Smile and Burn und „Seid ihr stolz auf mich?“: Ja!
21.07.2024 | Jannika Hoberg
An dieses Thema haben sich wahrlich noch nicht viele Musiker:innen herangewagt - ganz zu schweigen davon, dass es in unserer Gesellschaft noch gar nicht so verbreitet ist, wie es sein müsste. Smile and Burn befassen sich auf ihrer aktuellen Platte "Seid ihr stolz auf mich?" mit transgenerationalem Trauma, also Traumata, die von Eltern, oft ungewollt und unbewusst, an ihre Kinder weitergegeben werden.
Gleich der (fast) titelgebende Song "Stolz" stellt die Frage an unsere Eltern, ob sie stolz auf uns sind und bittet darum, nicht alleine gelassen zu werden. Die Zeile "Denn ich wollte nur gefallen" trifft mitten ins Herz - "Alle sind Schuld, keiner will es sein" dann den Nagel auf den Kopf, was transgenerationales Trauma ausmacht.
Musikalisch am einprägsamsten ist vielleicht "Bomben fallen", so gibt es fast eine Ohrwurmgarantie trotz so schwer im Magen liegenden Text. Und auch "Weckt mich nicht auf, wenn die Bomben fallen" ist in unserer von multiplen Krisen geprägten Gegenwart eine wahrhaft schmerzhafte und doch akkurate Textzeile. Und davon gibt es auf dem Album so viele, gefühlt jede zweite Textzeile lässt sich herausschreiben. "Alles was uns quält ist das Gewissen von gestern, wir haben alles weggedrückt, was uns nicht schlafen lässt" aus "Asche von gestern" ist nur eine weitere von vielen.
Doch diese lyrische Exzellenz würde als Song ohne ein stabiles musikalisches Grundgerüst nicht funktionieren - und auch das ist gegeben. Gitarren und Schlagzeug sind klassischer Indierock, darüber dann die leicht rotzig klingende und fast scheppernd abgemischte Stimme von Philipp Müller. Es wird mal geschrien, mal fast sanft und choral gesungen, und das alles ergibt ein tolles klangliches Gesamtbild.
Im Sound durchaus erahnbar ist die Zusammenarbeit mit den Donots - Guido Knollmann und Jan-Dirk Poggemann haben an allen Songs außer "Flackert und geht aus" und "Hier hält gar nichts" mitkomponiert - bei letzterem ist dafür dann Mario Radetzky von den Blackout Problems als Composer mitaufgeführt. Das passt auch einfach!
Wertung
Kurzum: Smile and Burn liefern nicht nur inhaltlich ein wichtiges Album zu einem viel zu unterrepräsentierten Thema - mit geradezu poetischen Texten, es klingt auch noch gut!
Jannika Hoberg
Jannie begeistert von Punk über Metal bis hin zu Hardcore alles, ob aggressive Beats oder auch mal soft - auch außerhalb dieses Genrespektrums. Neben der Leidenschaft für Konzertfotografie ist Jannie mit verschiedenen Instrumenten für diverse Jamsessions zu haben. Zuhause ist dey auf Konzerten und Festivals, ansonsten studiert Jannie nebenbei noch Umweltingenieurwesen in Weimar.