhetik von "TES: Daggerfall" oder den alten "Diablo"-Spielen. Ein wenig dreckig, verpixelt und düster und trotzdem, oder gerade deshalb, extrem fesselnd. Nicht umsonst wurde als zweites Genre Dungeon Synth gewählt. Die Kombination aus Drumspuren, die beispielsweise an „Doom“ auf dem SNES erinnern, und wabernden Synthies bringt eine Nostalgienote mit sich, die schwer zu beschreiben ist.
Zer0 れい hat mit „Hellveterra“ ein Album geschaffen, welches mir erneut gezeigt hat, dass das Genre nicht tot ist und sich stetig weiterentwickelt. Eine absolute Schönheit mit viel mystischer Dunkelheit und langsamen Black Metal. Das mag verwirrend klingen, hört man jedoch aufmerksam zu, so fesselt es und entführt in die dunklen Verliese einer leeren Welt.
„Hellveterra“ ist eine dystopische und grausame Zukunftsvision aus düsteren Klängen und bedrohlichen Melodien, welche in den Bann ziehen und nicht mehr loslassen. Aber das will man auch gar nicht.
"Hellveterra" is a dystopian and cruel future vision of dark sounds and threatening melodies that captivate and never let go. But you wouldn't want that anyway.
Johannes Kley
Kolumnist und Konzertmuffel Joe ist Gesundheits- und Krankenpfleger in Bochum, liebt seinen Hund, liest leidenschaftlich gern, gibt ungern Bewertungen für Alben ab, ist Musikliebhaber, irgendwo zwischen (emotional) Hardcore, Vaporwave, Goth-Pop und Nine Inch Nails und versorgt euch unregelmäßig mit geistigen Ergüssen aus seiner Gedanken- und Gefühlswelt.