Im Kreuzverhör #55: Destination Anywhere - "Party, Love And Tragedy"
16.08.2023 | Album der Woche Redaktion
"Bomben" und "Mehr davon" waren bei Album der Woche bereits Thema und wurden von Moritz und mir rezensiert. Im Rahmen des Formats "Im Kreuzverhör" möchte ich heute mit euch zusammen etwas weiter in die Vergangenheit von Destination Anywhere blicken. "Party, Love And Tragedy" stammt aus dem Jahr 2010 und ist das zweite vollwertige Album der Siegener. Gleichzeitig ist es die letzte Veröffentlichung komplett in englischer Sprache, bevor "Hier ist Godot" im Jahr 2013 mit deutschen Texten herausgebracht wurde.
Was das alles mit mir zu tun hat? (Noch) Gar nichts. Und doch kam es kurz später zu meiner ersten Begegnung mit Destination Anywhere auf einem örtlichen Schützenplatz, wo die Band im Rahmen eines Tagesfestivals auftrat. Ich war damals 15 Jahre alt, steckte seit vielen Jahren in meiner bis heute nie beendeten die ärzte-Phase und nahm alles mit, was laut war und eine gute Zeit versprach. Dass wir damals mit 15 Jahren ein Moshpit eröffneten und sehr wahrscheinlich alle anderen anwesenden Leute nur müde mit dem Kopf schüttelten interessierte uns kein bisschen, im Gegenteil. Destination Anywhere eröffneten mir an diesem Tag eine Tür zur Musik, die über den vereinzelten Einsatz von Blasinstrumenten in mir bekannten Songs hinaus geht und die Blechblasinstrumente zum wesentlichen Bestandteil werden lässt. Zum Glück kratzte damals jemand sein letztes Kleingeld zusammen, welches der Rest von uns schon längst am Getränkestand gelassen hatte, und kaufte "Party, Love And Tragedy" auf CD.
Das Album machte in den kommenden Tagen schnell die Runde innerhalb unserer Truppe und hat meine Mediathek seit dieser Zeit nicht wieder verlassen. Mehr noch: Destination Anywhere blieben dem bunten Mix meiner Lieblingsbands erhalten, ich landete irgendwann bei Album der Woche und habe die Trefferanzahl unserer Suchfunktion nach diesem Bandnamen seitdem massiv in die Höhe getrieben. Wenn ich dann dieses Album mit seinen Hymnen wie "I Can Wait" oder "Ignorance & Consequences" anhöre, denke ich nicht nur unglaublich gerne an die vor mittlerweile 13 Jahren geschehenen Situationen zurück, sondern freue ich mich umso mehr darauf, im Rahmen der anstehenden Tour der Band vor einer Bühne in Hannover zu stehen, mir "How You Feel" um die Ohren scheppern zu lassen und den Text lauthals mitzubrüllen. Ob es bei mir noch für ein Moshpit reicht, ist mittlerweile tagesformabhängig. Mir ist jedoch zu Ohren gekommen, dass ich bei Destination Anywhere immer mal wieder dazu neige in den Bewegungsmodus zu schalten. Wir sehen uns dann in Hannover!
Das Kreuzverhör-Format hat schon diverse absurde und skurrile Platten besprochen. Mit "Party, Love And Tragedy" ist endlich mal wieder eine Scheibe dabei, die ich vor langer Zeit sogar schon einmal gehört habe. In einer Zeit, in der ich vermehrt Ska, Reggae und Punk aufgesogen habe landete insbesondere der Opener "How You Feel" auf meinem MP3-Player und rotierte fleißig durch. Und auch heute stelle ich fest: was für ein Brett! Während zugegebenermaßen nicht mehr viele Songs so wirklich im Gedächtnis geblieben sind (ich werde nicht jünger Freunde) erfreute ich mich auch direkt noch an "The Quest" und "Ignorance & Consequences".
Insgesamt eine schöne Zeitreise, die mir der Spotify-Algorithmus vermutlich noch eine Weile in Erinnerung rufen wird. Umso schöner auch, dass die Band auch wieder neue Musik macht und wir bei AdW dank Mark auch nah dran sind (Kauft Konzerttickets für die Tour)! Der Ska-Punker in mir hofft jetzt nach dem Durchhören nur noch auf ein Comeback von The Prosecution!
Ich muss zugeben, dass ich in Destination Anywhere noch nie reingehört habe, obwohl ein großer Teil der Redaktion des Öfteren davon schwärmt. Nun war ich freiwillig gezwungen und nun ja, ich hätte wohl mal reinhören sollen. Hier findet sich das Beste aus Bands wie Blink 182, Goldfinger und lautem Gebrülle zusammen und vereint sich zu einer der wohl eigenständigsten und spannendsten Ska-Punk-irgendwas Platten. Vor allem „How You Feel“ mit seinem sofortigen Herausbrechen und „You Make Me Drown“ mit seinen 2010er Metalcore-Vibes und dem Aufbau dahin haben es mir äußerst krass angetan und werden wohl noch öfters rotieren. Obwohl, das wird wohl das ganze Album!
“Party, Love & Tragedy” war für unsere Band ein extrem wichtiges und wegweisendes Album. Im Jahr vor den Aufnahmen hatten wir David Bonk kennengelernt, der über viele Jahre unser Produzent bleiben sollte. Die Demos, die Tim und ich 2009 mit ihm schrieben, haben uns so umgehauen, dass wir diese mit seiner Erlaubnis einfach veröffentlicht haben - die “You Won’t Bring Me Down” EP. Hoch motiviert haben wir uns wie so oft unmittelbar nach Veröffentlichung einfach wieder ins Songwriting gestürzt und die Songs für ”Party, Love & Tragedy” geschrieben. Gut für uns war, dass David außer seiner eigenen Band Nevada Tan / Panik noch nie eine Band produziert hatte und sich bei uns richtig austoben konnte und wollte. Dank ihm klingt das Endergebnis am Ende so rund - obwohl die Bandbreite zwischen schnulzigen Songs wie “Let us Lie” und Punkrockern im Überschalltempo wie ”Nothing in my Hands” wirklich extrem ist. Irgendwie ist auf dem Album eh alles vertreten. Crossover/Rap in “The Quest”, Highschool-PopPunk in “Expectations”, Radiopop wie in “I’m a Mess” und Emo-Herzschmerz bei ”You Make Me Drown” - you name it. Und dass A Day to Remember damals der neue Stern am PopPunk-Himmel waren, hört man ”It’s Going Down“ auch an. Aufgenommen wurde das Album in der Garage von Davids Elternhaus, gepennt haben wir im winzigen Studio in Schlafsäcken auf dem Boden. “How you Feel” waren ursprünglich mal zwei Songs, die wir einfach zusammengeklebt haben. Deshalb klingt der Break zum Chorus hin so einzigartig. Bis heute unser am meisten gestreamtes Lied. In der ”Erdbeere” haben wir die Sängerin von Aloha from Hell versteckt & “Tell Me“ singt Tim. Wie kein anderes ist dieses Album wirklich ein knallbunter Blumenstrauß an verschiedenen Ideen & Styles.
Und wir haben jetzt schon Bock “How you Feel“ auf Tour durch die Clubs zu prügeln!