Bad Assumption und "No Excuses": Alpaca, Rise
27.10.2022 | Dave Mante
Wichtige Anmerkung
Um euch die nötige und wichtige Transparenz zu geben, soll hier einmal gesagt sein, dass Merten, seines Zeichens Mitglied von Bad Assumption, für eine lange Zeit Redakteur beim Album der Woche war und weiterhin sehr viel Zeit mit uns im Telegramchat verbringt. Natürlich fließt dies in keiner Weise in die Wertung ein, auch weil das vor meiner (Dave) Zeit beim Fanzine war.
Kennt ihr den Moment, in welchem ihr eine Band oder ein Album eigentlich schon ewig mal hören wolltet, weil ihr es sicher sehr gut finden würdet, aber irgendwie kommt es nicht dazu. So ungefähr geht es mir mit „Angst“ der Band Bad Assumption aus Münster und Berlin. Nun sind wir an dem Punkt angekommen, in welchem bereits der Nachfolger „No Excuses“ bereit steht. Und damit ich diesmal wirklich reinhöre, gibt es diesen Text hier.
Die selbstbezeichneten ‚Tracksuitpunx‘ spielen im Kern eine sehr freie Kombination aus Melodic- und Post-Hardcore, welche sich des öfteren auch aus ferneren Genres wie dem Pop-Punk oder dem Post-Irgendwas bedient. Immer wieder erinnert das an Genregrößen wie Touchè Amore oder auch den Emo-Punk Giganten von Hawthorne Heights erinnert. Allerdings passiert dies nie so sehr, dass es wie eine Kopie klingt. Als Beispiel, der Titeltrack, „No Excuses“ klingt so, als hätte man ihn aus 2004 rausgeschnitten. Sehr melodisches und treibendes Instrumental trifft auf recht rotzigen und pop-punkigen Gesang. In der Mitte bricht der Song dann auf und wandelt sich zum klassischen Hardcoretrack, zu welchem man die Violent Dancer durch den kleinen Jugendklub fliegen sehen könnte. Darauf folgt eine kurze, sehr zurückgefahrene Bridge und dann wieder der gewohnte Refrain. Durch die hervorragenden Reminiszenzen und genug Funken „Gegenwartssound“ wird der Song zu einem der stärksten der Platte. Wo wir schon bei Stärken sind, auch die Single „Loyal Freedom Dogs“ hat es nicht nur härtetechnisch in sich, nein, auch die eben schon gelobte Kombi der Sounds tut hier erneut ihren großen Teil zum großartigen Gesamtpaket dazu. Der Song ist ab Sekunde eins ein wütendes Feuerwerk, welches einen der Refrains des Jahres zutage bringt, aber auch die Lyrik ist hier herauszuheben, da die erste Strophe in Englisch und die zweite in Deutsch durch die Boxen gedonnert wird. Die kurze und ruhige Bridge gegen Ende gibt dann noch ihr übriges dazu.
Ruhe ist ein gutes Stichwort. Nicht nur gibt es mit Liedern wie „Reason Why I Live“ kurze Atempausen auf dem Album, welche stets zu passenden Gelegenheiten auftauchen, nein, sie sind auch noch ein weiterer Punkt, welcher das große Plus der Abwechslung unterstreicht. Beim genannten Song ist es vor allem der Refrain, welcher wieder so schön eigenständig und gar einzigartig klingt. Solche Momente hätte das Album gern noch mehr haben können, also die, in denen das Album von seiner rohen Brutalität kurz ein paar Stufen heruntersteigt und so einen opulenten und eher ruhigen Track den Raum lässt, den er benötigt, um zu wirken und die Hörer*innen in Melancholie einzuweben. Ebenso wilkommen wären weitere kurze Nackenbrecher wie „One Last Hope“ mit Rudi von Annisokay gewesen. Das ist immer wieder eine kleine Offenbarung, wenn Künstler*innen solch kurze und brettharte Songs spielen, bei welchen man jetzt schon weiß, wie der Pit aussehen wird, vor allem bei dem unfassbaren Breakdown am Ende.
„No Excuses“ hebt Bad Assumption auf eine weitere Stufe in ihrer noch recht kurzen Bandgeschichte, und so langsam entfernen sie sich davon, als Geheimtipp zu gelten, welcher recht nerdig durch irgendwelche Foren gejagt wird, um zu zeigen, was für krassen Undergroundshit man so hört. Nein, mal im Ernst, das Album ist absolut hervorragend und bringt den Post-Hardcore Pop-Punk irgendwas Mix genau auf den Punkt, auf den er soll und schafft die ultimative Schwebe zwischen Gegenwartssound und altem Schrammelhardcore, ohne zu sehr nach irgendwem sonst zu klingen. Ihr solltet hier definitiv mal reinhören!
Wertung
„No Excuses“ von Bad Assumption ist eine Post-Hardcore-Platte, welche durchaus das Potenzial hat, in meiner Top 10 des Jahres zu landen. Eigentlich bin ich nicht der größte Fan des sehr rohen Sounds, den dieses Genre manchmal annimmt. Hier zeigt sich aber, wie gut das passen und sich anhören kann. Zwischendurch immer wieder die kurzen Ruhepausen wie in „Reason Why I Live“ um dann bei „Loyal Freedom Dogs“ wieder voll durchzudrehen, macht so viel Spaß, dass ich dieses Wechselspiel gern öfters gehabt hätte. Das allerdings ist unnötiges Gemeckere auf sehr hohem Niveau.
Dave Mante
Aufgewachsen zwischen Rosenstolz und den Beatles hört sich Dave mittlerweile durch die halbe Musikwelt, egal ob brettharter Hardcore, rotziger Deutschpunk, emotionaler Indie oder ungewöhnlicher Hip Hop, irgendwas findet sich immer in seinen Playlisten. Nebenbei studiert er Kunstgeschichte, schlägt sich die Nächte als Barkeeper um die Ohren oder verflucht Lightroom, wenn er das gerade fotografierte Konzert aufarbeitet.