Abramowicz - Call The Judges & Generation
01.05.2016 | Jakob Uhlig
Schon die ersten Takte von „Edith“, dem ersten Song des Werks, geben eine klare Richtung vor: Die Gitarre ist hier kein bloßes Beiwerk, sondern fügt sich wie eine zweite Gesangsstimme in das Geschehen ein. Mal in luftigen Höhen singend, mal rhythmisch treibend, aber immer melodisch – Abramowiczs Musik lebt. Ein Bild, das sich auch thematisch in den Songs wiederspiegelt. Für Düsternis ist bei den Hamburgern kein Platz, ihre Texte handeln vom Tanzen, Feiern oder der Liebe zum Treiben der Großstadt. Ein Soundtrack des Lebendigseins, der mitreißt. Abramowiczs Sound ist ehrlich, nicht abgehoben und stimmig. Dass die Platte auch in sich wie ein Gesamtwerk wirkt, ist bemerkenswert, da sie aus der 2015 erschienenen EP „Generation“ und den neuen Songs von „Call The Judges“ entstanden ist. Trotzdem wirkt hier nichts zusammengewürfelt, jeder Song klingt wie die konsequente Fortsetzung des vorherigen – als wäre das alles von Anfang an so geplant gewesen. Das liegt vor allem am konsequent geführten, eigenständigen Sound der Band: Da treffen Indie-lastige Gitarrenwände auf kratzige Punk-Vocals, Klavier-Klänge auf Rockmusik, jugendliche Frische auf routiniertes Songwriting. Das alles wirkt vertraut, weil Abramowicz ihre Musik aus dem Alltag greifen – und damit jeden von uns zu berühren wissen.
Das Lebensgefühl, das die fünf Hamburger uns vermitteln, duftet nach nordischer Freiheit, und zeigt, was Rockmusik neben einem Sprachrohr für politische Aktivisten eben noch sein kann: Die Möglichkeit, einfach loszulassen, die Sorgen zu vergessen und bis tief in die Nacht zu tanzen. Diese Platte verwandelt die schönsten Augenblicke des Seins in Musik und wird auf Konzerten der Band ekstatisch abgefeiert werden. Singende Gitarren, lebensbejahende Texte, Keyboards? Also ist das noch Punkrock? Die Frage sollte eher lauten: Interessiert das überhaupt noch jemanden nach diesem Feuerwerk? Denn abseits von allen Genre-Diskussionen ist „Call The Judges & Generation“ eines mit Sicherheit: eine Platte, die zu begeistern weiß. Und nur darauf kommt es letztendlich an.
Jakob Uhlig
Jakob kommt aus dem hohen Norden und studiert zur Zeit historische Musikwissenschaft. Bei Album der Woche ist er, neben seiner Tätigkeit als Schreiberling, auch für die Qualitätskontrolle zuständig. Musikalisch liebt er alles von Wiener Klassik bis Deathcore, seine musikalische Heimat wird aber immer die Rockmusik in all ihren Facetten bleiben.