Im Selbstkonflikt mit Meat Loaf
18.02.2021 | Paula Thode
Ich dachte lange, dass wenn man in einem Musical wie „Rocky Horror Picture Show“ mitspielt, man doch wenigstens etwas liberal sein sollte. Dann habe ich Anfang 2020 durch meinen Twitter-Feed gescrollt und ein Interview über Meat Loaf und Greta Thunberg gesehen. Meine anfängliche Theorie wurde schnell widerlegt und ich fand mich in einem Meer aus republikanischen Sichtweisen seitens Meat Loaf wieder.
Meat Loaf ist für mich wie für viele andere Musical- und Rock'n’Roll-Fans ein Begriff, nein, schon fast ein Klassiker. Aber er ist eben auch stolzer Republikaner, der gerne mal seine Meinung über China mit Ronald Reagan diskutiert. Wie sollte man damit umgehen? Die eigenen Prinzipien über Bord schmeißen und alle politischen Meinungen für 9 Minuten und 50 Sekunden ausblenden, oder die gesammelten Platten verbrennen und den Künstler bis auf Weiteres boykottieren?
Wenn man einmal auf den Namen Meat Loaf im Zusammenhang mit Klimawandel oder Politik trifft, findet man fast keinen Ausweg mehr aus dem republikanischen Gerede.
Man schaue sich zum Beispiel das Verhältnis zwischen dem Sänger und Donald Trump an. In einer Show im Jahr 2011 antwortete er auf die Frage, ob Trump kandidieren sollte, nicht nur mit einem Ja. Er bot sich auch direkt dafür an, ihm beim Wahlkampf zu unterstützen. Und das, nachdem er bereits öffentlich gemacht hatte, 2008 Obama gewählt zu haben.
In einem Interview mit Fox war er dann aber sichtlich enttäuscht von dieser Entscheidung und plauderte dann noch ein wenig über seinen Auftritt bei Ronald Reagan. Meat Loaf hat in früheren Interviews auf die Frage nach seinen politischen Sichtweisen oft mit einem „ich bin weder rechts noch links“ geantwortet. Den Klimawandel zu leugnen und dabei noch Greta Thunberg in einem Interview mit DailyMail zu beleidigen und als „gehirngewaschene Göre“ zu bezeichnen, klingt dann aber nicht mehr wirklich neutral.
Doch warum fällt mir die Entscheidung so schwer, ob ich diesen Klimawandel-Leugner überhaupt noch hören möchte? Ich verbinde eben nicht die politische Meinung dieses Künstlers mit seiner Musik, da es in seinen frühen Alben eigentlich gar nicht um Politik geht. Viel mehr ist es das Gefühl, was die Musik in einem erzeugt. Das Gefühl, völlig frei von allem auf einem Motorbike durch die Nacht zu fahren, auf dem Weg zu seiner oder ihrer Liebe, während man weiß, dass man am besten vor dem Morgengrauen wieder verschwindet. Es ist die Verschmelzung des „Bad Boy auf dem Motorrad“ mit der gefühlvollen Art über Liebe zu sprechen, die mich direkt angezogen hat. Meat Loaf kommt in seiner Musik ohne politische Statements aus, was in seinem Fall anscheinend ein sehr großer Vorteil ist.
Die Frage, die sich mir also stellt, ist: Was genau hat seine Musik mit seiner politischen Meinung zu tun? Einige meinen, Kunst und Künstler:in können nicht getrennt werden. Andere wiederum behaupten, es sei sehr wohl trennbar, solange die Musik die Statements und politischen Meinungen des Künstlers/der Künstlerin nicht widerspiegelt.
Um noch einmal auf meine Frage vom Anfang zurückzukommen:
Ich werde jetzt keine alten Platten von Meat Loaf wegschmeißen, weil der Künstler hinter der Kunst unter anderem großer Trump Fan ist. Auf der anderen Seite kann ich diesen Fakt auch nicht einfach so ausblenden. Für mich geht es vor allem bei Künstler:innen, deren politische Meinung ich absolut nicht vertrete, darum, dass ich mir bewusst mache, was der*die Künstler:in im realen Leben sagt und denkt und mir dann die Frage stelle: Kann ich die Musik trotz meines neu gewonnenen Wissens noch weiter hören und so akzeptieren?
Bei Meat Loaf ist meine Antwort klar: Ja. Ich weiß auch um die politische Meinung des Künstlers Bescheid und würde nicht mit ihm auf einem Motorrad in den Sonnenuntergang fahren. Aber ich persönlich meine, dass die politische Meinung Meat Loafs keinen Einfluss auf die alten Platten hat.
Quellen
Interview Fox News
https://www.youtube.com/watch?v=tPKBdALUKJM
Meat Loaf sagt Trump, er soll kandidieren
https://www.youtube.com/watch?v=_7NHdRrvIEg
Meat Loaf singt "America The Beautiful" bei Romney
https://www.youtube.com/watch?v=Y7nVteJ8_8k
Meat Loaf Billboard
https://www.billboard.com/articles/columns/rock/7817657/meat-loaf-bat-out-of-hell-musical-interview
Paula Thode
Paula kommt eigentlich aus Cuxhaven, ist dann aber für ihr FSJ nach Hamburg gezogen. Dort hält sie es durch die Liebe zum Underground Hip Hop und aus Faszination zum autonomen Zentrum in der Schanze ganz gut aus. Ihre Liebe zur Musik hat sie durch die Antilopen Gang entdeckt und seitdem interessiert sie sich für alles, was nicht Mainstream-Deutschrap ist.