Joes VaporPlaza #52: C A S C A D E S - "M A R I A H W A V E"
16.01.2020 | Johannes Kley
Artist: C A S C A D E S
Album: "M A R I A H W A V E"
Erscheinungsjahr: 2019
Anspieltipp: "S L I P P I N G A W A Y"
Stil: klassischer Vaporwave
Link:https://tracking-waves.bandcamp.com/album/m-a-r-i-a-h-w-a-v-e
Ein wenig private Informationen vorweg. Ich hatte vor vielen Jahren mal eine Phase, in der ich sehr viel Mariah Carey gehört habe. Menschlich kann man von ihr halten was man will, aber singen kann sie und zumindest ihr erstes Album ist sehr hörenswert. Das ganze verlor sich dann über die Jahre, aber ab und an höre ich mir ihr Debütalbum doch noch an. Ich hatte für den Privatgebrauch auch schon eine Vaporwave-Version einer ihrer Songs gemacht. Und nun gibt es endlich „M A R I A H W A V E“.
In der Tradition von „SANDRAWAVE“ von 猫 シ Corp. gibt es immer wieder Vaporwave-Alben, welche als Grundlage nur die Songs einer Künstlerin oder eines Künstlers nutzen.„??????????“, welches ich bis heute liebe, bezieht sich in der Albumbeschreibung gar auf „SANDRAWAVE“, was die Wichtigkeit des Albums von 猫 シ Corp. nur noch deutlicher zeigt. „M A R I A H W A V E“ ist also „SANDRAWAVE“, nur eben mit der großen Diva als Grundlage.
Die meisten kennen Mariah Carey heute nur noch wegen ihres, zugegeben äußert nervigen, Weihnachtssong „All I Want For Christmas Is You“. Ihren Zenit hat die einstige Pop-Instanz schon lange überschritten und ihr letzten Alben können getrost ignoriert werden. Da ist es doch schön, dass C A S C A D E S ihr ein musikalisches Denkmal setzen und sie im nostalgiedurchfluteten Genre des Vaporwave verewigen. Die ruhigen und romantischen Songs sind das, was klassischen Vaporwave ausmacht. Saubere Loops mit viel Hall, ein wenig Echo und ab und zu wird ein wenig Tremolo oder Phaser eingesetzt.
Die musikalische Ästhetik von „M A R I A H W A V E“ ist genau das, was Vaporwave zu Beginn ausgemacht hat. Alte Songs in neuem Gewand und würde mir jemand erzählen, dass dieses Album aus den Anfangstagen des Genres wäre, würde ich dieser Person sofort glauben. Bands, die traditionellen Metal oder Hardcore spielen, werden dafür ja auch oft hochgelobt, warum sollte man dies bei C A S C A D E S also nicht tun? „M A R I A H W A V E“ klingt wie eine alte VHS-Kassette, die in einem Player liegt, der schon weitaus bessere Tage gesehen hat und dadurch das Bild und den Ton ein wenig verändert, wodurch die Nostalgiegefühle beim Ansehen des alten Videos, auf dem man mit der ersten großen Liebe zu sehen ist, noch verstärkt. Kennt ihr das, wenn man ein Gefühl vermisst, aber nicht den Grund dafür? Man kann und will vielleicht auch gar nicht mehr in diese Zeit zurück, aber das Gefühl noch einmal zu spüren wäre schön. So kann man sich das Album ungefähr vorstellen.
In Zeiten von obskuren und teils anstrengenden Untergenres wie Broken Transmission und Post-Internet ist doch schön, einfach mal ein simples Vaporwave-Album zu haben, dass genau das tut, was es soll - schön klingen und Nostalgie und Melancholie verbreiten. Wie bereits erwähnt mag ich Mariahs Stimme und so war dieses Album schon als es in meinem Bandcamp-Feed auftauchte zu 99% in dieser Kolumne. Ich wurde nicht enttäuscht. „M A R I A H W A V E“ ist einfach schön.
Klassischer Vaporwave gepaart mit der Pop-Diva schlechthin - wie könnte man es nicht lieben?
Classic Vaporwave paired with the pop diva par excellence - how could you not love it?
PS: Neben dem „M A R I A H W A V E“ hab ich mir übrigens auch gleich noch Mariahs Erstlingswerk auf Tape gekauft, weil ich meine CD nicht finden konnte und möchte euch auch dieses Album ans Herz legen. Aber das nur nebenbei... also hört wirklich mal rein.
Johannes Kley
Kolumnist und Konzertmuffel Joe ist Gesundheits- und Krankenpfleger in Bochum, liebt seinen Hund, liest leidenschaftlich gern, gibt ungern Bewertungen für Alben ab, ist Musikliebhaber, irgendwo zwischen (emotional) Hardcore, Vaporwave, Goth-Pop und Nine Inch Nails und versorgt euch unregelmäßig mit geistigen Ergüssen aus seiner Gedanken- und Gefühlswelt.