Unter dem Radar #28: MNEMONAUT
04.10.2021 | Moritz Zelkowicz
Heimat: Berlin und Umland
Genre: Synthie-Prog-Melodic-Metalcore
Bisher veröffentlicht: Re:Dream (2020); Redream (Live Acoustic Sessions) (2021)
Für Fans von: Skid Row, Slipknot, Air Bourne
Die Frage nach Henne und Ei ist ein Bild, dass zu bedienen einen längeren Bart hat, als Albus Dumbledore. Leider passt das Bild hier perfekt. 2018 steht die Band The Sky Below vor dem Aus. Max erinnert sich: „Wir haben da versucht, so eine Metalcore-Geschichte zu machen, dabei wussten wir gar nicht so genau wie das geht.“ Es ist Hans, damals wie heute Bassist, der anfängt neue Songs zu schreiben, doch die stilistische Richtung ändert sich. „Wir sind riesen Enter-Shikari-Fans,“ erzählt Tom, „Und Max stecken wir damit gerade mit an. Aber diese Vielfalt ist einfach der Wahnsinn und da haben wir uns orientiert. Die Strömungen und Genres aufzunehmen, die uns gut gefallen und die passen.“ Was entsteht, ist - wie bei Enter Shikari - schwer zu kategorisieren. Metal und Core sind ein Teil, gewiss auch kein kleiner, eine progressive Ader ist zu erkennen, viele Synthie-Vibes. Sänger und Gitarrist Tom shoutet und singt clean und das gleichermaßen stark. Auf dem Debütalbum „Re:Dream“ ist übrigens die ganze Band in den Vocals zu hören, auch Schlagzeuger Max. „Re:Dream“ war im Kasten, doch das neue Projekt war noch nicht mehr als eben das, ein Projekt. So wurde die Bandfrage gestellt und MNEMONAUT war geboren. Zu einem schlechten Zeitpunkt leider. Das Virus mit C verhindert jede mögliche Releaseshow und erstickt jede Idee einer Tour im Keim. „Man kann schon sagen, dass dies das nächste große Ziel ist. Klar, auch Shows zu spielen, aber dann auch mal zu touren.“ Was man bei vielen Bands beobachten kann und auch immer wieder hört, sind zwei Extreme, die während der Zwangspause entstehen. Entweder extreme Motivation, Motivation für Neues, Motivation für eine Zeit nach Corona zu proben. Diese schlägt aber nicht selten in das andere Extrem um. Eine Lethargie, in der man sich kaum motivieren kann. „Es gab immer wieder Phasen, in denen man sich wirklich aufraffen musste, wo die Motivation wirklich nicht da war.“ Doch die Motivation blieb für weitere Aktionen.
Nach und nach wurden Songs vom Album in Acoustic-Sessions veröffentlicht. Angesichts der Tracklist ist die Wahl der Songs für diese Sessions doch überraschend. „"Empress" ist schon der härteste Track des Albums, auf jeden Fall der, der am stärksten Richtung Metal geht. Da war uns sofort klar, dass der da auf jeden Fall dabei sein muss.“ Alazka und Architects haben schon mustergültig gezeigt, wie man sich selbst akustisch covert, aber zwischen dem Härtegrad von „Empress“ und Tracks wie „Empty Throne“ oder „Doomsday“ liegen dann doch noch ein paar Welten. Und die Herausforderung, einen derart harten Track akustisch zu interpretieren, ist nicht zu unterschätzen. Die Herangehensweise von MNEMONAUT war dann wahrscheinlich auch die Richtige. „Wir haben das nicht groß geplant. Klar haben wir uns abgesprochen, aber es war alles sehr spontan und wenig geprobt. Und dann saßen wir in dieser Kirche und haben gespielt und dann auch schnell gefilmt.“ Das Ergebnis ist absolut eindrucksvoll und nur ein weiteres Zeichen für den Hunger, den MNEMONAUT haben. Kam ihr Album vor nicht mal einen Jahr heraus, ist neues Material schon in Arbeit. Die Single „Hindsight“ ist ein erster Eindruck dessen, was da noch kommen mag. Doch MNEMONAUT gehen auch mit Kalkül vor. Nicht ganz umsonst ist ihr meistgeklickter Song ein Cover von Blondies „Maria“. Sie schaffen es perfekt, diesen Song regelrecht einzunehmen und mit ihrer etwas düsteren Interpretation verändern sie die Bedeutung des Songs, gewollt oder ungewollt. Und der Clou geht auf, das Cover bringt Traffic auf die Accounts. MNEMONAUT stehen zwar noch am Anfang ihrer Bandkarriere, ihr Output ist aber jetzt schon beeindruckend. Jetzt muss nur noch live nachgezogen werden.
Moritz Zelkowicz
Moritz deckt als Franke den Süden Deutschlands ab. Er versucht beständig Teil der Lügenpresse zu sein, ist aber ansonsten im Marketing tätig. Musikalisch ist er überall dabei, ob Punk, Core oder Rap, erlaubt ist, was gefällt.