The Hunna und „Dare“: Sturm der Liebe
13.07.2018 | Miriam Rhein
Sie liebt ihn, sie liebt ihn nicht. Er liebt sie, aber sie will nicht. Dann will sie, aber er nicht mehr. Das ist der gewohnte Werdegang einer stereotypischen Liebesgeschichte einer Telenovela. Egal ob ARD oder RTL – sie haben eines gemeinsam: Während der ersten Folgen fiebert man noch mit und ab einem gewissen Punkt wird es nur noch absurd. Analog dazu trägt es sich bei The Hunnas zweitem Studioalbum „Dare“ zu.
Der gleichnamige Opener startet verheißungsvoll mit dominanten Riffs und zeigt, dass hier das Rad sicherlich nicht neu erfunden wird, die catchy Melodie wird aber im späteren Verlauf des Songs mit einer gesättigten Gitarrenwand untermauert. So raut das Quartett aus Hertfordshire das inhaltliche Katz-und-Maus-Spiel mit der Herzensdame ordentlich an und ist damit angekommen bei: Er will, sie aber nicht.
In ruhiger, akustischer Umgebung fragt er sie später in „Babe, Can I Call“ herzzerreißend, ob er sie nicht anrufen könne. Die zarte und sehnsüchtige Atmosphäre, die dem indielastigen Sound zu verdanken ist, trifft mitten ins Herz – die Stärke der Engländer. Die häppchenweise eingestreuten Lyrikbilder werden auf den Punkt erzählt, kein Platz für Interpretation, stattdessen lückenloses Storytelling, mit dem jeder etwas anfangen kann. Die Szenen werden untermalt mit einer kleinen, aber wirkungsstarken Range von Indie-, Pop- und Alternative-Elementen. Dabei bleibt alles weitgehend unaufgeregt, das heißt, Ecken und Kanten sucht man auf diesem Album vergebens.
Das ist nicht direkt ein Problem, wird in der Hülle und Fülle von Liebesbekundungen allerdings anstrengend. Spätestens bei „Flickin‘ Your Hair“, das ebenfalls mit einem netten telenovelaesken Moment an der Bar beginnt, dämmert es beim Zuhören, dass thematisch wohl nicht mehr viel zu erwarten ist. Ähnlich verhalten sich leider auch die Refrains, die mit einem Variationsquell von höchstens zwei unterschiedlichen, aber sich in Dauerschleife wiederholenden Versen wenig punkten können.
Am Ende wird noch einmal die knallharte Rockkeule bei „Y.D.W.I.W.M.“ (You Don’t Want It With Me) rausgeholt. Passend zum abgebrühten Sound endet die Daily Soap Love Story mit (Achtung: Spoiler!) einer Freundschaft mit gewissen Vorzügen, denn die Angeschmachtete möchte nichts Festes.
So endet der 35-minütige Ausflug in die Untiefen des englischen Liebesdramas „Dare“, der in seinen einzelnen Songs Potenzial für den ein oder anderen Ohrwurm hat, in Gänze aber eben doch nur mit dem Unterhaltungswert von Köln 50667 mithalten kann.
Wertung
Daily Soaps können an schweren Tagen wunderbar für leichtgängige Zerstreuung sorgen. Genau dafür sind einzelne Songs sicherlich gut geeignet. Ein ganzes Album allerdings auf diesem Niveau anzubieten, ließ meine anfängliche Sympathie schnell wieder in Rauch aufgehen.
Wertung
Im vereinigten Königreich sind The Hunna aus irgendeinem Grund der Shit, obwohl sie eigentlich absoluter Standard sind. Jeder Song verfolgt die absolut selbe Schmachtstruktur und könnte für sich genommen eigentlich ganz nett sein, ist insgesamt aber viel zu eintönig. Der Rage-Against-The-Machine-Abklatsch zum Finale macht Spaß, kommt aber zu spät.
Miriam Rhein
Miriam studiert Germanistik & Informationswissenschaft, lebt in NRW und ist ein Internetkind durch und durch. Deswegen bloggt sie auch noch auf www.zweidrittelkrach.de.
Mit den Wurzeln im Punk Rock und der Faszination im Heavy Metal hört sie alles, was leise nicht zu ertragen ist und laut nie wieder aus dem Kopf geht.