Bloodlights verlieren sich auf "Pulling No Punches" im Crossover-Wirrwarr
28.05.2017 | Miriam Rhein
„Viele Köche verderben den Brei“, sagt man. Viele Zutaten aber auch. Denn allein die Genrebezeichnungen Powerpop und Heavy Metal in einem Satz zu lesen, lässt nicht nur eingefleischten Metalheads die Matte zu Berge stehen. Die beiden Genres dann direkt nebeneinander in einem Album zu hören, ist ein wirklich schwieriges Akustik-Unterfangen.
Das vierte Studioalbum der Norweger startet mit dem, was Bloodlights am besten können: Schicke Gitarrensoli einstreuen, die jeden Song aufwerten. „Lights Out“ ist dafür das erste und beste Beispiel. Klassische Metal-Riffs und eingängiger Hard Rock Groove machen große Freude, weil sie knackig melodiös ausgearbeitet sind. Allerdings schüren sie eine Erwartung, die bei Nicht-Kennern der Band Enttäuschung hervorrufen wird.
Es folgt eine Achterbahnfahrt durch Genres, die der Band mal besser und mal schlechter stehen. Hatte der Opener noch ein bisschen Wumms, macht „Static Pulse“ mit ausgelutschten „Uhhh Uhhh-Chören“ eine eher poppig-lahme Figur. Eingekerkert zwischen „Lights Out“ und „Kick It Up“, einer schmissigen Rock’n’Roll-Nummer mit vorbildlichem Songaufbau, wird das Elend nur noch ersichtlicher.
Und so geht es weiter, immer weiter. „Suicide Letter“ ist ein Track, dessen Tiefe mir entweder entgangen ist oder bei dem der Spagat zwischen tanzbarem Pop-Rock und Lyrics einfach in die Hose gegangen ist. Der Track läutet eine Durststrecke von insgesamt drei Songs ein, die zwar alle nett sind, aber nicht mitreißen können. Sobald Bloodlights den Pop ins Spiel bringen, wird es ganz klischeehaft austauschbar. Da helfen auch die zum Teil wirklich gelungenen Gitarrensoli nur noch mäßig.
Das Gefühl, alles schon mal gehört zu haben, will mich zwar beim ganzen Album nicht loslassen, aber ein gewisser Motörhead-Flair, ist ja grundsätzlich nicht verkehrt. Besonders wenn man den mit Rock’n’Roll verfeinert. „Ass In A Coma“ (wie „Lights Out“ zuvor) ist so ein Stück, wo es wirklich weh tut, dass dieser Longplayer so viele Tiefen hat. Hier liefern Bloodlights ein Highlight ab, das zeigt, was sie wirklich können: Abwechslungsreicher Songaufbau, einwandfreie Gitarrenarbeit, zugängliche Melodie und den Spagat zwischen den Genres. Ganz nach dem Motto „Das beste kommt zum Schluss“ ist der letzte Song „The Only Way Is Down“ in diesem Sinne ebenso gut gelungen.
Wertung
„Pulling No Punches“ gleicht wahllos aneinander gereihten Pop- / Metal- / Rock’n’Roll- / Punk-Tracks, die letztlich nur den Sänger gemein haben. Zwischen den wenigen Highlights ist das meiste einfach glatt, platt und irgendwie schon einmal da gewesen.
Wertung
Punk und Rock'n'Roll zu vermischen wäre eine nette Idee, wenn sich nicht jeder der Songs klar nur auf eine der beiden Seiten schlagen würde. So wird aus "Pulling No Punches" eine Compilation, die zwischen zwei Welten umherdudelt, in keiner davon aber wirkliche Akzente zu setzen weiß.
Miriam Rhein
Miriam studiert Germanistik & Informationswissenschaft, lebt in NRW und ist ein Internetkind durch und durch. Deswegen bloggt sie auch noch auf www.zweidrittelkrach.de.
Mit den Wurzeln im Punk Rock und der Faszination im Heavy Metal hört sie alles, was leise nicht zu ertragen ist und laut nie wieder aus dem Kopf geht.