Joes VaporPlaza #55: "Slushwave for Australia"
04.02.2020 | Johannes Kley
Artist: Various Artists
Album: "Slushwave for Australia"
Erscheinungsjahr: 2020
Anspieltipp: "S O A R E R - 活力"
Stil: Slushwave
Link: https://globalpattern.bandcamp.com/album/slushwave-for-australia
Slushwave ist ein Genre, welches in dieser Kolumne schon ab und an vorkam und mit ruhigen, langen Tracks dazu einlädt, Gedanken fließen zu lassen und die Umwelt einfach mal auszublenden. Das russische Label global pattern hat jetzt eine Compilation herausgebracht, welche, ähnlich wie „c l i m a t e c h a n g e w a v e“, Geld für australische Organisationen sammeln soll, um den Menschen und der Flora und Fauna zu helfen. Dieses Mal sogar auf Kassette.
Initiiert wurde die Aktion von desert sand feels warm at night und bietet neun Songs, von denen der kürzeste 5 Minuten und 29 Sekunden geht. Somit bietet „Slushwave for Australia“ viele Minuten ruhiger Musik und außerdem die Möglichkeit für Australien zu spenden. Aber auch ohne den guten Zweck ist das Album einfach nur schön und begeisternd, denn die verschiedenen Künstler harmonieren perfekt miteinander. Genre-Größen wie from tokyo to honolulu, MindSpring Memories oder eben desert sand feels warm at night zeigen hier die Schönheit von langsamen Loops und atmosphärischen Ambientklängen und sperren dabei den hektischen Alltag und das trübe Wetter für einige Zeit einfach aus, wenn man sich darauf einlässt.
Das ruhigste der Vaporwavegenres, welches von t e l e p a t h (welcher auf diesem Album leider nicht vertreten ist) großgemacht wurde, klingt immer ein bisschen wie eine Mischung aus zwei Bildern einer verregneten und futuristischen Stadt wie in „Blade Runner“ und einem Ozean mit ruhigen Wellen. Schönheit und Traurigkeit schwingen häufig im gleichen Rhythmus mit und lassen den Hörenden die Wahl, welches Gefühl die Oberhand haben soll. Man kann sich treiben lassen und einfach ein paar Minuten lang vergessen, was davor noch so wichtig und dringlich erschien, oder einfach nur die Musik als beruhigendes Element nutzen, welches über die Kopfhörer den Stresspegel ein wenig unten hält. Zwar erzählt das Album keine wirkliche Geschichte, aber wie bereits erwähnt harmonieren die Songs sehr gut und so kann man beinahe vergessen, dass es ein Album von mehreren Menschen ist, ohne dass die Songs sich aber zu sehr ähneln und zu einem Brei verschwimmen.
Natürlich kann man sagen, dass es sinnvoller wäre, einfach so zu spenden, aber dieses Album erreicht vielleicht auch eben jene, die sonst nicht spenden würden und wenn ein Kassettensammler nun, ohne es zu wollen, für einen guten Zweck Geld gibt, ist es doch eine gute Sache. Genau aus diesem Grund ist es schön zu sehen, dass die kleine Szene des Vaporwave versucht, etwas Gutes zu tun. global pattern erreicht mit Slushwave for Australia ein andere Zielgruppe als die Aktion von Sunset Grid (welche bereits 900 australische Dollar an Spenden generiert hat) und gibt Fans die Möglichkeit, neue Musik auf Band zu erhalten und Menschen zu helfen.
Wer Slushwave mag oder einfach kennenlernen möchte, findet mit dieser Compilation ein absolutes Geschenk. Viele großartige Künstler mit wunderschönen und sanften Tracks, die gut unterhalten und auch Genreneulinge nicht abschrecken werden. Slushwave ist ein Genre, das ich nicht so oft höre wie andere Untergenres, aber wenn mich die Lust darauf packt, dann wird dieses Album definitiv öfter angemacht werden. Das Album ist einfach rund und unterhält für über 85 Minuten.
Selbst ohne guten Zweck wäre dieses Album einfach nur absolut empfehlenswert und muss gehört werden.
Even without the good cause this album would simply be absolutely recommendable and must be heard.
PS: Als ich diese Musikszene vor einigen Jahren kennengelernt habe, war ich von der Offenheit und Freundlichkeit überwältigt und so finde ich es umso schöner, dass viele Künstler ihre Musik für gute Zwecke einsetzen wollen. Aber das nur nebenbei.
Johannes Kley
Kolumnist und Konzertmuffel Joe ist Gesundheits- und Krankenpfleger in Bochum, liebt seinen Hund, liest leidenschaftlich gern, gibt ungern Bewertungen für Alben ab, ist Musikliebhaber, irgendwo zwischen (emotional) Hardcore, Vaporwave, Goth-Pop und Nine Inch Nails und versorgt euch unregelmäßig mit geistigen Ergüssen aus seiner Gedanken- und Gefühlswelt.