Konzertbericht: Giant Rooks im Nochtspeicher
15.03.2017 | Jakob Uhlig
Es ist schon ein klein wenig unglaublich, was am heutigen Abend im Hamburger Nochtspeicher geschieht: Die Giant Rooks sind immer noch so verdammt blutjung, ihr erster offizieller EP-Release liegt nur einen Monat zurück, mit der zuvor nur auf Shows verkauften EPs „The Times Are Bursting The Lines“ haben bisher insgesamt gerade einmal acht Songs der Band eine Studioaufnahme spendiert bekommen – und trotzdem ist der Hamburger Club restlos ausverkauft. Auch wenn das zu großen Teilen weibliche Publikum vermuten lassen könnte, hier würde die nächste heiße Boyband ihre erste Headlinertour feiern, ist es doch zweifelsohne die musikalische Qualität der fünf Jungs aus Hamm, die sie so kometenhaft schnell in diesen Augenblick geführt hat.
Bevor die Stars des Abends aber ihre Show spielen dürfen, eröffnet das Indiepop-Duo Bender & Schillinger. Das machen sie sympathisch und bodenständig auf einer Bühne, auf der vor lauter Instrumenten und Kabel fast kein Platz mehr für die zwei Musiker ist. Ruhige, minimalitische, folkige Klänge, die trotz ihrer Einfachheit nicht die Tiefe in den Arrangements vermissen lassen, erfüllen den Raum und erzeugen eine andächtige Atmosphäre. Dass die Premiere eines neuen Songs durch Probleme mit dem Stimmgerät gehörig schiefgeht, nimmt man den beiden da gar nicht übel. Es macht sie eher lebendig.
Als schließlich die Giant Rooks die Bühne betreten ist es wahrhaft beeindruckend, wie selbstsicher sich die junge Band präsentiert. So ein raffinierter Sound, so eine Energie! Verdammt, diese Jungs trauen sich sogar, Bob Dylan zu covern! Über den gesamten Abend hinweg begeistert die Band mit feinsinnigen, faszinierenden Klangschichtungen, die live so traumhaft authentisch und nahbar sind. „Småland“ ist und bleibt ein unglaublicher Song, der auch früh im Set eingesetzt nicht den Eindruck macht, als hätte die Band ihr Pulver hiernach verschossen.
Im Gegenteil: Bei „New Estate“ beginnt der ganze Club ekstatisch zu tanzen, einige Fans lassen sogar Konfetti regnen. Und dann die letzte Zugabe: Bei „Itchy Feet“ löst sich Sänger Frederik Rabe von seinem Mikrofon und singt gemeinsam mit dem Publikum immer und immer wieder dieselbe Zeile. Kein Instrument spielt, kein Verstärker steht in diesem Moment zwischen der Band und den Fans, und es ist kein Wunder, dass sich dieses magische Ritual in unzählige Wiederholungen verschlägt. Denn alle Beteiligten wollen diesen Moment so lange wie möglich genießen. Am liebsten für immer.
Jakob Uhlig
Jakob kommt aus dem hohen Norden und studiert zur Zeit historische Musikwissenschaft. Bei Album der Woche ist er, neben seiner Tätigkeit als Schreiberling, auch für die Qualitätskontrolle zuständig. Musikalisch liebt er alles von Wiener Klassik bis Deathcore, seine musikalische Heimat wird aber immer die Rockmusik in all ihren Facetten bleiben.