Joes VaporPlaza #66 - Contact Lens x SELA. - "Split"
23.04.2020 | Johannes Kley
Artist: Contact Lens & SELA.
Album: "Split"
Erscheinungsjahr: 2012
Anspieltipp: "Calcutta"
Stil: klassischer Vaporwave
Link: https://sela.bandcamp.com/album/contact-lens-x-sela-split
Ich folge auf Bandcamp einigen Personen, die Alben gekauft haben, die ich auch besitze, um zu sehen, was diese noch so kaufen. Vor nicht allzu langer Zeit erschien dann plötzlich dieses Album in meinem Feed und ich klickte interessiert darauf. Ich war sofort verliebt.
Unter dem Album stehen die folgenden Worte: „*before everyone got older / when just the loops were enough ]“ Das sagt so viel. Die Anfangstage des Genres waren nicht viel mehr als Loops mit Effekten und nostalgischem Sound. Erinnert man sich an „Chuck Person’s Ecco Jams Vol. 1“ und Alben, die kurz darauf folgten, erkennt man den Charme, den die ersten Schritte des Genres hatten. Genau das bekommt man auf dem Split-Album geboten. Einfache Loops mit Hall, Echo und allerlei anderen Effekten, die klingen, als würde man ein in die Jahre gekommenes Tape im batterieschwachen Walkman abspielen und dabei so viel Gefühl transportieren.
Die erste Hälfte des Albums ist von Contact Lens und hat einen sommerlichen Vibe. Es klingt nach Cocktails, Badeshorts und Bikinis, künstlich blauem Wasser und leicht verstärkten Farbwerten der Szene - ein bisschen wie alte Langnese-Werbung. Unwillkürlich spürt man eine Sehnsucht zu der Szenerie, in der man sich eigentlich nie befunden hat. Perfekt für den Sommer, den man ja vermutlich im eigenen Garten oder auf dem Balkon verbringen darf, da der Urlaub wohl ausfällt.
Die Songs von SELA. klingen deutlich nachdenklicher und gehen musikalisch schon beinahe in Richtung Post Internet oder Broken Transmission. Es ist die selbe Bauart wie bei Contact Lens und doch ist das Gefühl vollständig anders. Es klingt eher nach ruhigen Momenten allein, während man sich nachdenklich im Bett dreht und die Gedanken kreisen.
Die Zeile „when just the loops were enough“ beschreibt das Album in all seiner Schönheit schon sehr konkret. Die zwei Künstler beweisen auf dem Album eindrucksvoll, wie ein Songschnipsel von ein paar Sekunden Länge wirken kann, wenn er sich stetig wiederholt und dabei so unsagbar viel Nostalgie transportiert, dass man beginnt, Momente zu vermissen, die es nie gab. Es zeigt, wie viel Schönheit in Songs stecken kann, die nur aus einem Loop bestehen. Durch stetige Veränderung wird diesen einfach der Raum und Zeit gegeben, ausgiebig zu wirken. Natürlich gibt es mittlerweile ausgefallenere Vaporwave-Alben und das Genre hat sich stetig weiterentwickelt. Doch sollte man nie vergessen, dass es eben Alben wie diese waren, die das Genre geformt haben und "Split" wirkt auch heute noch unglaublich schön und intensiv.
Ich kannte SELA. und Contact Lens bis vor kurzer Zeit noch nicht einmal, doch nun macht es mich traurig, dieses wunderschöne Album erst jetzt gefunden zu haben.
I didn't even know SELA. and Contact Lens until recently, but now it makes me sad to have found this beautiful album just now.
Johannes Kley
Kolumnist und Konzertmuffel Joe ist Gesundheits- und Krankenpfleger in Bochum, liebt seinen Hund, liest leidenschaftlich gern, gibt ungern Bewertungen für Alben ab, ist Musikliebhaber, irgendwo zwischen (emotional) Hardcore, Vaporwave, Goth-Pop und Nine Inch Nails und versorgt euch unregelmäßig mit geistigen Ergüssen aus seiner Gedanken- und Gefühlswelt.