Reeperbahn Festival 2018: 10 Geheimtipps, die ihr noch nicht kennt
08.07.2018 | Jakob Uhlig
Findige Album-der-Woche-Leser haben in den Untiefen des Line-Ups natürlich schon längst einige Highlights entdeckt: Die Münchener Alternative-Durchstarter Blackout Problems sind ebenso am Start wie die Szene-Stars Heisskalt. Um diese Acts soll es deswegen aber heute gar nicht gehen. Stattdessen stellen wir euch 10 unserer Favoriten vor, die ihr bestimmt noch nicht auf dem Schirm habt.
1. WhoMadeWho
Schon im März konnten wir in der Hansestadt feststellen, dass WhoMadeWho absolute Live-Giganten sind. Auf dem Reeperbahn Festival bietet sich die nächste Gelegenheit, die dänischen Elektro-Heroen bei ihrer Kunst ganz direkt zu bewundern. Ihre ohnehin schon fantastischen Songs arrangiert das Trio für die Bühne vollständig neu, verwendet Gitarre, Bass und Schlagzeug anstatt Synthesizern und reißt damit unheimlich energetisch mit. Wer sich darauf bereits einstimmen will, dem sei das grandiose aktuelle Album „Through The Walls“ ans Herz gelegt.
2. Gewalt
Das neue Projekt von Ex-Surrogat-Frontmann Patrick Wagner hat eines der verstörendsten Bandkonzepte der letzten Jahre. Erbarmungslos repetitiv drescht Wagner über ohrenbetäubende Drum-Loops seine nihilistischen Phrasen, die alles in Frage stellen und in ihrer Ruhelosigkeit zu keiner Antwort gelangen. Zweifellos ein Act, für den man starke Nerven haben muss – aber einer, der einen umso intensiver gefangen nimmt, wenn man sich auf ihn einlässt.
3. Okta Logue
Okta Logues psychedelische Pop-Interpretation befindet sich in stetiger Schwebe und erinnert in ihren Solo-Passagen bisweilen an die Leichtigkeit von Pink Floyd. Dabei schafft das Quartett den schwierigen Spagat zwischen Eingängigkeit und Progressivität, die es auf der Bühne mit voller Leidenschaft auslebt. Besonders die ausgiebigen Jams der Band sind ein Highlight, dem sich kein Musikfan entziehen sollte.
4. Parcels
Parcels klingen, als wären sie im Jahr 2018 nicht ganz richtig, sind aber gerade deswegen so unfassbar liebenswert. Die Band lässt die funkige Disko-Ästhetik der 70er wieder aufleben und erinnert verdächtig an die Bee Gees. Die Musik von Parcels ist dabei mal extravertiert und mal betont laid-back, aber immer unheimlich stimmungsvoll und wahnsinnig tight gespielt.
5. Stereo Honey
Das britische Indie-Quartett Stereo Honey zieht klanglich an allen Registern. Die Songs der Band triefen vor durchtränkter Melancholie, sind weitläufig und undurchdringbar. Passend dazu agieren die Londoner im Video zu „The Bay“ unter Wasser. Obwohl erst eine einzige EP erschienen ist, könnten Stereo Honey der nächste große britische Export werden.
6. Swedish Death Candy
Es schnurrt, klirrt und hallt: Swedish Death Candy veranstalten eine irrwitzig geladene Mischung aus Fuzz, Noise, Stoner und Garage, die sich in etwa so lärmend anhört, wie man anhand dieser Genre-Betitelungen vermuten würde. Dabei besonders eindrücklich: Trotz der schwierigen Sound-Grundlage vergessen die Briten nicht ein geschicktes und wendungsreiches Songwriting, das sich auch in zurückhaltenden Gefilden wohlfühlt.
7. Karies
Wer sich für Die Nerven oder Trümmer begeistert, der dürfte sich auch gut mit Karies anfreunden. Im Gegensatz zu ihren Post-Punk-Kollegen legen die Stuttgarter aber noch viel mehr Wert auf instrumentale Progression und fahren dafür ihre minimalistischen Zeilen gerne vollständig zurück. Das Ergebnis ist ein spannender Genre-Beitrag, der die Vorzüge seiner Klangumgebung deutlich ausspielt und Aspekte in den Vordergrund stellt, die anderswo nur eine Randerscheinung sind.
8. Great News
Das norwegische Trio fabriziert poppigen Indierock mit einem Twist: Die Melodien der Band werden durch große Halleffekte und weitläufige Synthies aufgeweicht, wodurch durchgängig ein gewisser Shoegaze-Vibe mitschwingt. So entsteht mit sehr einfachen Mitteln eine ganz neue Ästhetik, deren Erkundung sich lohnt.
9. Baby Galaxy
Baby Galaxy werden vor allem durch die Diskrepanz in ihrem Klangbild interessant. Während der Noise im Hintergrund durch mächtiges Schlagzeug und knarzende Gitarren vorsichtig am Beben ist, kommentiert Frontmann Nick Jongen dieses Getöse mit samtigem Pop-Gesang. Zwischenzeitlich hält der sich dann aber doch zurück und macht Platz für ein Instrumental-Ungewitter, das gerade durch seinen kontrastierenden Einsatz besonders wirkungsvoll anmutet.
10. Matthew Matilda
Matthew Matilda spielen unheimlich coolen, verrauchten Blues Rock, der sich durch seine ungewöhnliche Instrumentierung auszeichnet. Anstatt sich nur auf Bass, Gitarre und Drums zu verlassen, hat das Trio mit Matilda Pfeiffer noch eine Cellistin dabei, die den Songs eine ganz eigene und weiche Note verleiht. Die jüngst erschienene erste EP könnte Großes bedeuten.
Jakob Uhlig
Jakob kommt aus dem hohen Norden und studiert zur Zeit historische Musikwissenschaft. Bei Album der Woche ist er, neben seiner Tätigkeit als Schreiberling, auch für die Qualitätskontrolle zuständig. Musikalisch liebt er alles von Wiener Klassik bis Deathcore, seine musikalische Heimat wird aber immer die Rockmusik in all ihren Facetten bleiben.