GenreGPT - Ausgabe 8: Cowpunk
04.03.2025 | Moritz Zelkowicz

Es ist die Pointe einer alten Berliner Geschichte, doch sie passt so hervorragend zum heutigen Thema: "Nun schadet ditt ja nicht, aber ick frage sie: Watt soll der Unsinn?" Das fasst Cowpunk ganz gut zusammen. Wie der Name schon verrät, ist Cowpunk ein Kofferwort aus Cowboy und Punk, also einen Mix aus Punk oder New Wave und Country oder Folk. Und ausnahmsweise muss man keine gruseligen, dunklen Darkweb Pfade betreten um verwertbare Klangbeispiele zu finden. Die ein oder andere Band kennt man sogar, oder glaubt man zu kennen, wie zum Beispiel Social Distortion oder die Meat Puppies.
Doch erstmal gehen wir zurück in die späten 70er und frühen 80er, denn hier geht es erstmal los. Nicht mit Punk, aber mit unangepassten Folk- und Country-Musiker:innen, denen die Szene zu langweilig, angepasst und konservativ war und damit die falsche Seite im aufkommenden Clash of Cultures, auch Culture War genannt, einnahmen. So entstehen erste Formationen, die von der legendären Rosie Flores gegründete Formation Rosie and the Screamers, die langsam anfangen Geschlechter- und Sexualitätsklischees aufzubrechen und queere Einflüsse in Countrymusik zu bringen. Ein etwas kaputterer Geselle war da eher T. Tex Edwards, der über die Jahre viele verschiedene Formationen unter seinem Namen vereinigte, unter anderem die Swinging' Kornflake Killers oder die Nervebreakers, mit denen er 1977 für die Ramones und 1978 für die Sex Pistols auf deren US-Tour geopened hat. Edwards orientierte sich noch stark an Country Themen, aber drehte diese gerne ins Derbe. So Versuchte er sich intensiver an der Verbindung von lauteren und härteren Tönen und Country Sound. Größte Inspiration war dabei die 70er Jahre Psychobilly (Bald auch in ihrem GenreGPT!) Band The Cramps. In den 80ern vermischen sich die Ansätze von Flores und Edwards, also der Mix der Musik und progressivere Themen in der aus Los Angeles stammenden Band X. Die Band wurde in den USA auch kommerziell schwer erfolgreich und die Alben "Los Angeles" und "Wild Gift" sind in den Top 500 Alben aller Zeiten des Rolling Stone zu finden. Hier beginnt endgültig das Zeitalter des Cowpunks, auch wenn Rosie Flores den Begriff später für sich als Gründerin claimed.
Und nun ist der Weg auch tatsächlich frei für größere Bands. Social Distortion fingen auf "Prison Bound" nach 10 Jahren Bandgeschichte an sich stilistisch etwas zu ändern und brachten sich mit vielen Johnny Cash Referenzen auf den Weg in Richtung Cowpunk, ehe sie 1990 auf ihrem Self-Titled Album einfach Johnny Cash coverten.
Heutzutage findet dieses Genre nur noch wenig ernsthaft statt. Einige wenige Bands und Künstler*innen nehmen die Thematik eher ironisch auf und labeln sich als Cowboy Themed Punk Band, der Fokus liegt auf Wildem Westen, Viehtrieb, Cowboys, vermeintlicher Südstaaten-Hillbilly Romantik und Landwirtschaft, meist wenig originell und spätestens wenn es um Indigene Völker und Personen geht auch noch hochgradig problematisch. So stirbt der Begriff Cowpunk ein wenig und lebt beinahe nur noch durch die alten großen Namen weiter.
Man muss auch ehrlicherweise anmerken, das Genre an sich wäre zu vernachlässigen, siehe das Eingangszitat, allerdings ist der leider oft vergessene kulturhistorische Hintergrund interessant und für eine kleine Szene in den USA damals auch absolut wegweisend. Gerade in ländlicheren Gebieten war Cowpunk ein kleiner Eskapismus aus der Landromantik und den immer gleichen Western Geschichten der Countrygrößen der Zeit. Viva Punk! Aber eben mit Stetson.

Moritz Zelkowicz
Moritz deckt als Franke den Süden Deutschlands ab. Er versucht beständig Teil der Lügenpresse zu sein, ist aber ansonsten im Marketing tätig. Musikalisch ist er überall dabei, ob Punk, Core oder Rap, erlaubt ist, was gefällt.