Unter dem Radar #13: Apaath
23.05.2019 | Moritz Zelkowicz
Gründung: 2016
Heimatstadt: Nürnberg
Genre: Post-Hardcore, Math-Core
Bisher veröffentlicht: „Clown“, „VonSam“, „Schanze“ (Singles)
Für Fans von: Fjørt, Lygo, Kora Winter
Es ist ein Satz, den man gar nicht so selten von eng befreundeten Leuten hört: „Früher hatten wir gar nicht viel zu tun. Aber irgendwann…“ So oder so ähnlich lief es wohl auch in Rügland, einer kleinen Ortschaft bei Ansbach in Richtung Nürnberg. Irgendwann stand man dann doch in der heimischen Garage, die als Proberaum herhält. Bassist Jo erzählt das mit einem leichten Lächeln auf den Lippen. Allgemein scheint der Bandname Apaath sich so überhaupt nicht in ihm zu spiegeln. Er ist offen, höflich, hat viel Humor, von Apathie nicht die geringste Spur, ganz im Gegenteil. Die Jungs spielen an diesem Abend in einem sehr kleinen Jugendclub in Nürnberg, dem Geiza. Ein Abend mit verschiedensten kleinen Bands, eine feiert Record-Release, die Hauptband ist Apaath. Schon als das Quartett den Raum betritt, um die Bühne für sich einzurichten, sieht man den Unterschied. Apaath bewegen sich auf einem äußerst professionellen Niveau. Die Handgriffe sitzen, alle Aufgaben sind verteilt, erstmals an dem Abend hängt auch ein kleines Backdrop im Hintergrund.
„Ziemlich surreal, gleich wieder in einem solchen Raum zu spielen.“ Zwei Wochen zuvor standen die Vier noch im Nürnberger Hirsch mit City Kids Feel The Beat auf der Bühne, wo wahrscheinlich mehr Menschen im Hintergrund arbeiteten, als heute Besucher im Geiza sind. Das Ganze geschah im Rahmen der monatlichen „Pull The Trigger“-Party, für die sich die Veranstalter immer zwei oder drei Bands aus (Pop-)Punk, Metal oder Core einladen. „Es war mit Abstand unsere größte Show, aber das hat sich verdammt gut angefühlt.“ Das würde Jo auch nach der Show im Geiza sagen. „Irgendwann kommen wir wieder in den Hirsch und dann machen wir die Bude voll!“ Er sagt das mit einem ernsten Gesicht, fängt dann aber direkt an zu lachen. Erstmals gibt’s es an diesem Abend auch so etwas wie einen Soundcheck. Jo erklärt ganz genau welche Einstellung er wann wo haben möchte. Ein leichtes für ihn, nebenher macht er manchmal den Ton im Club Stereo in Nürnberg. Außerdem hat man bei den vorigen Bands gehört, was passiert, wenn diese Ansagen nicht gemacht werden: Äußerst unschöne Übersteuerungen trüben das Klangbild.
Der kleine Raum ist dann komplett voll und die Band zieht die Show durch, als wäre dies ihr tausendstes Konzert. Jeder Shout sitzt, die Breaks sind perfekt einstudiert, die Band ist voll in ihrem Element. Die ganze Show ist ein einziges DIY-Projekt, so wie es die ganze Band ist. Nun ist dies nicht übermäßig verwunderlich, die wenigsten jungen Künstler werden auf Anhieb irgendwo unter Vertrag genommen, auch Apaath nicht. Aber die Band arbeitet hart für dieses Ziel. „Wenn wir irgendwann davon leben könnten, das wäre schon ein großer Traum. Es ist gerade verdammt schwer vorstellbar, dass das irgendwann mal klappen kann, aber warum denn eigentlich nicht?“ Ja, warum nicht? Auch wenn man noch in einer musikalischen Findungsphase ist, so hat man sich bisher zwischen Post-Hardcore und Mathcore eingependelt. „Wir wissen selbst noch nicht, wie es mit uns musikalisch weitergeht, aktuell gefällt uns das sehr gut. Aber wir haben auch schon ganz andere Nummern geschrieben.“
Apaaths Musik zeichnet sich durch harte Gitarren und Basslines aus, geprägt von dissonanten Riffs. Sänger Philipp übernimmt gleich zwei Parts, indem er den Clean-Gesang und die Shouts übernimmt – man weiß gar nicht, was er besser macht. Und auch hier ist verwunderlich, wie wenig von dem höflichen, fröhlichen jungen Mann von eben übrig ist. Die Songs erzählen von Verzweiflung, Dunkelheit und tiefer Angst. Philipp bringt diese Stimmung absolut perfekt rüber, fast sieht es so aus als würde er bei „Clown“ selber anfangen zu weinen, und doch sieht man ihn zwischen den Songs in sich hineingrinsen, aus Freude, wie großartig der Auftritt verläuft. Nach dem Auftritt ist die Band vollkommen fertig, aber auch regelrecht berauscht. „Das war vielleicht unser bester Auftritt!“ Jo sitzt nun auf einem kleinen Klappstuhl hinter dem Merchtisch. Auf diesem steht ein Koffer, in dem die selbstgestalteten Shirts und Turnbeutel lagern. Sie zeigen das Cover der Single „Clown“. Nicht ohne Stolz erzählt Jo, dass alle drei Covers der Singles von Philipp selbst gestaltet wurden. Sie sind minimalistisch gehalten, „VonSam“ erinnert ein wenig an das Cover von Caseys „Love is not enough“.
Obwohl Apaath schon mehr Songs geschrieben haben und auch live spielen, sind bisher nur „Clown“, „VonSam“ und „Schanze“ aufgenommen und auf allen gängigen Streamingportalen zu finden. Jede der Singles ist ein kleines Manifest. Einsamkeit, Trauer, Resignation, immer aber auch ein Funke in der Dunkelheit, Hoffnung. Im März präsentierten wir bereits das Musikvideo zu „VonSam“, einen Eindruck ihrer Liveperformance bietet die Livesession zu „Schanze“. Auch hier muss Jo lachen. „Als wir die Studiozeit für die Singles hatten, war am Schluss noch Zeit über und dann haben wir kurzerhand die Live-Session aufgenommen.“
Apaaths Musik beschäftigt sich mit der unbequemen, hässlichen, um nicht zu sagen verstörenden Seite des Lebens, denn das ist die Stelle, an der sie ihre Kunst schaffen. Die Professionalität des Quartetts auf und abseits der Bühne ist schwer beeindruckend und gibt einem eine Idee, wohin es mit der Band mal gehen könnte. Aktuell befinden sich die vier im Studio und so kann man gespannt ausharren, wie es, vor allem musikalisch, mit der Combo weitergeht.
Moritz Zelkowicz
Moritz deckt als Franke den Süden Deutschlands ab. Er versucht beständig Teil der Lügenpresse zu sein, ist aber ansonsten im Marketing tätig. Musikalisch ist er überall dabei, ob Punk, Core oder Rap, erlaubt ist, was gefällt.